Stuttgart (LiZ). Obwohl die von Heiner Geißler, dem früheren "schwarzen" Generalsekretär unter Helmut Kohl, selbst formulierte Voraussetzung für eine Schlichtung nicht erfüllt ist, fand er sieben Funktionäre, die sich an dem von ihm inszenierten Schauspiel beteiligen wollen. Darunter befinden sich die Pseudo-Grünen Winfried Kretschmann und Werner Wölfle, aber auch Gangolf Stocker, einer der Sprecher des 'Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21' und der Stuttgarter SÖS-Gemeinderat Hannes Rockenbauch. Die Bürgerinitiative der ParkschützerInnen stieg jedoch aus den Vorgesprächen mit Geißler aus, weil der für eine "Schlichtung" nötige Baustop weiterhin von Bahn-Chef Rüdiger Grube und dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Stefan Mappus abgelehnt wird.
Werner Wölfle hatte noch vor wenigen Tagen zu seinem Parteifreund Kretschmann gesagt, Gespäche ohne einen vorherigen Baustop machten keinen Sinn, "sonst macht niemand mit." Und noch am 1. Oktober hatte Gangolf Stocker gesagt: "Herr Mappus will uns die Hand reichen? So wie gestern, mit Schlagstock und Pfefferspray?" Carola Eckstein, Sprecherin der Initiative 'Parkschützer', erklärte: "Mit Falschspielern verhandeln wir nicht." Zudem gelte weiter, daß nur nach einem Baustop Gespräche möglich seien. "Über was sollen wir mit ihm sprechen? Über das Wetter?"
Geißler sagte dagegen heute vor Medien-VertreterInnen: "Wir sind zu einem gemeinsamen Ergebnis gekommen, daß wir diese Schlichtung machen wollen." Rund sechs Stunden lang waren mit viel Medien-Aufgebot Vorverhandlungen inszeniert worden - garniert mit gelegentlichen Nachrichten von einem eventuellen Stop der Vorarbeiten für die Grundwasser-Regulierung, weiterzuführenden Erdarbeiten, verschobenen Rohr-Verlegungen oder Fundament-Betonierungen, die Verwirrung stifteten. Zur gleichen Zeit liefen die Arbeiten für den Bau einer 1000 Quadratmeter großen Halle weiter, in der die Aggregate untergebracht werden sollen, die dazu dienen, das Wasser aus der Baugrube abzupumpen und zu reinigen.
Ein Gutes hat die nun von Geißler begonnene "Schlichtung" jedoch: Die verfehlte und höchst gefährliche Taktik, an wöchentlichen Demonstrationen festzuhalten, kann nun nicht fortgesetzt werden. Allzu bald hätten sich ansonsten in den kommenden Wochen bei der zu erwartenden kompromißlosen Linie von Grube und Mappus allmählich weniger Menschen beteiligt, eine Abwärtsspirale - Schlagzeile: "Der Widerstand bricht zusammen" - wäre in Gang gekommen und die Hoffnung auf eine positive Entscheidung durch die Landtagswahl im März kommenden Jahres hätte für Trost gesorgt. Und während etliche der Funktionäre nun in die von Geißler inszenierte "Schlichtung" eingebunden sind, können sich die Menschen daran machen, demokratische Strukturen für Diskussion und Entscheidungsfindung zu entwickeln, um in Zukunft zu verhindern, daß einige wenige ohne Legitimation in ihrem Namen Verhandlungen führen.
Eine Prognose sei gewagt: Wenn nicht eine Bauplatzbesetzung die Fortsetzung der Arbeiten
blockiert, werden vollendete Tatsachen geschaffen, die einen Ausstieg aus "Stuttgart 21" immer unrealistischer erscheinen lassen. Mit einer Schlichtung wird "Stuttgart 21" nicht verhindert werden. Das bedeutet jedoch für die Zukunft Stuttgarts, daß die Menschen für Jahrzehnte mit einem riesigen Loch in der Mitte leben müssen. Denn irgendwann wird das Projekt wegen Geldmangels eingestellt werden.
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