Reaktor 1 des belgischen AKW Doel:
Automatische Schnellabschaltung
Brüssel (LiZ). Belgiens ältester Atomreaktor ist wieder vom Netz. Das AKW Doel, das wegen Tausender Risse für Schlagzeilen sorgte, macht derzeit mit hochfrequenten An- und Abschaltungen seiner vier Reaktoren auf sich aufmerksam. In der Verlautbarung des Betreibers Electrabel zur gestrigen Schnellabschaltung fehlt der sonst übliche Hinweis, es habe sich um eine Panne im nicht-nuklearen Teil des Atomkraftwerks gehandelt. Daher ist das Gegenteil anzunehmen.
Nicht fehlen durfte allerdings die Standard-Aussage, wonach es "keinerlei Auswirkungen auf die Sicherheit und keine Gefahr für das Personal, die Anwohner und die Umwelt" gegeben habe. Mit einer solchen Stellungnahme ist auch in den ersten Stunden nach einem Super-GAU zu rechnen.
Der Reaktor 1 des AKW Doel war erst am 30. Dezember wieder hochgefahren worden. Nachdem er im Februar zur Revision heruntergefahren worden war, stand er 10 Monate lang still - Zeit genug, daß er in dieser Zeit hätte gründlich untersucht werden können. Obwohl das System bei einer automatischen Schnellabschaltung einen Fehler-Code liefert, teilte Electrabel lediglich mit, die Ursache werde "geprüft".
Reaktor 1 (392 MW) und Reaktor 2 (433 MW) gingen 1974 und 1975 in Betrieb. Bis zum Juli dieses Jahres hatte ein Versprechen der belgischen Regierung "gegolten", die Reaktoren 1 und 2 des AKW Doel nach 40 Jahren Betriebszeit - also noch im Laufe dieses Jahres - stillzulegen. Doch am Donnerstag, 18.06.15, verlängerten die belgische Regierung und das Parlament mehrheitlich eine Laufzeit auf 50 Jahre - also bis 2025. Selbstverständlich ist ein solcher "Ausstieg aus dem Ausstieg" - also die Rücknahme eines unverbindlichen Versprechens - auch in Deutschland möglich.
Am 25. Dezember hatte der hochgefährliche Reaktor 3 des Atomkraftwerks nur 4 Tage nach dem Wiederhochfahren vom Netz genommen werden müssen (Siehe unseren Artikel v. 25.12.15). Es liegt rund 15 Kilometer nördlich von Antwerpen, 42 Kilometer nordnordwestlich von Brüssel und 136 Kilometer südsüdöstlich von Amsterdam. Von allen Atomkraftwerken in Europa ist das AKW Doel dasjenige mit der am dichtesten besiedelten Umgebung und daher den meisten Toten infolge des "Normalbetriebs". In einem Umkreis mit dem Radius 75 Kilometern leben rund 9 Millionen Menschen.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
AKW Doel 3 abgeschaltet
nach nur 4 Tagen in Betrieb (25.12.15)
AKW Doel 3 wieder hochgefahren
Versprödung bedeutet Russisches Roulette (21.12.15)
Reaktor-Stahl des AKW Beznau
löchrig wie Emmentaler (8.10.15)
Automatische Schnellabschaltung
des belgischen AKW Tihange
Versprödung bedeutet Russisches Roulette (19.09.15)
AKW Beznau am Ende?
14 Jahre vor "Atom-Ausstieg" (16.07.15)
AKW-Projekt Flamanville auf der Kippe
Materialmängel am Reaktordruckbehälter (8.04.15)
Belgien: Materialermüdung in AKW
Reaktordruckbehälter weltweit betroffen? (17.02.15)
Reiche Schweiz - Uralte Atomkraftwerke
Gefahrzeitverlängerung auf 60 Jahre (9.12.14)
Werden die belgischen Atomkraftwerke
Doel und Tihange wieder hochgefahren? (15.02.13)
8000 Risse im AKW Doel
Stilllegung dennoch ungewiß (17.08.12)
Riß im Reaktordruckbehälter
des belgischen AKW Doel (9.08.12)
Marode Druckbehälter deutscher AKW
Blockade von Untersuchungen (30.07.10)
AKW in den USA
zeigen deutliche Material-Probleme
Laufzeiten von 40 Jahren utopisch
Zunehmende Gefährdung (11.10.09)