Brüssel (LiZ). Am Donnerstag abend lieferte Griechenlands Regierungs-Chef Alexis Tsipras die von der Troika geforderte "Reform"-Liste ab. Allerdings handelt es sich zur Überraschung vieler Linker, die gehofft hatten, Tsipras werde aus dem Referendum vom 5. Juli gestärkt hervorgehen, um einen politischen Offenbarungseid.
Die 13-seitige "Reform"-Liste ist nichts anderes als eine Kopie der Liste der Forderungen, die von Seiten der Troika seit der Regierungs-Übernahme der Syriza-ANEL-Koalition am 25. Januar - trotz der monatelangen Schmierenkomödie, mit der "harte Verhandlungen" vorgespiegelt wurden - unverändert auf dem Tisch lag. Wer weiterhin glauben möchte, daß es sich bei Tsipras um einen Linken handelt, darf nun schlußfolgern, der griechische Regierungs-Chef habe "kapituliert" (so etwa die Wortwahl der 'taz').
Vielfach wird in den deutschen Mainstream-Medien über diesen Offenbarungseid auf zynische Weise berichtet wie etwa in der 'Zeit': "Auf den ersten Blick unterscheidet sich die neue Liste kaum von älteren Papieren – doch etwas Entscheidendes hat sich geändert: Der neue Vorschlag kommt aus Athen." Aus diesen Zeilen spricht ein kaum unterdrücktes Frohlocken. Doch das kann noch ins Auge gehen. Um weitere Tribut-Forderungen aus Griechenland herauszuquetschen, wäre es klüger gewesen, wenn die vermeintlichen Sieger den Offenbarungseid aus Athen als Kompromiss bezeichnet hätten. Es wurden schon weit unglaubwürdigere Lügen als Wahrheit verkauft. So jedoch wird der Widerstand der unteren Zweidrittel der GriechInnen weitergehen. Sie werden sich nicht länger von Tsipras täuschen lassen.
Allen, die bis heute den schnellen Rückzug von Yanis Varoufakis nicht verstanden haben, der diesen einen Tag nach dem erfolgreichen Referendum damit begründete, mehrere Mitglieder der Eurogruppe wünschten seine "Abwesenheit" bei ihren Treffen und er wolle weiteren Verhandlungen nicht im Wege stehen, dürften nach dem heutigen Offenbarungseid von ihren Illusionen befreit sein. Sowohl Tsipras als auch Varoufakis hatten in den vergangenen Monaten erkennen müssen, daß es ihnen - im Gegensatz zur deutschen "rot-grünen" Bundesregierung nach 1998 - nicht gelungen war, ihren Auftrag zu erfüllen und die griechische Bevölkerung auf dem vorgegebenen Austeritäts-Kurs "mitzunehmen".
Tsipras und Varoufakis hatten wohl - wie aus verschiedenen Äußerungen der vergangenen Wochen zu entnehmen war - auf ein "Ja" beim Referendum vom 5. Juli gehofft, um danach ohne Gesichtsverlust die "Regierungs"-Verantwortung weiterreichen zu können. Doch während Alexis Tsipras die Rolle von Gerhard Schröder als Umverteiler von Unten nach Oben angenommen hat, kehrt Varoufakis in seine wohldotierte universitäre Laufbahn zurück und will offenbar versuchen, für die Zukunft sein linkes Image aufrechtzuerhalten.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Griechisches Referendum
Sieg der Unteren Zweidrittel
Sieg für Europa (5.07.15)
Wikileaks: NSA bespitzelt auch
die deutsche Regierung (1.07.15)
"Nein zu diesem Vertrag!"
Brief von Linken in Syriza (28.02.15)
Griechenland und EU
Kompromiß oder Bluff? (24.02.15)
Griechenland: Durchbruch für Syriza
Ende des Elends? (25.01.15)
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Ermittlungen gegen KraussMaffeiWegmann (14.11.14)
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zweites Griechenland-Hilfspaket (21.02.12)