Inszeniert Angriff vor
Stationierung von 'Patriots' in der Türkei?
Berlin (LiZ). Am 3. Oktober 2012 wurden fünf Menschen im türkischen Akcakale durch Granatbeschuß getötet. Die Granaten wurden auf syrischen Territorium abgefeuert. Obwohl das syrische Militär von einem bedauerlichen Versehen sprach, diente der Vorfall als Vorwand für die Stationierung deutscher 'Patriot'-Flugabwehr-Raketen auf türkischem Territorium. Nun stellte sich heraus, daß es sich entgegen ersten Angaben nicht um syrischen Granaten, sondern um Munition der NATO gehandelt hatte.
Es ist äußerst unwahrscheinlich, daß das syrische Militär über NATO-Granaten verfügt. Ganz anders ist dies im Falle der syrischen Rebellen, die von Seiten der USA und europäischen Staaten über kaum verborgene Kanäle aufgerüstet werden. In einem zunächst nicht von Außenstehenden bemerkten Artikel berichtete die Zeitschrift 'Der Soldat', eine "militärische und sicherheitspolitische" österreichische Fachpublikation, in der Ausgabe 18. Januar 2013: "Türkei: Jene Werfergranate aus Syrien, die fünf Türken tötete, stammt eindeutig aus NATO-Beständen. Es scheint so, als hätte das NATO-Mitglied Türkei die syrischen Aufständischen mit Waffenlieferungen unterstützt. Allerdings müssten diese Lieferungen mit anderen NATO-Staaten abgestimmt sein."
Beispiele für "false-flag"-Operationen, bei denen dem Gegner ein Angriff in die Schuhe geschoben wird, um einen Vorwand für die eigene Kriegserklärung präsentieren zu können, gibt es in der Geschichte zu Hauf. Am 31. August 1939 inszenierten SS-Leute, die als polnische Freischärler verkleidet waren, einen Überfall auf den deutschen Sender Gleiwitz. Vor dem Reichstag brüllte Adolf Hitler am 1. September 1939: "Seit 5.45 Uhr wird jetzt zurückgeschossen." Doch auch die US-amerikanische Regierung benutzte solche Methoden: 1898 diente die inszenierte Zerstörung des US-amerikanischen Schlachtschiffs 'Maine' in der Bucht von Havanna als Vorwand für die Kriegserklärung an Spanien, 1940 konnte "Pearl Harbor" eine Mehrheit dazu bewegen, dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg zuzustimmen, 1964 ermöglichte der "Überfall im Golf von Tonking" der US-Regierung den Beginn des Vietnam-Kriegs und im Oktober 1990 half eine inszenierte Horrorgeschichte um ermordete Brutkästen-Babys dabei, den Zweiten Golfkrieg zu starten.
Am Donnerstag, 4. Oktober 2012, einen Tag nach dem Granatbeschuß, dem fünf Menschen zum Opfer filen, beschuldigte die türkische Regierung das syrische Militär. "Die Türkei wird solche Provokationen des syrischen Regimes, die unsere nationale Sicherheit bedrohen, niemals ungestraft lassen," erklärt Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan in Ankara. Kurze Zeit darauf beschoß die türkische Artillerie Stellungen der syrischen Armee und tötet dabei - nach Angaben des TV-Senders Al-Jazeera - 34 Menschen. Eine falsche Reaktion von syrischer Seite hätte schon genügt, sodaß die NATO den "Beistandsfall" nach Artikel 5 des NATO-Vertrages hätte erklären und direkt in den Syrien-Krieg hätte eingreifen können.
Die türkische Regierung ersuchte nun in der zweiten Novemberhälfte die NATO um die Stationierung von 'Patriot'-Flugabwehr-Raketen - angeblich zum Schutz vor einem syrischen Luftangriff. Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle erklärte am 21.11.12 im Bundestag, wenn ein NATO-Partner um Hilfe bitte, dann müßten schon "sehr gute Gründe" vorliegen, einer solchen Bitte nicht zu entsprechen. Solche Gründe sehe er nicht.Der NATO-Rat beschloß die Stationierung am 4. Dezember. Die deutsche Waffenhilfe wurde Mitte Dezember vom Deutschen Bundestag mehrheitlich abgesegnet.
Die deutsche Regierung spielt mit der Stationierung des 'Patriot'-Flugabwehrsystems ihren Part bei dem Versuch, ein dem "Westen" genehmes Regime in Syrien zu installieren. An der türkisch-syrischen Grenze halten sich zum Jahreswechsel bereits US-amerikanische "Raketenabwehrspezialisten" sowie Militär aus den Niederlanden auf. Der Transport des Kriegsgeräts - darunter Trägerfahrzeuge und zugehörige Radar-Anlagen - von den Standorten Sanitz und Bad Sülze in Mecklenburg-Vorpommern zum Hafen von Lübeck-Travemüde begann bereits Anfang Januar.
Das 'Patriot'-Flugabwehrsystem ist nach offiziellen Angaben überhaupt nicht zur Abwehr von Granaten geeignet. Daher besteht der einzig denkbare militärische Zweck der Stationierung an der türkisch-syrischen Grenze darin, wie im Falle des Sturzes des libyschen Diktators Muammar al Gaddafi eine Flugverbotszone einzurichten. In der türkischen Bevölkerung stößt diese Stationierung deutschen Kriegsgeräts auf mehrheitliche Ablehnung. Den Menschen ist bewußt, daß es nicht um ihren Schutz geht, sondern um einen Krieg zum Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Krieg in Syrien
Demo gegen Einsatz deutscher 'Patriot'-Raketen (5.01.13)
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Über 1000 Foltergefängnisse in Syrien?
Human Rights Watch liefert Kriegspropaganda (6.07.12)
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Karikatur von Harm Bengen (1.07.12)
Syrien - Die nächste Runde der Eskalation?
Gastbeitrag von Rüdiger Rauls (31.05.12)
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Gastbeitrag von Hakam Abdel-Hadi (2.04.12)
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Friedensplan für Syrien (21.03.12)
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