Ahaus (LiZ). Zu ihrer bundes- weiten Frühjahrs-Konferenz hatten sich Atomkraft-GegnerInnen am Wochenende im westfälischen Ahaus getroffen. "Ein Treppenwitz der Geschichte" ist nach deren Auffassung die jüngste Idee, die Atomenergie an den Tropf der EU-Subventionen zu hängen. In einer Abschluß-Resolution wurde zudem der von der Bundesregierung verkündete "Neustart der Endlagersuche" als unseriös zurückgewiesen.
Felix Ruwe, Sprecher der BI "Kein Atommüll in Ahaus", wies bei der Medien-Konferenz am Sonntagmittag darauf hin, daß nach der Reaktor-Katastrophe von Fukushima in Japan fast alle der 54 Atomreaktoren abgeschaltet wurden, in Deutschland acht von 17. "Wenn wir keine weiteren Tschernobyls und Fukushimas wollen, dann müssen alle Atomkraftwerke stillgelegt werden," so Ruwe, als er die Abschluß-Resolution der Konferenz bekanntgab. "In Deutschland und weltweit und am besten sofort. Und daran arbeiten wir weiter."
An drei Tagen hatten sich Atomkraft-GegnerInnen aus ganz Deutschland über Themen wie Atommüll und sogenannte Endlagerung, Atomstrom und Geldströme, gesellschaftliche Perspektiven, Rückbau von Atomanlagen bis hin zu Theologie und Widerstand diskutiert und untereinander ausgetauscht. Sie hörten Vorträge und trafen sich in Arbeitsgruppen. Unter den Vorträgen stach der des früheren Mitarbeiters am Kernforschungszentrum Jülich Rainer Moormann heraus, der Details enthielt, die selbst abgebrühte Atomkraft-GegnerInnen schockierte. So war etwa der Thorium-Hochtemperatur-Reaktor (THTR) Hamm-Uentrop zeitweise mit extrem überhöhten Temperaturen betrieben worden.
Keine Chancen geben die Atomkraft-GegnerInnen dem sogenannten Endlagersuchgesetz, das derzeit zwischen Bund und Ländern verhandelt wird. Felix Ruwe erläuterte: "In Sachen Atommüll gibt es ja ein in vielen Jahrzehnten gewachsenes Mißtrauen gegen Politik und Wissenschaft. Aber statt daraus Konsequenzen zu ziehen und sich einer offenen gesellschaftlichen Auseinandersetzung zu stellen, führen die Parteien schon wieder Verhandlungen hinter verschlossenen Türen. Es kann doch jetzt nicht darum gehen, einen neuen Ort zu suchen, an dem man wieder alles falsch macht."
Weiter heißt es in der von Ruwe vorgestellten Resolution: "Wenn die Bundesregierung in der öffentlichen Diskussion über Atommüll wieder ernst genommen werden will, muß sie erst mal einen seriösen Umgang mit ihren eigenen Fehlern der vergangenen Jahrzehnte an den Tag legen. Dazu gehört etwa die Räumung des Atommülls aus den desaströs gescheiterten Endlagerprojekten Asse II und Morsleben und die Aufgabe der lediglich politisch motivierten Endlager-Standorte Gorleben und Schacht Konrad. Und wenn man in Zukunft dann irgendwann mal ernsthaft darüber reden will, einen neuen Standort mit dem Atommüll zu belasten, dann wird man den Menschen die dort leben auch das Recht einräumen müssen, Nein zu sagen oder Bedingungen an die Sicherheit zu stellen."
Der Umgang mit dem Atommüll war ein Hauptthema der Frühjahrs-Konferenz. Diese Diskussion wollen die Atomkraft-GegnerInnen am 23. Juni auf einer Fachtagung in Kassel fortsetzen. Dort soll es um eine Bestandsaufnahme gehen, welcher Atommüll in Deutschland produziert wird und wo er derzeit provisorisch gelagert wird.
Weiteres Thema der Konferenz war das Forschungszentrum Jülich, die Erfahrungen und das Entsorgungsfiasko des dort havarierten Kugelhaufenreaktors THTR. Diese Technik dürfe nicht weiter entwickelt und exportiert werden. Gefordert wurde auch ein Ende "jeglicher Reaktorentwicklung und Transmutationsforschung in Jülich." Statt dessen sei Forschungs- und Entwicklungsarbeit nötig mit dem Ziel der Schadensbegrenzung, wo immer das möglich sei. Die Atomkraft-GegnerInnen forderten die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses des nordrhein-westfälischen Landtages zur Klärung der Vorgänge bei Betrieb und Abwicklung der Reaktoren in Jülich und Hamm-Uentrop und ebenso die Erstellung von Kinderkrebsstudien an allen Standorten von Atomanlagen. Zahlen sollen hierfür die Anlagenbetreiber.
Bei der Vorstellung der Resolution wies Felix Ruwe auf einige Termine von bundesweiter Bedeutung hin:
Die Jahreshauptversammlung von RWE in Essen wird von einem Protestcamp am 18.-19. April begleitet
Einige Gruppen wollen die atompolitische Auseinandersetzung rund um die nordrhein-westfälischen Wahl führen. Die Umweltschutz-Organisation 'Robin Wood' lädt zu einer Aktionstour vom 8. -12. Mai nach Bonn, Köln, Bielefeld, Münster und Düsseldorf ein. Für den 2. Juni ist eine Demonstration in Düsseldorf in der Diskussion.
Bundesweit Aktionen zum Tschernobyl-Jahrestag, so beispielsweise am 21. bis 25. April: "Karawane gegen Grohnde" von Göttingen nach Hameln und Demonstration in Gorleben am Samstag, 28. April.
Von Protesten und Aktionen soll auch die "Jahrestagung Kerntechnik" in Stuttgart am 22. bis 24. Mai begleitet werden.
Gruppen der Anti-AKW-Bewegung beteiligen sich an den europäischen Aktionstagen in Frankfurt vom 16. bis 19. Mai (blockupy-frankfurt.org)
Schließlich wurde auf die diesjährige Herbst-Konferenz der Anti-AKW-Bewegung hingewiesen, die im Oktober in Berlin stattfinden soll.
Anmerkungen
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