28.02.2020

Gastbeitrag

Indien: Religiöse Verfolgung durch CAA und NRC
Landesweite Proteste

Proteste in Indien gegen CAA- und NRC-Gesetz - Foto: BerlinforIndia - Creative-Commons-Lizenz Namensnennung Nicht-Kommerziell 3.0
Seit Dezember 2019 ist ganz Indien in Aufruhr. Grund dafür sind zwei umstrittene Gesetzesänderungen, auch bekannt als CAA (Citizenship Amendment Act) und NRC (National Register of Citizens). Viele sehen hierin eine Diskriminierung des Islam und einen Verstoß gegen den Laizismus, der zu den wesentlichen Grundsätzen der indischen Verfassung zählt.

Der CAA (Citizenship Amendment Act) wurde am 11. Dezember 2019 verabschiedet und soll laut Aussage des indischen Premierministers Narendra Modi religiös verfolgten Menschen aus den Nachbarländern die Einwanderung nach Indien erleichtern. Von der Regelung ausgenommen sind jedoch Muslimas und Muslime. Muslimische Menschen aus diesen Ländern sollen die indische Staatsbürgerschaft nicht bekommen, da sie nach Meinung des indischen Premierministers nicht unter religiöser Verfolgung in ihren Ursprungsländern litten. Dieses Argument ist jedoch falsch, da in den erwähnten Staaten muslimische Minderheiten existieren, die unter massiver religiöser Verfolgung leiden und deshalb Zuflucht in Indien suchen. Zudem widerspricht es der Religionsfreiheit und somit der indischen Verfassung, Menschen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit auszuschließen oder zu diskriminieren – egal, in welcher Form.

Das sogenannte NRC (National Register of Citizens) sieht vor, daß in ganz Indien erfaßt werden soll, ob jemand – nach streng festgelegten und teils fragwürdigen Kriterien – die indische Staatsbürgerschaft legal innehat oder nicht. Dabei wird übersehen, daß zahlreiche gebürtige Inderinnen und Inder, die teils schon in zweiter Generation in Indien leben, laut der NRC-Regelung ihre Staatsbürgerschaft verlieren. Unzählige Menschen, deren Eltern ebenso wie sie selbst schon ihr Leben lang in Indien arbeiten und leben, werden plötzlich für staatenlos erklärt. Auch jene Menschen, die aus anderen Gründen keine amtlichen Dokumente zum Nachweis ihrer indischen Staatsbürgerschaft besitzen, fallen diesem Gesetz zum Opfer.

All jene, die durch CAA und NRC ihre Staatsbürgerschaft verlieren, werden in eigens dafür errichtete Gefängnisse verfrachtet, wo sie bis zu ihrer Deportation unter unzumutbaren Bedingungen ausharren müssen. In diesen Einrichtungen fehlt es an genügend Lebensmitteln sowie adäquater medizinischer Versorgung.

In ganz Indien gibt es seit Monaten friedliche Proteste gegen CAA und NRC, die unter anderem von muslimischen Frauen organisiert werden, die sich dafür stark machen, daß Indien ein Land der Religionsfreiheit, des sozialen Friedens und der Achtung vor der Menschenwürde bleibt. Sie riskieren ihr Leben bei diesen Protesten, denn Indiens Regierung geht strikt gegen die Demonstrierenden vor, indem ein Versammlungsverbot ausgerufen wurde, das ebenfalls gegen die indische Verfassung verstößt. Die indische Polizei schreckt vor dem Einsatz von Gewalt gegen die Protestierenden nicht zurück. Es sind bereits über 50 Menschen in diesen Protesten ums Leben gekommen und mehrere Hundert wurden verletzt.

Am 5. Januar kam es zu einem Überfall auf die Jawaharlal-Nehru-Universität (JNU) in Neu-Dehli mit dutzenden Verletzten. Dieser Überfall sollte offenbar der Einschüchterung von KritikerInnen des CAA- und des NRC-Gesetzes dienen. Danach weiteten sich die landesweiten Proteste gegen CAA und NRC aus. Wer hinter dem Überfall steckt, ist allerdings nicht bekannt. Als muslimische Studentinnen brutal vergewaltigt wurden, tat die indische Polizei nichts, um dem Angriff Einhalt zu gebieten.

Darüber hinaus wurde in weiten Teilen Indiens die Telekommunikation eingeschränkt oder blockiert. Die Nutzung des Internets wurde somit in den betroffenen Gegenden unmöglich gemacht. Die indische Regierung versucht offensichtlich, die Verbreitung von Informationen über den Widerstand gegen das CAA- und das NRC-Gesetz zu unterbinden.

In Deutschland setzt sich die Initiative BerlinForIndia dafür ein, den Menschen in Indien zu helfen. Gemeinsam mit vielen Unterstützerinnen und Unterstützern wurde eine Petition ans europäische Parlament gestartet, die man jetzt unterschreiben kann. Das EU-Parlament wird darin gebeten, eine Resolution zu beschließen, in der die indische Regierung aufgefordert wird, CAA und NRC zu stoppen und die friedlichen Proteste in Indien wieder zu erlauben.

Wer unterschreiben und die Petition teilen möchte, findet diese hier:
http://chng.it/NfQxqDPT9y

 

Gastbeitrag von

Varia Antares

für die

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Anmerkungen

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