Neuwied (LiZ). Wie kaum anders zu erwarten hat der Parteitag der rheinland-pfälzischen Pseudo-Grünen dem mit den "Roten" Kurt Becks ausgehandelten Koalitions- vertrag und damit der Fertigstellung der Hochmosel- brücke zugestimmt. Das 160 Meter hohe und 1,7 Kilometer lange Bauwerk, das von UmweltschützerInnen seit vielen Jahren bekämpft wird und nach offiziellen Angaben 330 Millionen Euro kosten soll, ist nach dem Kohlekraftwerk Moorburg ein weiteres Fanal für "Stuttgart 21".
Die Hochmoselbrücke sei eine falsche Entscheidung, erklärte der Landes-Chef der rheinland-pfälzischen Pseudo-Grünen, Daniel Köbler, am Sonntag beim Parteitag in Neuwied. Dennoch stimmten 189 Delegierte - wie gewünscht - für den Koalitionsvertrag und nur 13 dagegen. Erfahrungsgemäß wird der größte Teil der umweltpolitischen Versprechungen, die in den Koalitionsvertrag Eingang fanden und nun als Argument für die Zustimmung zur Hochmoselbrücke verkauft wurden, mit Hinweis auf die Haushaltslage in den kommenden fünf Jahren - bis zur nächsten Landtagswahl - nicht realisiert werden. So wird etwa heute versprochen, den kompletten Strombedarf von Rheinland-Pfalz mit erneuerbaren Energien zu decken - bis 2030. Die nächste Landtagswahl findet im Jahr 2016 statt.
Entscheidend ist für die pseudo-grünen FunktionärInnen offenbar, daß sie mit MinisterInnen- und StaatssekretärInnenposten und den damit verbundenen Pensionsansprüchen, ausgesorgt haben. "Der Weiterbau dieses Brückenmonsters ist eine ganz bittere Pille für uns," sagte die designierte "Umwelt"-Ministerin Ulrike Höfken. "Das ist und bleibt ein Irrsinn." Gerechtfertigt wird dieser Irrsinn damit, daß die FunktionärInnen wie "David gegen Goliath" gekämpft hätten und: "Wir haben ihn zu Fall gebracht." Doch tatsächlich wird Kurt Beck in den kommenden Tagen erneut - mit den Simmen der Pseudo-Grünen - zum Ministerpräsidenten gewählt werden. Die Abstimmung über den Koalitionsvertrag war die entscheidende Hürde. Die "Roten" unter Kurt Beck hatten der Vereinbarung auf einem Parteitag bereits am Samstag in Mainz bei drei Gegenstimmen ihre Zustimmung gegeben.
Bei den "Stuttgart-21"-GegnerInnen dürfte die Argumentation der rheinland-pfälzischen Pseudo-Grünen auf besondere Aufmerksamkeit stoßen: "Es war einfach nichts mehr zu machen." Ein Ausstieg aus dem bereits fortgeschrittenen Unternehmen werde "extrem teuer und kompliziert" und würde auf "horrende Strafzahlungen" im Falle eines Bau-Stops hinauslaufen.
Die Professionalität, mit der die Pseudo-Grünen wie schon im Falle des Hamburger Kohlekraftwerks Moorburg (September 2008) Wahlversprechungen abräumen, wird allerdings nicht von allen Seiten gewürdigt. So warf die BUND-Landesvorsitzende Heidelind Weidenmann den Pseudo-Grünen zugleich "Dilettantismus" bei den Koalitions-Verhandlungen und "Lügen" bei ihren Behauptungen über drohende Regreßforderungen bei einem Bau-Stop für die Moselbrücke vor. Sie vergißt dabei allerdings, daß WählerInnen, die Versprechungen von Partei-PolitikerInnen für bare Münze nehmen, längst den Kontakt zur Realität verloren haben.
Anmerkungen
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Parteitag der Pseudo-Grünen
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