Ramstein: Drehscheibe für Mord per Drohne
"Schwarz-Rot" weiter auf Tauchstation
Washington (LiZ). Neu aufgetauchte Dokumente belegen, was bereits seit einem Jahr bekannt ist. Die US-Militärbasis im pfälzischen Ramstein bei Kaiserslautern dient als unverzichtbares Bindeglied zur Steuerung der weltweiten Drohnen-Morde. Der Druck auf die deutsche Bundesregierung wächst, ihre völkerrechtswidrige Beteiligung hieran zu beenden.
Selbstverständlich weiß die deutsche Bundesregierung über die Funktion von Ramstein beim Drohnen-Krieg Bescheid. Dennoch konnte sie sich bislang herausreden, sie habe "keine gesicherten Erkenntnisse" darüber, was auf der US-Basis Ramstein im Rahmen des Drohnen-Einsatzes geschieht. Und um einen Konflikt mit der Supermacht USA zu vermeiden, wird "Schwarz-Rot" auch weiterhin versuchen, in dieser Angelegenheit auf Tauchstation zu bleiben.
Der US-amerikanische Drohnen-Terror wurde seit Amtsantritt von US-Präsident Barack Obama deutlich ausgeweitet. Nach unabhängigen Schätzungen wurden vom US-Militär mit Drohnen weltweit rund 3000 Menschen ohne Anklage, Gerichtsverfahren oder Verurteilung ermordet (Siehe unseren Artikel v. 8.04.14). Allein in Pakistan sind laut Angaben der internationalen Menschenrechts-Organisation Reprieve sind bei Angriffen mit US-Drohnen auf 24 angeblich hochrangige Terroristen über 800 ZivilistInnen ums Leben gekommen - darunter 142 Kinder.
Bereits im April 2013 enthüllte das ARD-Nachrichtenmagazin 'Panorama', daß Deutschland eine bedeutende Rolle bei dem durch US-Drohnen in etliche Länder der Welt getragenen Terror spielt. Über den Stützpunkt Ramstein, den größten US-Militärflughafen außerhalb der USA, werden nicht nur Drohnen-Angriffe in Afghanistan, Pakistan, Somalia, dem Jemen und weiteren Ländern Afrikas koordiniert und rund um die Uhr Live-Bilder der Drohnen ausgewertet. Das 'Air and Space Operation Center' auf dem Stützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz ist zugleich die Drehscheibe für sämtliche US-amerikanischen Drohnen-Aktivitäten.
Nicht neu ist daher die jetzt von 'The Intercept' verbreitete Information, daß die Steuerung von US-Drohnen über den Einsatz-Gebieten in Vorderasien und Afrika ohne die Satelliten-Relais-Station in Ramstein technisch gar nicht möglich ist. Das investigative JournalistInnen-Büro 'The Intercept' wurde von Glenn Greenwald gegründet, der an der Veröffentlichung der von Edward Snowden geleakten NSA-Dokumente beteiligt war. Allerdings wird die Information nun laut 'The Intercept' von einem anonymen US-Militär bestätigt. Und auch die Mittäterschaft der deutschen Bundesregierung ist vor dem Hintergrund geleakter Geheimdokumente nun nicht länger zu leugnen.
Die Steuer-Signale für Killer-Drohnen über Afghanistan, Pakistan, dem Jemen und anderen afrikanischen Staaten werden von den USA ausgehend per Glasfaser-Kabel nach Ramstein übermittelt - die dortige Relais-Station gibt die Signale per Satellit an die Drohnen weiter. So können die Drohnen-PilotInnen etwa im unterirdischen Leitstand der Creech Airforce-Base im Bundesstaat Nevada mit einer Art Joystick lenken und auf Menschen feuern. Unter Berücksichtigung dieser technischen Zusammenhänge war die feinsinnige Erklärung von US-Präsident Barack Obama in seiner Rede am 19. Juni 2013 am Brandenburger Tor formal durchaus korrekt: Deutschland sei nicht der "Ausgangspunkt" (launching point) amerikanischer Anti-Terror-Einsätze.
'The Intercept' veröffentlichte nun auch einen vertraulichen Vermerk der deutschen Bundesregierung, wonach die US-Administration diese bereits am 18. November 2011 schriftlich im Detail in Kenntnis gesetzt hat, daß Ramstein als technisches Rückgrat für den Drohnen-Krieg dient. Bekannt wurde nun auch, daß im Juni 2013 unmittelbar vor Obamas Berlin-Besuch Emily Haber, Staatssekretärin im Außenministerium, von der US-Administration eine verbindliche Erklärung fordern wollte, US-Basen in Deutschland seien "nicht an gezielten Tötungseinsätzen" beteiligt - und: Sie wurde damals von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier zurückgepfiffen. Laut 'The Intercept' beschloß die Bundesregierung zu diesem Zeitpunkt, die Sache "auszusitzen".
Und am 20. Juni 2013 erklärte Staatssekretärin Haber: "Der Bundesregierung liegen weiterhin keine gesicherten Erkenntnisse zu von US-amerikanischen Streitkräften in der Bundesrepublik Deutschland angeblich geplanten oder geführten Einsätzen vor. Gemäß Artikel II des NATO-Truppenstatuts haben Streitkräfte aus NATO-Staaten 'das Recht des Aufnahmestaats' zu beachten und sich jeder mit dem Geiste des NATO-Truppenstatus nicht zu vereinbarenden Tätigkeit zu enthalten. Der Bundesregierung liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß sich die Vereinigten Staaten von Amerika auf deutschem Staatsgebiet völkerrechtswidrig verhalten hätten." Dieses Statement war offenkundig eine Lüge.
Im vergangenen Jahr erhöhte sich der Druck auf "Schwarz-Rot" weiter, nachdem ein Gutachten für den Bundestag ergab: Die Regierung darf "völkerrechtswidrige Militär-Operationen", die "durch andere Staaten von deutschem Territorium" aus vorgenommen werden, nicht dulden. Im Raum steht der Tatbestand der Mittäterschaft oder Beihilfe bei Mord. Und weiter wuchs der Druck durch eine Klage von US-Drohnen-Opfern im Jemen. Auch diese fordern ein Einschreiten der Bundesregierung, um die Steuerung von US-Drohnen via Ramstein zu stoppen.
Die Menschenrechts-Organisation 'Amnesty International' (ai) forderte schon im Oktober 2013, die deutsche Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel müsse "endlich öffentlich einfordern, daß auch die USA sich an das geltende Recht halten. Deutsche Behörden dürfen die rechtswidrigen Drohnen-Angriffe der USA nicht auch noch unterstützen." Gegenwärtig deutet jedoch alles darauf hin, daß "Schwarz-Rot" weiterhin versuchen wird, die komfortable Tauchstation nicht zu verlassen.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Der US-amerikanische Drohnen-Terror
und die Drehscheibe Deutschland (8.04.14)
Mord in Pakistan mit Drohnen
Amnesty-Bericht prangert Obama an (22.10.13)
Mord in aller Welt mit Drohnen
Obama als Ankläger, Richter und Henker (22.08.13)
De Maizières Drohnen-Affaire
Bundeswehr ließ Daten verschwinden (2.06.13)
Schwarzbuch Waffenhandel
Jürgen Grässlin zeigt die Blutspur (24.05.13)
Mehr Menschen beim Ostermarsch
Protest gegen Atombombe, Drohnen und Waffenexporte
(30.03.13)