Cadarache (LiZ). Fünf Wochen nach dem Gorleben-CASTOR rollt erneut ein Zug mit hochradioaktivem Müll durch Europa. Nach Angaben von Greenpeace ist der Zug mit vier CASTOR-Behältern am Dientag gegen 20 Uhr in der südfranzösischen Plutonium- Schmiede Cadarache gestartet. Ziel ist das Atommüll-Zwischenlager am Standort des stillgelegten AKW Greifswald bei Lubmin, wo der Transport am Donnerstag ankommen soll. Am Mittwoch soll er die deutsch-französische Grenze passieren.
Laut den vorliegenden Informationen soll der CASTOR-Transport sein Ziel im Bundesland Mecklenburg- Vorpommern am Donnerstag erreichen. In den CASTOR-Behältern befindet sich laut der von den Mainstream-Medien wiedergegebenen Sprachregelung "deutscher Atommüll". Es handelt sich um die Reste von rund 2.500 Brennstäben, die aus der Versuchs-WAA Karlsruhe* und dem Atomschiff 'Otto Hahn' stammen. In der 1991 stillgelegten Anlage in Karlsruhe sollte die Plutonium-Fabrik ("Wiederaufarbeitungsanlage") Wackersdorf technisch entwickelt werden. Einer der wichtigsten Propagandisten der Atom-Mafia war der frühere Atom-Minister (die Orwellsche Bezeichnung "Umwelt-Minister" kam erst später auf) und langjährige bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß. Der stacheldrahtumzäunte Bau in Wackersdorf mußte 1989 Dank des großen Widerstands der Bevölkerung aufgegeben werden. Auch das schon 1979 außer Betrieb genommene Atomschiff 'Otto Hahn' sollte lediglich Plänen der Industrie dienen, die Hochseeschifffahrt auf atomaren Antrieb umzustellen. Dies scheiterte nicht zuletzt daran, daß der 'Otto Hahn' weltweit in vielen Häfen die Einfahrt verwehrt wurde. Von "deutschen Projekten" zu reden wäre in etwa so unsinnig wie die Behauptung, der Betrieb von gegenwärtig 17 Atomreaktoren in Deutschland sei demokratisch legitimiert. Jeder Transport von Atommüll stellt eine fahrlässige und zudem völlig unnötige Gefährdung der Bevölkerung dar, solange weltweit kein Endlager für hochradioaktiven Müll vorhanden ist.
Der Greifswald-CASTOR soll von einem großen Polizei-Aufgebot geschützt werden. Wegen der zu erwartenden Proteste seien rund 3.000 BeamtInnen aus verschiedenen Bundesländern im Einsatz, davon 1.200 aus Mecklenburg-Vorpommern, teilte Innenminister Lorenz Caffier heute in Schwerin mit. Die Kosten für das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern werden auf 1,6 Millionen Euro geschätzt. Joachim Franklin, Präsident der Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt, gab bekannt, daß die Bundespolizei "in vierstelliger Zahl" den Castor-Transport durch Deutschland begleite. Er leitet deren Einsatz während des aktuellen CASTOR-Transports. Bei diesjährigen Gorleben-CASTOR Anfang November sollen insgesamt rund 20.000 PolizeibeamtInnen im Einsatz gewesen sein.
Bislang wurden elf Mahnwachen entlang der Strecke zum "Zwischenlager Nord" in Greifswald angemeldet. Insgesamt sind rund 70 Veranstaltungen der Anti-AKW-Bewegung angekündigt. Vielerorts versuchen Atomkraft-GegnerInnen an die Gleise heranzukommen, um in der ein oder anderen Weise die Weiterfahrt des gefährlichen Atommüll-Transports zu blockieren. Laut Franklin hätten Unbekannte mittlerweile an neun Stellen probiert, heimlich Schotter abzutragen. "Schwellen wurden nicht freigelegt. Wir werten das ganze als Test, angesichts der Frostlage zu ergründen, ob die Steine angefroren sind."
Unabhängig von der tatsächlichen Route des aktuellen CASTOR-Transports bereitete sich auch die Polizei in anderen Bundesländern auf größere Einsätze vor. So rechnet Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke mit Protesten an der durch dieses Bundesland führenden CASTOR-Strecke. Wann und wo genau Greifswald-CASTOR durch Brandenburg rollt, wird geheim gehalten. "Sicherheitsinteressen verbieten eine Vorab-Information zu Route und Zeitpunkt," sagte ein Ministeriumssprecher. Atomkraft-GegnerInnen vermuten, daß Greifswald-CASTOR auch durch den brandenburgischen Landkreis Prignitz rollt. Außerdem soll versucht werden, den CASTOR-Transport auf den letzten 22 Kilometern von Greifswald nach Lubmin zu blockieren.
Anmerkungen
* Korrektur (17.12.10): Nach mittlerweile vorliegenden Informationen entstand der Teil des Atommülls, der ursprünglich aus Karlsruhe stammt, nicht in der Versuchs-"WAA", sondern im Versuchsreaktor KNK II des früheren Kernforschungsszentrums Karlsruhe. Er fiel bei der Entwicklung der Technik für den Schnellen Brüter in Kalkar an. Ebenso wie bei der in Wackersdorf geplanten Plutoniumfabrik ("WAA") handelte es sich beim Schnellen Brüter um ein Projekt, das ausschließlich Kapital-Interessen diente.
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