8.09.2013

Aktionstag "Reli adieu!"
der Konfessionslosen und AtheistInnen

Reli in der Schule?
Frankfurt a.M. (LiZ). Am Samstag fand in 13 Städten der Aktionstag "Reli adieu!" statt. Der Internationale Bund der Konfessionslosen und AtheistInnen (IBKA) hatte dazu aufgerufen. Gefordert wurde eine weltanschaulich neutrale Schulbildung sowie die Säkularisierung des Schulwesens und des Arbeitsrechts.

Außer dem IBKA beteiligen sich die Bruno-Giordano-Stiftung, der Denkladen (www.denkladen.de) sowie zahlreiche lokale Initiativen an der Kampagne "Reli adieu!". Im Mittelpunkt der Kritik des IBKA stand die Erfahrung vieler Eltern, daß die Schulen kaum über die Freiwilligkeit der Teilnahme am Religions-Unterricht und Schulgottesdiensten informieren. So hatte etwa ein Vater in Hessen unmißverständlich bei der Einschulung seiner Tochter klargestellt, daß er die Teilnahme am Reli-Unterricht ablehnt. Dennoch mußte er nach einiger Zeit feststellen, daß sein Kind mit dem biblischen Schöpfungs-Mythos indoktriniert wurde. Die Schulleitung zeigte sich überrascht und darüber hinaus unfähig, die Verärgerung des Vaters zu verstehen.

Laut Rainer Ponitka, Sprecher des IBKA, sind solche Erfahrungen keine Seltenheit: "Viele Schulen bieten keinen Ersatz-Unterricht zur Religion. Schüler, die daran nicht teilnehmen möchten, werden dennoch in diesen Unterricht gesetzt." Ponitka ist Autor des Ratgebers "Konfessionslos in der Schule" (Alibri Verlag) und unterstützt seit 2007 Eltern, die sich gegen die Bevormundung und Indoktrinierung ihrer Kinder zur Wehr setzen.

Ziel des IBKA ist es, statt einem "Ersatz" zum - weiterhin als Standard angebotenen - Religions-Unterricht, einen für alle SchülerInnen verbindlichen Unterricht durchzusetzen. In diesem gemeinsamen Unterricht, der nicht nach unterschiedlichen Konfessionen und Regionen getrennt ist, sollen die Kinder und Jugendlichen nicht übereinander, sondern miteinander reden - und gemeinsam "Werte modernen Zusammenlebens" kennenlernen. Ponitka kritisiert, daß Religions-LehrerInnen hingegen dazu verpflichtet sind, zu missionieren - und nach aller Erfahrung sind die wenigsten in der Lage, selbst bei gutem Willen und in Konflikt mit ihrer Kirchenleitung, einen neutralen Unterricht zu halten. Die Interessen des konfessionslosen Drittels der Bevölkerung würden so grob mißachtet.

Um die Säkularisierung des Schulwesens durchzusetzen ist offenbar starker Druck nötig, denn die Parteien-Politik meidet den Konflikt mit den Groß-Kirchen und ist eher gewillt, auch islamischen Religions-Unterricht an den Schulen zuzulassen. Dabei geht es letztlich um viel Geld. Allein für die Erteilung von Religions-Unterricht fließen jährlich rund 1,7 Milliarden Euro an Steuergeldern in die Kirchen-Kassen. Die Veranstalter des bundesweiten säkularen Aktionstags fordern daher einen "Politik-Wechsel".

In Hessen wurde erstmalig seit diesem Schuljahr an wenigen Schulen ein staatlich finanzierter Islam-Unterricht eingeführt. Laut einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts dient Religions-Unterricht dem Zweck, die Inhalte einer Religionen als Wahrheiten zu verkünden. Es wird also Kindern die Existenz eines Gottes als Wahrheit dargestellt - im Gegensatz zu einem wissenschaftlichen Weltbild.

Positive Tendenzen sieht der IBKA hingegen darin, daß sich drei der im Bundestag vertretenen Parteien für eine Revision des kirchlichen Arbeitsrechts aussprechen. Um die Neufassung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), konkret die Streichung des Paragraphen 9, durchzusetzen, dürften die Konfessionslosen in dieser Frage allerdings nicht locker lassen, erklärte René Hartmann, Vorsitzender des IBKA. Positiv aus der Sicht der Konfessionslosen ist auch ein neues Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Fall des von einem kirchlichen Arbeitgeber gekündigten Kirchenmusikers Bernhard Schüth. Mittlerweile will auch die Gewerkschaft ver.di das Streikrecht in diakonischen Einrichtungen durchsetzen. Der Diakonie und deren Einrichtungen wird vorgeworfen, in großem Stil Lohndumping und Auslagerung zu betreiben.

An den Info-Ständen empörten sich zahlreiche Menschen über das kirchliche Arbeitsrecht, als sie von den nicht selten anachronistischen Diskriminierungen erfuhren. Allerdings wurden in Köln und Osnabrück von den Stadtverwaltungen unter Verweis auf den Wahlkampf keine Stand-Genehmigungen für die Innenstadt erteilt. An vielen Orten sollen deshalb auch in den kommenden Wochen Info-Stände aufgebaut werden.

Nötig ist es offenbar auch nach über 200 Jahren, die Erkenntnis des Philosophen Immanuel Kant in Deutschland zu verbreiten: "Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!"

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

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      Systematischer Mißbrauch in Klosterinternat Ettal
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