Münster (LiZ). Atomkraft-GegnerInnen aus dem Niger, Rußland, Frankreich, Polen, der
Türkei, den Niederlanden und Deutschland haben am Samstag in Müster an der Internationalen Uran-Konferenz teilgenommen. Im Mittelpunkt stand die Forderung, die internationale Uran-Industrie stillzulegen und den weltweiten Uranabbau, die Urananreicherung sowie die Brennelementefertigung zu stoppen.
Die Uran-Konferenz wurde von einem internationalen Trägerkreis aus 35 Anti-Atomkraft-Initiativen und Umweltverbänden getragen und ist eine der bundesweit größten Konferenzen dieser Art seit Jahren. Insgesamt 200 Atomkraft-GegnerInnen aus mehr als sieben Ländern nahmen daran teil.
Auf der Uran-Konferenz berieten die TeilnehmerInnen intensiv über die Gefahren des weltweiten Uranabbaus – mit einem Fokus auf die Situation in Zentralafrika. Unter menschenunwürdigen Verhältnissen und Inkaufnahme katastrophaler Umweltschäden wird im Niger und in Kamerun Uran abgebaut. Das Märchen von der "sauberen" Atomenergie wird schon beim Uranabbau deutlich widerlegt.
Im Tschad wird intensiv nach Uran gesucht. Die Konferenz-TeilnehmerInnen riefen zur Solidarität mit den Menschen vor Ort auf. Auch in Europa wird derzeit in mehreren Ländern nach Uran gesucht. Atomkraft-GegnerInnen aus Polen berichteten unter anderem über Pläne, auch dort Uran abzubauen. Zugleich gebe es Informationen, daß sich an vielen Orten Widerstand gegen den Uranabbau regt.
In Workshops wurde neuere Erkenntnisse über die Zustände bei der Verarbeitung von Uran sowie bei Urananreicherung und Brennelementefertigung diskutiert. Dabei ging es unter anderem um die gesundheitlichen Gefahren sowie die zahlreichen internationalen Urantransporte und die militärische Dimension der Urananreicherung. Die Konferenz-TeilnehmerInnen fordern eine Ächtung von Uranmunition und sämtlicher Atomwaffen. Die Uran-Konferenz schließt sich der Anti-Atom-Konferenz im japanischen Yokohama an, auf der vor drei Wochen eine nuklearfreie Welt gefordert wurde.
Die Konferenz-TeilnehmerInnen verurteilten, daß es für den weltweit anfallenden Uranmüll – wie für jeden anderen Atommüll – keine sichere Endlagerung gibt und geben wird. Schon in den Uranabbauländern fällt in gigantischen Mengen Uranmüll an - und dies allein für den Betrieb der Atomkraftwerke in Europa und anderswo. Allein aus Gronau wurden 2.000 Tonnen Uranmüll nach Rußland exportiert. Dieser Uranmüllexport konnte 2009 durch internationalen Widerstand gestoppt werden.
Für Deutschland stand konkret die sofortige Stilllegung der Urananreicherungsanlage (UAA) in Gronau sowie der Brennelementefabrik in Lingen im Vordergrund. Beide Atomanlagen dürfen nach derzeitigem Stand unbegrenzt weiter produzieren und dies obwohl die UAA ist nicht gegen Flugzeugabstürze gesichert ist. Der betrieb der UAA ist nach Ansicht der Konferenz-TeilnehmerInnen nicht akzeptabel. In diesem Zusammenhang wurde die Glaubwürdigkeit des in Deutschland im vergangenen Sommer zum zweiten Mal verkündeten "Atom-Ausstiegs" in Frage gestellt: Wer aus der Atomenergie aussteigen wolle, dürfe den Uranbrennstoff nicht in alle Welt exportieren. Die UAA Gronau wird seit Jahren ausgebaut und kann aktuell 35 Atomkraftwerke mit Brennstoff beliefern - zehn Prozent des gesamten Weltmarktes.
"Solange im münsterländischen Gronau weiter Brennstoff für Atomkraftwerke weltweit hergestellt werde, könne von einem konsequenten Atom-Ausstieg keine Rede sein," sagte auch Michael Harengerd vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Dabei spiele neben dem "schwarzen" Bundes-Atom-Minister Norbert Röttgen auch die "rot-grüne" nordrhein-westfälische Landesregierung eine "wenig überzeugende Rolle." "Anstatt mit allen Mitteln gegen die UAA vorzugehen, betreibt der für Atomaufsicht zuständige SPD-Wirtschaftsminister Harry Voigtsberger nur Symbolpolitik," so Harengerd. Matthias Eickhoff von der Initiative Sofortiger Atomausstieg forderte angesichts der parteipolitischen Situation mehr Druck von der Staße und verwies auf den Widerstand gegen die geplanten Castor-Transporte aus dem Forschungszentrum Jülich nach Ahaus.
Auf der Uran-Konferenz wurden folgende Beschlüsse gefaßt:
1. Die internationale Zusammenarbeit gegen die Uran-Industrie wird ausgebaut. So soll unter anderem verhindert werden, daß in immer mehr Ländern mit dem Uranabbau begonnen wird. Auch die internationalen Urantransporte sollen verstärkt durch Proteste öffentlich gemacht und gestoppt werden.
2. Für AtomkraftgegnerInnen aus Zentralafrika wird eine Vortragsreise geplant, um auch in Deutschland die Bevölkerung über die skandalösen Zustände beim Uranabbau besser zu informieren.
3. Für den 29. September 2012 wird ein internationaler Aktionstag vorbereitet, auf dem gegen die federführenden Uran-Konzerne in Europa protestiert werden soll. Geplant sind unter anderem Aktionen bei Areva in Frankreich, Rosatom in Rußland sowie Urenco, EON und RWE in Deutschland und den Niederlanden.
4. Die Internationale Uran-Konferenz ruft zur Teilnahme an der Fukushima-Groß-Demo am 11. März 2012 in Gronau auf. Die Groß-Demo findet im Rahmen eines bundesweiten und internationalen Protesttages statt. In Deutschland wird es sechs Groß-Demonstrationen geben.
Die Uran-Konferenz unterstützt für den 11. März auch die Menschenkette im französischen Rhone-Tal.
5. Auf den Jahreshauptversammlungen von RWE und EON am 19. April bzw. 3. Mai in Essen werden AtomkraftgegnerInnen die sofortige Stilllegung der Urananreicherungsanlage Gronau auf Kosten der Betreiber fordern. RWE und E.on sind Miteigentümer des Gronau-Betreibers Urenco.
Diese Abschluß-Erklärung wird von folgenden Initiativen und Verbänden
unterstützt:
Stichting Vedan (Enschede); Enschede voor Vrede; Réseau Sortir du
nucléaire; Ecodefense (Moskau); Ecoperestroika (St. Petersburg); AG
Schacht Konrad; Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen;
Anti-Atom-Bündnis Lübeck; AntiAtomBündnis Nordost; Antiatom-Initiative
Oberhausen; Anti Atom Gruppe Osnabrück; Anti-Atom-Netz Nördliches
Rheinland-Pfalz; Anti-Atom-OWL; Arbeitskreis Umwelt (AKU) Gronau; attac
Bielefeld; Bielefeld steigt aus; BI "Kein Atommüll in Ahaus"; BI
Kernenergie Lubmin; BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg; BUND NRW;
BUND-Kreisgruppen Münster u. Borken; Bundesverband Bürgerinitiativen
Umweltschutz (BBU); Bündnis für den Atomausstieg Siegerland; Bürger
gegen Atomreaktor Garching; byebyebiblis.de Dreieich; Greenpeacegruppe
Lübeck; Grün-Alternative Liste Gronau; Die Grünen Raesfeld;
International Coalition to Ban Uranium Weapons (ICBNW) Deutschland; IPPNW
/ Ärzte in sozialer Verantwortung; Klimaforum Detmold; Libertäres
Netzwerk Lippe; Die Linke Münster; Montagskundgebung für den sofortigen
Atomausstieg Münster; Montagsspaziergang Mainz; Natur und
Umweltschutzverein Gronau; Netzwerk Energiewende Lübeck; Ökologische
Plattform NRW; Regionalkonferenz Grohnde; Robin Wood; SOFA (Sofortiger
Atomausstieg) Münster; urgewald
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Röttgen verplappert sich:
Illegaler Bau im Gorlebener Salzstock (2.01.12)
Geologe warnt
vor geplantem "Endlager" Gorleben (13.12.11)
Strahlen-Skandal Gorleben
Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages
widerspricht Landesregierung (20.11.11)
Genehmigung für CASTOR-Transport
trotz Strahlen-Skandal (31.10.11)
Strahlen-Skandal in Gorleben
Grenzwert am Zaun bereits seit 2003 überschritten
(30.09.11)
Radioaktiver Müll in Gorleben
hohe Strahlenbelastung am Zaun (25.08.11)
Atommüll-Endlager in Deutschland?
EU macht Druck (20.07.11)
Atommüll-Endlager in der Schweiz?
Unmögliches soll realistisch erscheinen (12.07.11)
13. CASTOR nach Gorleben
angekündigt (3.06.11)
Gorlebener Salzstock vielfach angebohrt
Der Berg schlägt zurück (15.04.11)
Drei Monate Denkpause
auch für Gorleben? (30.03.11)
Parteitag der Pseudo-Grünen
Gorleben als Verhandlungsmasse (21.11.10)
Akten über Explosion im Jahr 1969
Erdgas unter Gorleben (13.09.10)
Weiterer Erfolg des Gorleben-Widerstands:
Verwaltungsgericht Lüneburg stoppt Datensammlung
(4.09.10)
CASTOR-GegnerInnen siegen
vor Bundesverfassungsgericht (26.08.10)
Der Endlager-Schwindel
Greenpeace veröffentlicht Akten zu Gorleben (13.04.10)
Endlager-Standort Gorleben
Bei der Auswahl spielte Geologie kaum eine Rolle
(10.01.10)
Das ungelöste Problem der Endlagerung
Folge 12 der Info-Serie Atomenergie