25.05.2011

Volkszählungs-Propaganda
mit der Facebook-Keule

Nur Schafe lassen sich zählen Berlin (LiZ). GegnerInnen der Volkszählung "Zensus 2011" zeigen auf: Die in den Mainstream-Medien permanent transportierte Propaganda, wonach "die Deutschen" auf der einen Seite auf Facebook Intimitäten veröffentlichen und gleichzeitig gegen die staatliche Befragung "maulen", gehe an der Realität vorbei. Maximal 23 Prozent der Deutschen verfügen überhaupt über einen Facebook-Eintrag.

Die vom Springer-Konzern herausgegebene Tageszeitung 'Die Welt' schrieb am 22. Mai: "Ist es nicht eher so, dass wir mühelos zweierlei vermögen – über Fragebögen und öffentliche Videoüberwachung maulen und noch am selbigen Tag via Facebook weltweit allerlei Intimitäten posten, die ansonsten kein »Schnüffelstaat« jemals herausgefunden hätte?" Auf der Internet-Seite
http://zensus11.de/2011/05/die-facebook-keule
nehme AktivistInnen, die bereits seit Monaten Veranstaltungen zum Thema organisieren und Aufklärung betreiben, zu dieser in vielen Mainstream-Medien verbreiteten Propaganda Stellung. Aus ihrer Sicht handelt es sich dabei um die "Facebook-Keule".

Offenbar werde so versucht, die GegnerInnen der Volkszählung mundtot zu machen. Die PropagandistInnen des "Zensus 2011" nähmen die gesamte Bevölkerung in Sippenhaft, obwohl noch nicht einmal eine Mehrheit der Deutschen sich bislang mit Facebook eingelassen habe. Nach eigenen Angaben von Facebook gibt es aktuell rund 18,5 Millionen NutzerInnen in Deutschland. Selbst wenn Mehrfach- und Fake-Einträge unberücksichtigt bleiben, handelt es sich also maximal um 23 Prozent der Deutschen, die einen mehr oder weniger großen Datenhaufen beim Datenmonster Facebook abliefern. Allein durch diese Zahl wird ersichtlich, daß die Behauptung, "wir" würden uns nicht um unsere Daten kümmern oder kümmern können, einer pauschalen Verunglimpfung der Bevölkerung gleichkommt.

Die KritikerInnen weisen zudem darauf hin, daß es einen "grundsätzlichen, qualitativen Unterschied" mache, ob Menschen freiwillig und durchaus nicht selten hemmungslos intime Daten preisgeben und manchmal teils bereitwillig teils unbewußt Informationen über persönliche Verhaltenmuster und Charakterzüge bereitstellen oder ob vom Staat unter Androhung von hohen Bußgeldern eine Zwangserfassung sämtlicher 80 Millionen Deutscher durchgeführt werde.

Die heimliche kommerzielle Auswertung von NutzerInnen-Daten durch Facebook, StudiVZ, Apple, Google und andere Konzerne ist nach Ansicht der KritikerInnen nicht vergleichbar mit den Gefahren, die durch eine vollständige Erfassung der Bevölkerung heraufbeschworen werden. Im Ergebnis entsteht infolge der Volkszählung ein so gut wie lückenloses Register aller Menschen und aller Wohnanschriften beziehungsweise Unterkunftsmöglichkeiten Deutschlands. Dies ist nach Einschätzung der KritikerInnen ein wesentlicher qualitativer Unterschied.

Am Ende kritisieren die Volkszählungs-GegnerInnen, mit der "Facebook-Keule" würden all jene beleidigt, "denen es eben nicht egal ist, wer ihre Daten bekommt und damit arbeitet, diejenigen, die kein Facebook- oder StudiVZ-Konto haben, die keine Kunden- oder Bonuskarten in ihren Geldbeuteln anhäufen und die sich nicht dem Bezahlen per ec- oder Kreditkarte verschrieben haben." Aber anscheinend seien manche JournalistInnen und BloggerInnen nicht mehr in der Lage, sich vorzustellen, daß es noch solche Menschen gibt.

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

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      Zweiter Anlauf
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      Erfolg gegen Internet-Zensur
      Das Gesetz zur Sperrung von Internet-Seiten fällt
      (5.04.11)

      Volkszählung "Zensus 2011"
      Daten in sicheren Händen? (4.04.11)

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      Datenspeicher Küchentisch
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      Internationale Liga für Menschenrechte
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      Volkszählung "Zensus 2011"
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