23.08.2013

Syrien-Krieg rückt näher
Giftgas-Einsatz von Rebellen?
Kriegshetze aus Frankreich und 'taz'

Der Krieg marschiert... an Fäden dirigiert
Damaskus (LiZ). Die Vorwürfe, das syrische Regime habe Giftgas eingesetzt, scheinen Wirkung zu zeigen. Mehrere "westliche" Regierungen fordern ein "hartes Vorgehen". Darunter profiliert sich der französische Präsident François Hollande als extremer Hardliner. ExpertInnen aus Moskau präsentieren hingegen Hinweise, daß der Giftgas-Einsatz bei Damaskus auf das Konto von Rebellen geht.

Als scharfe Kettenhunde der US-Regierung erweisen sich derzeit die französische und die türkische Regierung. Frankreichs Außenminister Laurent Fabius fordert von den USA eine "Reaktion der Stärke" und der türkische Ministerpräsidenten Recep Erdogan "schärfere Sanktionen" gegen Syrien. Derweil bestreitet das Regime unter Baschar al-Assad den Einsatz von Giftgas. Unbestreitbar ist allerdings, daß dessen Militär Giftgas-Vorräte hortet. Und dies verhilft dem syrischen Regime international nicht gerade zu Sympathien. Dabei taugen diese Waffen militärisch kaum zu mehr, als im Falle einer Niederlage eine möglichst große Anzahl von Menschen mit in den Tod zu reißen.

Große Teile der bewaffneten Aufständischen haben sich mittlerweile jedoch als mindestens ebenso skrupellos wie das Assad-Regime erwiesen, so daß sich der weitaus überwiegende Teil der SyrerInnen ein Ende der Kämpfe und - damit notgedrungen - den Fortbestand des Assad-Regimes herbeisehnt. Russische ExpertInnen haben nun herausgefunden, daß einige Hinweise dafür sprechen, daß der Giftgas-Einsatz auf das Konto von Rebellen geht. Zu bedenken ist allerdings, daß es sich hierbei ebenso wenig wie bei den Stellungnahmen "westlicher" Regierungen um eine neutrale, unabhängige Einschätzung handelt.

Der Sprecher des russischen Außenministeriums, Alexander Lukaschewitsch, bezeichnete den Giftgas-Angriff bei Damaskus als "geplante Provokation" der Rebellen. Nach den Erkenntnissen russischer ExpertInnen seien die Raketen und der "unbekannte Kampfstoff" Eigenproduktionen der Rebellen und aus deren Stellungen bei Damaskus abgefeuert worden. Die russischen WissenschaftlerInnen hatten - im Einvernehmen mit dem Assad-Regime - vor Ort Bodenproben entnommen und diese in einem von der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) zertifizierten Labor untersuchen lassen.

Die OPWC überwacht im Auftrag der Vereinten Nationen die Einhaltung der UN-Konvention zur Ächtung von C-Waffen. Die Untersuchungen ergaben, daß weder die Rakete noch das Giftgas aus industrieller Produktion stammten. Hersteller ist laut russischen Angaben eine mit der "Freien Syrischen Armee" verbündete Gruppierung. Bereits die im März bei einem ersten Giftgas-Einsatz seien von diesem Typ gewesen. Bereits vor zwei Wochen hatte die oppositionelle syrische Internetseite al-Hakika berichtet, daß eine der verfeindeten Rebellen-Truppen Chemiewaffen aus der Türkei ins Land schmuggelten. Laut al-Hakika hätte die Rebellen-Truppen den Giftgasangriff durchgeführt, um so eine Militärintervention unter Führung der USA herbeizuführen.

Nun ist allerdings die Möglichkeit nicht auszuschließen, daß der OPWC von russischer Seite gefälschtes Material zur Untersuchung vorgelegt wurde. Es bleibt also abzuwarten, zu welchem Ergebnis die C-Waffen-Inspekteure der UNO gelangen, die derzeit mit Einverständnis des Assad-Regimes in Syrien Untersuchungen vornehmen.

Auszuschließen ist auch nicht, daß syrische Rebellen in den vergangenen Monaten C-Waffen aus einem der versteckten Depots der syrischen Armee an sich gebracht haben. Ein eindeutiges Ergebnis kann die Untersuchung der UNO-Inspekteure also allenfalls dann liefern, wenn sie feststellen, daß es sich um Giftgas handelte, das nicht der syrischen Armee zuzuschreiben ist.

Neben der Kriegshetze von regierungsamtlicher Seite hat die aus den Reihen der Mainstream-Medien in den vergangenen Tagen deutlich zugenommen: Ein besonders infames Beispiel hierfür bietet die "Berichterstattung" der 'taz'. Nicht etwa im Kommentar-Teil, sondern in Artikeln, die auf des ersten Blick als neutrale Darstellung erscheinen, greifen JournalistInnen wie Beate Seel auf die Trickkiste zurück, die schon bei der propagandistischen Vorbereitung des Kosovo-Kriegs in den 1990er-Jahren bereitstand. So wird zwar nicht direkt behauptet, der Giftgas-Einsatz bei Damaskus sei den Assad-Truppen anzulasten - doch mit einer Formulierung wie "nach den Berichten über einen verheerenden Chemiewaffeneinsatz der syrischen Regierungstruppen" wird eben dies suggeriert. Auch immer wiederkehrende Sprachmuster wie "nicht mehr länger wegschauen" oder "Es muß etwas passieren!" oder "Immer neue Bilder und Filme mit sterbenden Kindern, vollen Leichenhallen, trauernden, verzweifelten Menschen – wer denkt da nicht: Da muss doch irgendjemand irgendetwas tun!" werden geschickt variiert, erscheinen aber als Zitate anonymer Personen. Ein ebenso geläufiges - und von der 'taz' häufig eingesetztes Propaganda-Mittel - besteht darin, in einem als ausgewogen erscheinenden Artikel, in dem verschiedene Sichtweisen ansatzweise zur Sprache kommen, emotionale Marker zu platzieren, die die Seite der Kriegsgegner als "Sesselfurzer" diskreditieren oder etwa als "common sense" (deutsch: allgemein gültige unhinterfragbare Grundeinstellung) unterschieben, in Deutschland oder anderen NATO-Staaten gäbe es keinerlei Dissens zwischen Regierungen und Bevölkerung: "Wir, der Westen..."

 

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Anmerkungen

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      Krieg in Syrien
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