Rom (LiZ). Heute ist erneut ein Boot im Mittelmeer gesunken - diesmal mit rund 700 Flüchtlingen an Bord. Und weiter trägt Europa aktiv dazu bei, daß weltweit jeden Tag 100.000 Menschen verhungern.
Und weiter wird in Debatten, die von den Mainstream-Medien gesteuert werden, von der Ursache der Massenflucht aus Afrika abgelenkt. Diese Debatten drehen sich um die absurde Frage, was Europa tun könne - so als sei es nicht seit Menschengedenken das Selbstverständlichste, Ertrinkende zu retten. Auch die vom deutschen Innenminister Thomas de Maizière angezettelte Diskussion, ob die Rettung Ertrinkender etwa den Menschenhändler-Banden, die an der Flucht über das Mittelmeer verdienen, in die Hände spiele, ist absurd. Wer vor 1989 das Recht von Menschen, aus der Diktatur der DDR zu fliehen, als fundamentales Freiheitsrecht respektierte, darf de Maizière heute fragen: Waren denn damals die Schleuser an der innerdeutschen Todesgrenze daran schuld, daß die Menschen flohen?
Und: Ist die Flucht aus einer Diktatur respektabler als die Flucht vor dem Verhungern?
Auch die - menschlich verständliche - Reaktion des Regierungschef von Malta, Joseph Muscat, ist falsch: "Es wird eine Zeit kommen, zu der Europa für seine Untätigkeit verurteilt wird, so wie es verurteilt wurde, als es beim Genozid wegschaute."
Europa schaut nicht weg. Europa ist sehr aktiv.
Schaut "Europa" weg? Tut "Europa" nicht genug? Im Gegenteil: "Europa" ist sehr aktiv - europäische Wirtschafts-Verbrecher "leisten" sehr viel, um die Wirtschaft Afrikas permanent zu zerstören: Die hochsubventionierte europäische Agrar-Industrie überschwemmt Afrika mit Billig-Milch und Hühnchen-Teilen - produziert mit Hilfe von Gen-Soja aus Südamerika, was die Rodung immer größerer Flächen des Amazonas-Urwaldes zur Folge hat - und vernichtet so gleichzeitig die Existenz der afrikanischen KleinbäuerInnen. Europäische Fischfang-Flotten räumen die Meere vor Afrikas Küsten leer und vernichten so die Existenz der afrikanischen FischerInnen. Sogenannte Ausgleich-Zahlungen verschwinden in den Taschen einer korrupten "Elite" afrikanischer PolitikerInnen, die exakt zum selben Zweck in ihren Laufbahnen ausgewählt und befördert werden wie jene in Europa oder den USA. Und die ausführenden Bediensteten in US-amerikanischen Staatsämtern wie Barack Obama überziehen Nordafrika und den Nahen Osten mit Kriegen im Interesse des militärisch-industriellen Komplexes (eine Wortschöpfung des US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower aus dem Jahr 1961). Die europäische Atomindustrie plündert die Uran-Vorkommen Afrikas, hinterläßt in den Abbau-Regionen Todeszonen und generiert in jedem Atomkraftwerk an jedem Tag pro Reaktor über eine Million Euro Profit. Nicht zufällig zählen Staaten wie die D.R. Kongo trotz des Reichtums an Uran ebenso wie etwa der Niger, der als viertgrößter Uran-Lieferant der Welt gilt, weiterhin zu den ärmsten Ländern. Laut einem Ranking der UN-Entwicklungsorganisation UNIDO steht der Niger an vorletzter und die D.R. Kongo an letzter Stelle. Und ein Staat wie die D.R. Kongo, der mit Rohstoffen wie Gold, Coltan (!), Diamanten, Kupfer, und Kobalt überreichlich "gesegnet" ist, wird seit Jahrzehnten von den Wirtschafts-Kriminellen aus aller Welt lediglich als "fette Beute" betrachtet und zählt zu den Top Ten der internationalen Umwelt-Kloaken (Siehe unseren Artikel v. 5.11.13)
Eine Diskussion darüber, ob oder wie viele Flüchtlinge "Europa" aufnehmen sollte oder könnte, lenkt von der entscheidenden Frage ab: Wie kann die Ursachen der Massenflucht aus Afrika gestoppt werden? Denn wenn die Mehrheit der moralisch integren Menschen in Europa in der Lage ist, sich von der kleinen Schicht korrupter Partei-PolitikerInnen zu befreien, kann sie auch das Zerstörungswerk der europäischen Wirtschafts-"Elite" stoppen.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Europa mordet
Verhungern in Afrika
Ertrinken im Mittelmeer (15.04.15)
Fakten gegen Vorurteile
Mediendienst Integration regt zu Diskussion an (5.01.15)
Aktion gegen Festung Europa
Mit dem Bolzenschneider zur EU-Mauer (3.11.14)
NRW: Mißhandlungen von Asylsuchenden
Polizeigewerkschaft beklagt Staatsversagen (29.09.14)
Festung Europa
Massenmord im Mittelmeer (15.09.14)
Festung Europa
Flüchtlinge aus Niger in Sahara verdurstet (31.10.13)
Mord an Flüchtlingen
Barroso auf Lampedusa ausgebuht (9.10.13)
Festung Europa
Über 60 Flüchtlinge ermordet (3.10.13)
Festung Europa
Tödliche Mauer am Bosporus (11.12.12)
Hunger und Kapitalismus
"Der Süden finanziert den Norden" (17.10.12)
Festung Europa
Die NATO und der Tod von 63 Bootsflüchtlingen (5.04.12)
Statistik widerlegt Sarrazin-Thesen
Lohnt die Auseinandersetzung? (12.01.11)
Festung Europa
Bollwerk am Bosporus geplant (1.01.11)
Festung Europa
Grenzregime am Bosporus verstärkt (2.11.10)
Festung Europa
Libyen als EU-Grenzposten (29.06.09)
Berlusconi: Besser in Afrika verhungern
als in Italien interniert (20.05.09)
Verfahren gegen Lebensretter in Italien
Stefan Schmidt und Elias Bierdel von 'Cap Anamur'
vor Gericht (17.05.09)
Italien schiebt afrikanische MigrantInnen ab
Proteste zum Teil scheinheilig (9.05.09)
Festung Europa: Mehr als 300 Flüchtlinge
im Mittelmeer ertrunken (31.03.09)
Ausbeutung durch die Industrie-Nationen
Eine Nahaufnahme aus Burkina Faso (11.03.09)
Weitere Proteste auf Lampedusa
Italiens Asylpolitik unverändert unmenschlich (18.02.09)
Weiter Demonstrationen auf Lampedusa
gegen europäische Abschottungs-Politik (28.01.09)
Protest gegen Festung Europa
MigrantInnen auf Lampedusa demonstrieren
gegen Lager-Bedingungen (24.01.09)
Positive Wende in Australien:
Ende der menschenverachtenden Asylpolitik (28.07.08)
Festung Europa
Menschenverachtende Politik gegen Flüchtlinge (20.06.08)
Flüchtlingselend und Artenschwund in Nordafrika
Führt Tierschutz zu mehr Menschenschutz? (22.01.08)
Frontex und die toten Flüchtlinge
Immer mehr Leichen im Mittelmeer (25.12.07)
Europa, schäme dich!
Flüchtlingselend im Mittelmeer (28.05.07)
"Konzerne eignen sich die Welt an"
Interview mit Jean Ziegler (5.01.06)
Eine mörderische Weltordnung
Ceuta und Melilla (21.10.05)
ai: "deutsche Asylpolitik verantwortungslos"
(25.05.05)
Festung Europa fordert Tote
Mehr Leichen als Krabben in den Netzen (26.03.05)
Tag des Flüchtlings 2004:
Europa macht dicht! (30.09.04)
Menschenverachtender Umgang
mit Flüchtlingen beim FdAaF-Bundesamt (3.06.04)
Zuwanderungsgesetz
oder Abschottungsgesetz? (27.05.04)
Nach wie vor werden in Deutschland
Kinderrechte mit Füßen getreten (16.01.04)
60 Tote infolge europäischer Unchristlichkeit (22.12.03)
Sind Sie darauf stolz, Herr Schily? (13.01.03)
Europa hat eine Verantwortung (11.10.00)