Paris (LiZ). Die französische Regierung hat im vergangenen Sommer den 'Smic' von 9,22 auf 9,40 Euro nominal erhöht und beschloß nun für Januar eine weitere Erhöhung auf 9,43 Euro pro Stunde. Doch es muß sich erst zeigen, ob es sich auch um eine reale Erhöhung handelt und ob damit François Hollande sein Versprechen aus dem Wahlkampf 2011/2012 tatsächlich einlöst.
Die Steigerung zum Januar entspricht lächerlichen 3 Promille und auch die gesamte Erhöhung des französischen Mindestlohns um 21 Cent beläuft sich lediglich auf knapp 2,3 Prozent. Bislang liegt nur die offizielle Inflationsrate 2011 vor - diese wurde mit exakt 2,3 Prozent angegeben. In diesem Jahr soll sie darunter liegen. Doch die offiziellen Preissteigerungs-Statistiken sind - ebenso wie in Deutschland - mit Vorsicht zu genießen. Sie basieren auf einem Warenkorb, der für die unteren Schichten unrealistisch ist, aber reichlich Produkte enthält, die kaum im Preis gestiegen sind.
Bei einer 35-Stunden-Woche werden die rund 2,6 Millionen FranzösInnen, die einen 'Smic'-Lohn beziehen, auf monatlich brutto 1.430 Euro kommen. 32 Euro mehr als vor einem Jahr. Der pseudo-sozialistische Präsident François Hollande hatte die Erhöhung des Mindestlohns im Wahlkampf versprochen. Ob es sich bei den 32 Euro um eine reale Erhöhung handelt, wird sich erst mit der Bekanntgabe der Inflationsrate des Jahres 2012 erweisen.
Immerhin ist Frankreich - neben den meisten anderen europäischen Staaten - gegenüber Deutschland vorbildlich. Die französischen Gewerkschaften konnten sogar gegenüber dem neoliberalen Präsidenten Nicolas Sarkozy Erhöhungen des 'Smic' durchsetzen, während der deutsche Gewerkschaftsbund DGB selbst einzelne Branchen-Mindestlöhne nicht als eigenen Erfolg verbuchen kann, weil sie ihm in den Schoß gelegt wurden. Und obwohl in der sieben Jahre währenden "rot-grünen" Amtzeit von Kanzler Gerhard Schröder kein Mindestlohn zustandekam, verspricht Peer Steinbrück, Schröder-Adept und heutiger SPD-Kanzlerkandidat, ungeniert dessen Einführung.
Mit wenig Engagement vertritt der DGB die Forderung nach einem Mindestlohn von 8,50 Euro. Dabei handelt es sich im europäischen Vergleich um einen Dumpinglohn.
Hier zum Vergleich (Stand Januar 2012):
Belgien
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8,75 Euro
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Niederlande
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8,88 Euro
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Frankreich
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9,22 Euro
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Luxemburg
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10,41 Euro
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(der höchste Mindestlohn in Europa)
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Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
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Eis in der Sonne (20.05.12)
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