London (LiZ). Obwohl die britische Regierung nie einen Atom- Ausstieg verkündete, wurden seit 1998 von damals 35 Atom- Reaktoren mittlerweile 18 still- gelegt - eine weitaus bessere Bilanz als in Deutschland. Auch die mehrmals angekündigte Renaissance der Atomenergie steht in Großbritannien nun vor dem Aus: Die Strom-Konzerne E.on und RWE erklärten angesichts ungenügender Subventionen, sich von den AKW-Neubauvorhaben zurückzuziehen.
Während in den Mainstream-Medien ein Zusammenhang mit dem angeblichen Atom-Ausstieg in Deutschland konstruiert wird, erklärten Vorstandsmitglieder von E.on und RWE vor dem Hintergrund hoher Baukosten und aus ihrer Sicht zu niedriger Strompreise ungeschminkt die rein ökonomischen Gründe für den Rückzieher. "Das macht auch wirklich keinen großen Appetit, sich dieses Risiko anzutun," so E.on-Vorstand Klaus-Dieter Maubach. "Bei einem Strompreis von 60 Euro je Megawattstunde können Sie kein Kernkraftwerk bauen," ergänzte der künftige RWE-Chef Peter Terium. "Der müßte jenseits der 100 Euro sein." Bereits vor zwei Jahren hatte sich RWE aus einem AKW-Projekt in Bulgarien zurückgezogen. Am 21. Januar 2011 mußte der Konzern seinen Ausstieg aus dem Atomkraftwerks-Projekt Cernavoda in Rumänien bekannt geben.
In den Jahren 1998 bis 2006 wurden in Großbritannien 16 von 35 Atom-Reaktoren stillgelegt. Während jedoch in Deutschland von "Rot-Grün" ein Atom-Ausstieg verkündet wurde, war im selben Zeitraum lediglich die Stilllegung von 2 von 19 Atom-Reaktoren zu verzeichnen.
Laut ihrer heutigen Erklärung wollen E.on und RWE ihr gemeinsames Konsortium Horizon Nuclear Power, das dem AKW-Projekt in Großbritannien dienen sollte, verkaufen. Die britische Regierung zeigte sich enttäuscht. Das Projekt hätte nach PR-Angaben 800 dauerhafte Arbeitsplätze geschaffen. Der Bau von Kraftwerken der erneuerbaren Energien mit einer entsprechenden Leistung ist heute nicht nur kostengünstiger, sondern würde mehr als 100.000 dauerhafte Arbeitsplätze schaffen.
Der britische Atom-Minister Charles Hendry will nach eigenem Bekunden für die in den vergangenen Jahren von E.on und RWE in Großbritannien erworbenen Flächen InteressentInnen suchen. Er scheint nach wie vor an den AKW-Neubauplänen festhalten zu wollen. So ist etwa vom französischen Strom-Giganten EdF die Rede. Doch auch dessen Manager können rechnen - zumal sie mit den einst als Vorzeige-Projekten angekündigten AKW-Bauvorhaben in Flamanville und im finnischen Olkiluoto sowohl in der Zeitplanung als auch bei den Kosten in den vergangenen Jahren die denkbar schlechtesten Erfahrungen machen mußten. Und Dank Weltwirtschaftskrise dürfte die britische Regierung nicht in der Lage sein, eine für den französischen Konzern interessante Vorfinanzierung - sprich: Subventionierung - der AKW-Projekte zu stemmen.
Anmerkungen
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