20.03.2013

Illegaler Fischfang
Wirft deutscher Super-Trawler Fisch über Bord?

Meere bald leergefischt
Hamburg (LiZ). Das ZDF-Magazin 'Frontal21' berichtete gestern über schwerwiegende Vorwürfe gegen die deutsche Hochseefischerei. Die Crew des Hochseetrawlers 'Jan Maria' soll im großen Stil im Jahr 2012 ihren Fang dadurch aufgewertet haben, daß sie weniger hochpreisigen Fisch aussortiert und über Bord gekippt hat, um Platz für preismäßig attraktiveren Fisch zu schaffen. Zwei Informanten aus der Hochseefischerei bestätigten im Beitrag die Vorwürfe.

Allein bei einer der vier dokumentierten Fangreisen seien mehr als 1.600 Tonnen Hering über Bord geworfen worden, um Platz für wertvollere Fänge zu schaffen. Als 'Upgrading' wird diese Praxis unter der Hand bezeichnet. Die über Bord geworfenen Heringe sind selbstverständlich tot - gehen aber dennoch nicht in die Statistik der Fang-Quote ein. Auch der deutschen Kontrollinstanz, der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) liegt inzwischen das Beweismaterial vor. In dem TV-Beitrag sagt ein Sprecher der Behörde, man nehme die Vorwürfe sehr ernst und habe bereits eine Untersuchung eingeleitet. Die Reederei 'Parlevliet & van der Plaas' streitet alles ab.

Pikant ist auch, daß für die Herings-Hochseefischerei der 'Jan Maria' bereits vor Jahren ein "Nachhaltigkeitssiegel" des Marine Stewardship Council, MSC, vergeben wurde. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, spräche alles dafür, dieses Siegel schnellstmöglich zu entziehen, denn mit Nachhaltigkeit hat diese Art der Fischerei sicherlich gar nichts zu tun. Auf diese Weise werden die Weltmeere schneller leergefischt, als dies bislang selbst die größten KritikerInnen der Hochseefischerei prognostizierten.

Offensichtlich handelt es sich in diesem Fall um eine "Verschwörungstheorie" der anderen Sorte. Während manch Horror-Geschichte daran krankt, daß es einfach unglaubwürdig ist, tausende Beteiligte zum Schweigen vergattern zu könnten - hier ist dies einfach zu erklären: In den Heuer-Verträgen ist laut Recherche von 'Frontal21' folgende Klausel zu finden: Kapitän und Besatzung sind mit 23 Prozent am Erlös beteiligt. Wer aus einer traditionellen Seemanns-Familie stammt, wird nicht einmal zu Hause etwas über die skandalöse Praxis erzählen - nicht nur das schlechte Gewissen, auch das viele Geld "stopft ihm das Maul", wie es so schön heißt.

Doch noch bevor die Vorwürfe aufgeklärt sind, hat die 'Jan Maria' schon am 18. März ihren Heimathafen im niederländischen Ijmuiden verlassen und wieder Kurs auf die Fischgründe genommen. Endet es auch in diesem Fall wie bei so vielen Umwelt-Skandalen nach dem Motto: "Die Kleinen hängt man, die Großen läßt man laufen"?

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Illegaler Fischfang
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      Gefährdet deutsches Institut Wale und Robben?
      (23.01.12)

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