11.09.2010

69.000 demonstrieren gegen Stuttgart 21
Bahn-Chef Grube schließt höhere Kosten
für das Mega-Projekt nicht mehr aus

historischer Stuttgarter Hauptbahnhof Stuttgart (LiZ). Am gestrigen Freitag gingen nach Angaben der VeranstalterInnen 69.000 Menschen gegen "Stuttgart 21" auf die Straße und stellten damit einen neuen Rekord auf. Bahn-Chef Rüdiger Grube sagte gegenüber der Zeitung 'Wirt- schaftswoche': "Bei Infrastruktur- Projekten kann man nie sagen, was am Ende auf Heller und Pfennig herauskommt." Eine weitere Kostensteigerung bei dem Mega-Projekt könne er insbesondere im Hinblick auf die Strecke Wendlingen-Ulm nicht ausschließen.

Grube machte jedoch geltend, daß die offiziell genannte Summe für das Gesamt-Projekt von 7 Milliarden Euro zutreffe und seriös durchgerechnet sei. Mehrkosten seien allerdings im Falle von höheren Sicherheitsanforderungen etwa beim Tunnelbau denkbar. Ob solche zusätzlichen Kosten durch Schwierigkeiten im Gelände oder durch die Politik verursacht werden könnten, ließ Grube offen. Nach Schätzungen unabhängiger Sachverständiger muß mit Kosten von insgesamt über 11 Milliarden Euro gerechnet werden.

Über 54.000 Menschen haben mittlerweile den "Stuttgarter Appell" unterzeichnet, in dem ein Baustop und eine Bürgerbefragung zu "Stuttgart 21" gefordert werden. Die "S"PD versucht sich im Spagat, indem sie weiterhin an ihrer Zustimmung zu dem Mega-Projekt festhält und sich zugleich für einen Volksentscheid ausspricht. Für die Durchführung eines Volksentscheids im jetzigen Stadium müßte jedoch die Landesverfassung geändert werden, was vorhersehbar von "Schwarz-Gelb" blockiert wird. Bei einer Meinungsumfrage sprachen sich Anfang dieses Monats 51 Prozent der Menschen in Baden-Württemberg gegen "Stuttgart 21" aus. Laut dem mit der Umfrage beauftragten Meinungsforschungs-Institut Forsa lehnt in Stuttgart sogar eine Zweidrittel-Mehrheit das Mega-Projekt ab.

Bahn-Chef Grube erklärt dagegen am Donnerstag, 9. September, in einem Interview in der Radio-Sendung 'SWR1 Leute' ungehindert: "Dabei ist die Akzeptanz von Stuttgart 21 in der Bevölkerung durchaus vorhanden. Leider ist es so, daß sich die Befürworter nicht so laut melden wie die Gegner."

Der 'spiegel' berichtete nun auch darüber, daß es im Bahn-Vorstand schon 1994 Widerstand gegen "Stuttgart 21" gegeben habe und das Projekt damals als "unwirtschaftlich" abgelehnt wurde. Wir berichteten bereits in unserem Artikel vom 21.08., daß im Jahr 1999 der damalige Bahn-Chef Johannes Ludewig "Stuttgart 21" aus finanziellen Gründen abgelehnt hatte. Der 'spiegel' berichtet nun über ein internes Vorstandspapier aus dem Jahr 1994, aus dem hervorgeht, daß der Bau "selbst der Addition günstigster Annahmen" ein Zuschußgeschäft werde. Des weiteren haben damals "Bahn-Ingenieure (...) kritisiert, daß sich keine nennenswerte Reiseverbindung durch den Durchgangsbahnhof verbessern werde."

Die Pseudo-Grünen versuchen weiterhin, die Bewegung gegen "Stuttgart 21" zu spalten, indem sie für einen "Runden Tisch" ohne die Vorbedingung eines Baustops werben. Eine Mehrheit der GegnerInnen von "Stuttgart 21" ist jedoch nicht zu Gesprächen mit Bahn-Chef Grube und dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Stefan Mappus bereit, solange die Bauarbeiten vorgesetzt und so vollendete Tatsachen geschaffen werden. Während der Demonstrationen gegen "Stuttgart 21" wird dagegen die Diskussion über eine Besetzung der Baustelle immer intensiver geführt.

 

LINKSZEITUNG

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Stuttgart 21: Polizei beendet Baumbesetzung
      "S"PD plötzlich für Volksentscheid (7.09.10)

      Stuttgart 21
      Spaltungsversuch der Pseudo-Grünen gescheitert
      (6.09.10)

      60.000 demonstrieren gegen Stuttgart 21
      Baumbesetzung im Schloßgarten (3.09.10)

      Forsa-Umfrage: Absolute Mehrheit gegen Stuttgart 21
      Pseudo-Grüne versuchen Widerstand zu spalten
      865 Millionen Euro neue Kosten für Ba-Wü (2.09.10)

      Stuttgart 21 - 40.000 protestieren
      Erster Durchbruch am Bauzaun gescheitert (27.08.10)

      Stuttgart 21 - Abriß begonnen
      Hilft nur noch Bauplatzbesetzung? (25.08.10)

      30.000 protestieren:
      "Stoppt Stuttgart 21" (21.08.10)

      Millionen-Schmiergeld für Stuttgart 21?
      'spiegel' berichtet über heimlichen Deal (16.08.10)

      21.000 bei Menschenkette
      gegen Stuttgart 21 (14.08.10)

      Studie des Umweltbundesamtes
      Stuttgart 21 provoziert Nadelöhr (12.08.10)

      Immer mehr Menschen protestieren
      16.000 gegen Stuttgart 21 (7.08.10)

      Wachsender Protest gegen "Stuttgart 21"
      Tausende legen Verkehr lahm (2.08.10)

      Protestival der Parkschützer
      Zehntausende gegen "Stuttgart 21" (10.07.10)

      'stern' veröffentlicht geheime Studie
      zu "Stuttgart 21" / Steilvorlage für GegnerInnen
      (8.07.10)

      Europäische Nachbarn bauen Eisenbahn aus
      In Deutschland wird das Schienennetz abgebaut
      (29.04.10)

      Verkehrssicherheit
      Bahn weit vor Konkurrenten (30.03.10)

      'Robin-Wood'-Aktion gegen "Stuttgart 21"
      "Stuttgart verscherzt es sich - Zug um Zug" (2.02.10)

      Investitionen in Schienenverkehr:
      BRD ist ganz hinten in der EU (21.01.10)

      Bahn-Privatisierung abgesetzt
      Weltwirtschaftskrise rettet Deutsche Bahn (4.03.09)

      Aus für Transrapid
      Erfolg für Umwelt und Klima (27.03.08)

      38.000 Unterschriften
      gegen Transrapid München (21.12.07)

      Stuttgart 21
      Unerwartet starke Beteiligung am Bürgerbegehren
      (14.11.07)