INES-1-Fall im AKW Leibstadt
nachträglich bekannt geworden
Bern (LiZ). Eines der Notkühl-Systeme des Schweizer AKW Leibstadt war im Jahr 2014 für rund 11 Tage wegen eines Computer-Fehlers nicht verfügbar. Dies wurde erst jetzt bekannt. Die Schweizer Atom-Aufsicht ENSI stufte dies auf der internationalen INES-Skala auf der Stufe 1 ein.
Das Schweizer Atomkraftwerk Leibstadt am Rhein nahe der Aare-Mündung und der deutschen Grenze bei Waldshut-Tiengen ging Ende 1984 in Betrieb. Die von der Schweizer Regierung im Jahr 2011 für das Jahr 2034 versprochene Stilllegung ("Atom-Ausstieg nach 50 Jahren Betrieb") wurde mittlerweile fiktiv auf "unbestimmt" verlängert (Siehe hierzu unsere Artikel vom 26.05.11 und vom 9.12.14). Das AKW Leibstadt verfügt über einen Reaktor vom Typ Siedewasser mit einer Leistung von 1.275 MW, der durch einen Naturzug-Naßkühlturm gekühlt wird. Falls dieses Kühl-System ausfällt, soll ein mit Grundwasser gespeistes Notkühl-Systeme zur Verfügung stehen.
Im Jahr 2014 - präzise Angaben wurden nicht gemacht - soll ein Teil dieses Notkühl-Systems wegen der gleichzeitigen Nichtverfügbarkeit zweier Pumpen für rund 11 Tage nicht funktionsfähig gewesen sein. Laut den vorliegenden Angaben war hierfür wiederum ein Fehler im computergesteuerten Wartungs-Management ursächlich. Ein vorgegebenes Wartungs-Intervall war überschritten worden und der Ausfall von elektrischen Leistungsschaltern der Grundwasser-Pumpen erst bei einer darauffolgenden Revision entdeckt worden.
Das Eidgenössischen Nuklearsicherheits-Inspektorat (ENSI) verharmlost in seiner Stellungnahme die Ursache mit der Formulierung, "die Ausfälle" seinen durch "eine unzureichende Wartungsplanung in Kombination mit einer Überschreitung der Wartungsintervalle begünstigt" worden. Weiter heißt es von Seiten des ENSI wie üblich, der Betrieb des AKW sei "durch die Pannen nicht beeinträchtigt" worden. Alle sogenannten Kernnotkühl-Systeme seien uneingeschränkt verfügbar gewesen. Zugleich geht aus dem Bericht des ENSI hervor, daß "rechnerisch während des betreffenden Zeitraums ein leicht erhöhtes Risiko im Fall einer Reaktorstörung" zu verzeichnen war. Der Fall wurde vom ENSI auf der zweitniedrigsten Stufe 1 auf der achtteiligen internationalen Skala für nukleare Ereignisse bewertet. Von Seiten des AKW-Betreibers hieß es, der Software-Fehler sei gefunden und behoben worden.
Im Jahr 2011 wurde im AKW Leibstadt ein Mitarbeiter verstrahlt (Siehe unseren Artikel v. 18.02.11). Im Juli 2014 wurde bekannt, daß sechs mutwillig vorgenommene, wanddurchdringende Bohrungen durch das Containment über sechs Jahre nicht entdeckt worden waren (Siehe hierzu unsere Artikel v. 7.07.14 und v. 11.07.14).
Im Juni 2015 wurde bekannt, daß das AKW Leibstadt nicht mehr rentabel ist (Siehe unseren Artikel v. 20.06.15). An dem als AG geführten Betreiber sind sechs Schweizer Energie-Unternehmen beteiligt: die Alpiq AG mit 27,4 Prozent, die Alpiq Suisse SA mit 5 Prozent, die Axpo Power AG mit 22,8 Prozent, die Centralschweizerische Kraftwerke AG (CKW) mit 13,6 Prozent, die Axpo Trading AG (ehemals EGL) mit 16,3 Prozent, die Bernische Kraftwerke AG (BKW FMB Energie AG) mit 9,5 Prozent und die AEW Energie AG mit 5,4 Prozent.
Ein Super-GAU im AKW Leibstadt würde sich in seinen Auswirkungen nicht sehr von einem Super-GAU in einem der beiden Reaktoren des nur wenige Kilometer entfernten AKW Beznau unterscheiden:
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Reaktor-Stahl des AKW Beznau
löchrig wie Emmentaler (8.10.15)
AKW Beznau am Ende?
14 Jahre vor "Atom-Ausstieg" (16.07.15)
AKW Leibstadt unrentabel
Atom-Ausstieg Dank roter Zahlen? (20.06.15)
Rote Zahlen beim Schweizer AKW-Betreiber
und Strom-Konzern Axpo (19.12.14)
Reiche Schweiz - Uralte Atomkraftwerke
Gefahrzeitverlängerung auf 60 Jahre (9.12.14)
Löcher im AKW Leibstadt
6 Jahre lang nicht entdeckt (11.07.14)
Löcher im AKW Leibstadt
Feuerlöscher falsch montiert (7.07.14)
Radioaktiver Müll in Schweizer Wohngebiet
Behörde schwieg 18 Monate lang (30.05.14)
Schweizer Atomkraftwerke
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Schweizer Uralt-AKW Beznau:
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