Frankfurt a.M. (LiZ). Rund 1.400 Menschen kamen zur 83. Montagsdemo im Frankfurter Flughafen seit der Inbetriebnahme der Landebahn Nordwest im Herbst 2011. Besonders erbittert zeigten sich viele TeilnehmerInnen über die Pseudo-Grünen, von denen sie sich seltsamer Weise Besseres als von den anderen Parteien erwartet hatten.
Der Dachverband der Bürgerinitiativen (BBI) gegen die wachsende Lärmbelästigung und den durch Abgase verstärkten Treibhauseffekt infolge des Flugzeugverkehrs hatte zu der Demo in Terminal 1 des Frankfurter Flughafens aufgerufen. Mela Krauß thematisierte als BBI-Moderatorin das absehbare Zustandekommen eines "schwarz-grünen" Koalitions-Vertrages in Hessen.
Angeblich hatte der Frankfurter Flughafen, zu dem sich die "Schwarzen" unter Ministerpräsident Volker Bouffier in jahrzehntelanger Tradition rückhaltlos bekennen, und dem auch die Pseudo-Grünen in Hessen trotz einiger verbaler Kapriolen in der Praxis seit mindestens zehn Jahren ebenso rückhaltlos als einem der mächtigsten Wirtschaftsgrößen zu Diensten sind, zu den "strittigsten" Themen in den Koalitions-Verhandlungen gehört. So soll nun - laut dem Buchstaben des Koalitions-Vertrages - das Nachtflugverbot von 6 auf 7 Stunden ausgeweitet werden. Dies vor dem Hintergrund, daß gegenwärtig in der Praxis Flüge am Frankfurter Flughafen bis 24 Uhr und morgens ab 5 Uhr politisch geduldet werden. So hieß es dann auch gleich, daß die Landesregierung im Falle einer mangelhaften Umsetzung der "Lärmpausen" die Betriebsgenehmigung ändern wolle - erneut also der Wink mit der Möglichkeit, jahrelange Scharmützel vor Gericht auszutragen, ohne am realen Lärm-Terror das Geringste zu ändern. Je nach wirtschaftlicher "Großwetterlage" ist sogar damit zu rechnen, daß der Flugverkehr über Frankfurt weiter zunehmen wird - und damit wird auch der Lärm-Terror für immer größere Gebiete und die Emission klimaschädigender Abgase weiter gesteigert.
Auf der heutigen Montagsdemo waren besonders viele Plakate zu sehen, die eine Enttäuschung über die Pseudo-Grünen zum Ausdruck brachten, etwa mit der Aufschrift: "Schöne Bescherung - Grüne Soße mit Kerosin serviert" oder "Hessen vorn! Wirbelschleppen jetzt 100% Öko". Einer der TeilnehmerInnen, die sich als um eine Illusion ärmer bekannten, outete gar: "Ich habe meine Stimme verschenkt!" Vermutlich meinte er die "Stimm"-Abgabe bei der vergangenen Landtagswahl. Einige Illusionen scheinen dennoch weiter virulent zu sein, denn so manche Plakate brachten die Hoffnung zum Ausdruck, bei einer "rot-rot-grünen" Koalition hätten Lärmschutz und Ökologie bessere Chancen.
Mit 1.400 TeilnehmerInnen war die 83. Montagsdemo offenbar besser besucht als von den Mainstream-Medien erwartet - aus deren überregionaler Berichterstattung wurde sie dennoch ausgeblendet. Erst im neuen Jahr soll es laut BBI mit Montagsdemos im Frankfurter Flughafen weitergehen. Die OrganisatorInnen hatten so einiges aufgeboten: Ein kleines Orchester mit Flöten, Geigen, Gitarren und Trommeln sowie einen Trompeter, einen Obelix und einen Engel. Mit einer Lichterkette, Kerzenschein und Wunderkerzen sollte vorweihnachtliche Atmosphäre mit politisch ernsthaftem Hintergrund kombiniert werden - dazu ein "vorweihnachtliches Konzert", dessen Höhepunkt symbolträchtig eine neu getextete Version des Klassikers "Stille Nacht" bildete: "Stille Nacht, fünf Uhr acht - Deutschland schläft, wir sind wach - 300 Flieger, die Nerven sind blank - Das Haus ist wertlos, wir werden krank. - Laßt uns endlich in Ruuhuuh - Maahaacht die Landebahn zuuhuuh!" Nach dem Aufmarsch in Terminal 1 zog die Demo ins Freie und bildete dabei eine Menschenkette durch den gesamten Abflugbereich.
Die GegnerInnen des Frankfurter Flughafens werden allerdings auch in Zukunft nichts ausrichten, solange sie sich auf die Parteien-Politik orientieren lassen. Diese Orientierung zeigt sich deutlich an den immer wieder an "die Politik" gerichteten Forderungen, aber auch an den "Weg mit..."-Parolen. So heißt es nun nicht mehr allein "Bouffier muß weg!", sondern auch "Al-Wazir muß weg!" (Tarek Al-Wazir ist der derzeitige "Spitzen"-Politiker der hessischen Pseudo-Grünen). Dies erinnert fatal an die unsägliche "Abwahl"-Propaganda im baden-württembergischen Landtagswahlkampf des Jahres 2011, die sich allein gegen den amtierenden Ministerpräsidenten Stefan Mappus gerichtet hatte und damit nicht anderes erreichte als einen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. Dieses politische Kasperle-Theater mit verteilten Rollen wird allerdings solange fortgesetzt werden, wie das politische Gedächtnis großer Teile der Bevölkerung allenfalls wenige Monate in die Vergangenheit reicht. Denn alle, die heute über die "schwarz-grünen" Koalitions-Vereinbarungen enttäuscht sind, zeigen damit zugleich, daß sie den Kosovo-Krieg (1999), den Beginn des Afghanistan-Kriegs (2001), den Betrug mit dem Atomausstieg (2000) und die anti-sozialen Hartz-IV-Gesetze (2004) längst vergessen hatten.
Anmerkungen
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