Belgisches AKW Doel läuft
Dank deutscher Lieferungen
Bonn (LiZ). Das belgische Atomkraftwerk Doel hat in den vergangenen Wochen durch häufiges und kurzfristiges Herauffahren und Abschalten Schlagzeilen gemacht. Seit 2012 ist bekannt, daß zumindest Reaktor 3 Tausende von Rissen aufweist. Belgische und deutsche Atomkraft-GegnerInnen wiesen nun darauf hin, daß dieses AKW von der niedersächsischen Brennelemente-Fabrik Lingen beliefert wird.
Angeblich hat Niedersachsen eine "rot-grüne" Landesregierung. Doch diese zeigte bereits im März 2013 - zwei Monat nach der Landtagswahl - ihr wahres Gesicht und brach ihr Wahlversprechen zu Gorleben (Siehe unseren Artikel v. 25.03.13). In den vergangenen beiden Jahren wurde das AKW Doel nach Beobachtungen von Atomkraft-GegnerInnen zehn Mal mit Uran-Brennstäben aus der Brennelemente-Fabrik Lingen beliefert. Bis Januar 2017 sind weitere fünf Transporte von Brennelementen aus Lingen nach Doel durch das Bundesamt für Strahlenschutz genehmigt. Sowohl der pseudo-grüne niedersächsische Atom- und "Umwelt"-Minister Stefan Wenzel als auch Bundes-Atom- und "Umwelt"-Ministerin Barbara Hendricks sind daher völlig unglaubwürdig, wenn sie coram publico von der belgischen Regierung die Stilllegung des AKW Doel fordern.
Hinzu kommt, daß im nordrhein-westfälischen Gronau weiterhin eine Urananreicherungs-Anlage betrieben werden darf. Auch NRW hat angeblich eine "rot-grüne" Landesregierung. Doch ebenso wie von Stefan Wenzel sind vom pseudo-grünen nordrhein-westfälischen Atom- und "Umwelt"-Minister Johannes Remmel nur wohlfeile Worte in Richtung der belgischen Regierung zu hören, denen jedoch keinerlei Taten folgen. Die UAA Gronau wird vom deutsch-britisch-niederländisches Konsortium Urenco betrieben und versorgt die Atomindustrie mit angereichertem Uran. Dieses wird zu Brennstäben verarbeitet, die im Reaktordruckbehälter von Atomkraftwerken mit Hilfe von Kernspaltung zur Erzeugung von Wärme eingesetzt werden. Die deutschen AKW-Betreiber E.on und RWE halten an Urenco jeweils 16,5 Prozent der Anteile. Nach eigenen Angaben liefert Urenco den Brennstoff für rund 25 Prozent aller Atomkraftwerke weltweit.
In einem Offenen Brief an die Landes-Minister Wenzel (Niedersachsen), Remmel (Nordrhein-Westfalen) und an Bundes-Atom- und "Umwelt"-Ministerin Hendricks heißt es: "Wir nehmen zur Kenntnis, daß Sie zur Zeit keine konkreten Maßnahmen ergreifen, um unser Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit gegenüber der belgischen Atomaufsicht und dem Betreiber Electrabel durchzusetzen. Wir wissen, daß die belgischen Schrott-Reaktoren mit deutscher Unterstützung betrieben werden." Unterzeichnet ist der Offene Brief von Jörg Schellenberg (Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie), Peter Bastian (Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen) und Udo Buchholz (Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz).
Die belgische und die deutsche Anti-Atom-Bewegung fordern von der niedersächsischen Landesregierung und von der Bundesregierung, der Brennelemente-Fabrik Lingen die Betriebsgenehmigung zu entziehen. Udo Buchholz vom Bundesverband der Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) erklärt hierzu: "Ein ausreichender Grund für die sofortige Stilllegung der Brennelemente-Fabrik Lingen ist die ungelöste Atommüllentsorgung. Ebenso wie in der Bundesrepublik Deutschland gibt es auch in Belgien kein Endlager für die ständig anwachsenden Atommüllberge." Da jedoch auch in Zukunft nicht damit gerechnet werden kann, daß deutschen Partei-PolitikerInnen der Schutz der eigenen Bevölkerung wichtiger ist als der Schutz der Profite von Atom-Konzernen, kündigt die Anti-Atom-Bewegung gewaltfreie Blockaden an. Weitere Lieferungen der Brennelemente-Fabrik Lingen an das AKW Doel sollen so zumindest behindert werden.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Reaktor 1 des belgischen AKW Doel:
Automatische Schnellabschaltung (3.01.16)
AKW Doel 3 abgeschaltet
nach nur 4 Tagen in Betrieb (25.12.15)
AKW Doel 3 wieder hochgefahren
Versprödung bedeutet Russisches Roulette (21.12.15)
Reaktor-Stahl des AKW Beznau
löchrig wie Emmentaler (8.10.15)
Automatische Schnellabschaltung
des belgischen AKW Tihange
Versprödung bedeutet Russisches Roulette (19.09.15)
AKW Beznau am Ende?
14 Jahre vor "Atom-Ausstieg" (16.07.15)
AKW-Projekt Flamanville auf der Kippe
Materialmängel am Reaktordruckbehälter (8.04.15)
Belgien: Materialermüdung in AKW
Reaktordruckbehälter weltweit betroffen? (17.02.15)
Reiche Schweiz - Uralte Atomkraftwerke
Gefahrzeitverlängerung auf 60 Jahre (9.12.14)
Werden die belgischen Atomkraftwerke
Doel und Tihange wieder hochgefahren? (15.02.13)
8000 Risse im AKW Doel
Stilllegung dennoch ungewiß (17.08.12)
Riß im Reaktordruckbehälter
des belgischen AKW Doel (9.08.12)
Marode Druckbehälter deutscher AKW
Blockade von Untersuchungen (30.07.10)
AKW in den USA
zeigen deutliche Material-Probleme
Laufzeiten von 40 Jahren utopisch
Zunehmende Gefährdung (11.10.09)