Berlin (LiZ). Das an der Börse notierte Berliner Solarunter- nehmen Solon mußte Insolvenz anmelden. Es fiel einer Politik der Bundesregierung zum Opfer, die nach wie vor die Atomenergie mit gigantischen Finanzmitteln fördert, während sie einen Atomausstieg lediglich verspricht und zugleich die Alibi-Förderung der erneuerbaren Energien stetig reduziert.
Die Solon AG war bei ihrem Börsengang im Jahr 1998 das erste börsennotierte Unternehmen für Solartechnik in Deutschland. Damit machte sie sich von den dort herrschenden Ansprüchen auf gleichbleibend hohe Rendite abhängig und war in der Folge gezwungen, hohe Kredite aufzunehmen. Dies geht so lange gut, wie ein neuer Markt einen genügend wachsenden Absatz gewährleistet. Doch nun zeigt sich, daß im Falle einer flauen Absatzentwicklung selbst bei großzügigen öffentlichen Krediten sehr schnell die Insolvenz eintreten kann.
Nach wie vor wird in der BRD die Atomenergie mit jährlich rund 14 Milliarden Euro subventioniert. Und die deutsche Kohle-Subvention beläuft auf jährlich 13 Milliarden Euro. Im Vergleich hierzu sind die Fördermittel für erneuerbare Energien mit den in die Menge gestreuten Kamellen eines Kölner Karnevals-Prinzen zu vergleichen.
Auch die großzügige Hilfe des Landes Berlin konnte in der politisch bewußt inszenierten Krise der Solar-Industrie den Untergang der Solon AG, eines der größten Solarmodul-Produzenten in Europa, nicht aufhalten. In den Bau der spektakulären und mehr auf Schein als Sein zielenden Solon-Zentrale in Berlin-Adlershof waren fast elf Millionen Euro an Berliner Steuermitteln geflossen. Eine Fertigungsanlage wurde vom Berliner Senat mit 3,4 Millionen Euro bezuschußt, in diesem Jahr flossen nochmals fünf Millionen in weitere Solon-Projekte. Ein großer Teil dieser Summen wird nun verloren sein. Allein eine Teilbürgschaft des Landes Berlin beläuft sich auf rund 38 Millionen Euro.
Die Solon AG hat bei den GläubigerInnen Schulden von über 400 Millionen Euro und konnte bereits im Jahr 2010 nur durch eine staatliche Bürgschaft vor der Insolvenz bewahrt werden. Neben dem Land Berlin fand sich dann auch der Bund bereit, einen Teil der Bürgschaft zu tragen. Doch dies diente lediglich dazu, die Banken zu animieren, weitere Kredite zur Verfügung zu stellen. Auf der anderen Seite schnürte die Bundesregierung bereits im Herbst 2010 mit der gesetzlich beschlossenen verlängerten Bestandsgarantie für Atomkraftwerke - dem sogenannten Ausstieg aus dem Ausstieg - den erneuerbaren Energien die Luft zum Überleben ab. Nun sind in diesem Jahr zwar 8 von 17 Atom-Reaktoren unter dem Eindruck der Atom-Katastrophe von Fukushima stillgelegt worden. Doch die Gesamtleistung der 8 stillgelegten Atom-Reaktoren ist geringer als die in Deutschland seit vielen Jahren bestehende Überkapazität des für die Stromproduktion bereitstehenden deutschen Kraftwerksparks. Nach wie vor ist Deutschland unterm Strich ein Strom-Exporteur. Und dies bedeutet: Die Nachfrage an Öko-Strom wächst viel zu langsam und die Energie-Wende wird auf diese Weise künstlich gebremst. Am Dienstag verweigerten die Banken nun der Solon AG weitere Kredite.
Bereits im Jahr 2010 sollte die Solon AG saniert werden. Die in den Jahren zuvor aufgebauten Produktions-Kapazitäten waren für einen Milliardenabsatz ausgelegt. Zugleich drängt China mit einer in diesem Bereich weitsichtigeren Politik und einer Dank gigantischer Subventionen erheblich billigeren Produktion auf den Solarmarkt. In China haben Solar-Firmen dank staatlicher Subventionen kein Problem mit Krediten. Einzelne chinesische Solar-Unternehmen können auf Kreditlinien von umgerechnet mehreren Milliarden Euro zugreifen. Diese Firmen drängen mit Dumpingpreisen in den Markt. Bis zu 30 Prozent sanken die Preise in Europa in den ersten neuen Monaten dieses Jahres. In den USA haben die chinesische Solar-Unternehmen nach Angaben des US-Energieministeriums ihren Marktanteil in den vergangenen sechs Jahren von sechs auf 54 Prozent erhöht. Und auch in Europa werfen sie weniger finanzkräftige Konkurrenz-Unternehmen aus dem Rennen. Dies hat jedoch zugleich den Vorzug, daß Solarstrom billiger wird und damit die Nachfrage und der Markt wächst.
Doch in Deutschland hieß es in diesem Jahr, Solon kranke an Überproduktion und ein rigides "Sparprogramm" wurde unter dem als "Sanierer" im Januar 2010 eingesetzten Vorstands-Chef Stefan Säuberlich durchgesetzt. Wie kaum anders zu erwarten wirtschaftete Solon weiter defizitär und schon vor der Insolvenz wurde ein Stellenabbau von 30 Prozent beschlossen.
Ein "Gesundschrumpfen" in einem Umfeld, in dem mangels politischer Marktregulierung nur noch die stärksten Solar-Unternehmen überleben können, bedeutet das Todesurteil. In der Branche wird offen davon geredet, daß in den kommenden Jahren von den Solarmodul-Produzenten in Europa nur ein Drittel überleben wird. In den vergangenen Monaten mußte bereits eine ganze Reihe von Solar-Unternehmen Insolvenz anmelden.
Bei Solon droht nun der Verlust von 811 Arbeitsplätzen, davon 511 in Berlin. Der Anwalt Rüdiger Wienberg wurde vom Charlottenburger Amtsgericht als vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt. In den kommenden Wochen soll Wienberg ein Gutachten erstellen, bei dem es im Kern um die Frage geht, ob Solon eine Chance auf Fortbestand hat oder zerschlagen werden muß. Löhne und Gehälter sind lediglich bis Ende Februar 2012 gesichert.
Anmerkungen
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