Datenschutz nach Lockheed-Martin-Hack nicht mehr gewährleistet
London (LiZ). Der mit der Durchführung der Volkszählung "Zensus 2011" in Großbritannien betraute US-Rüstungs-Konzern Lockheed Martin wurde am 21. Mai gehackt. 62 Millionen BritInnen müssen um die Sicherheit ihrer Daten fürchten und schließen sich vermehrt dem Boykott an. Die europaweite Volkszählung steht in Großbritannien auf der Kippe.
Offenbar steht das Eindringen von Hackern in das Computer-System des US-amerikanischen Rüstungs-Konzerns Lockheed Martin in Zusammenhang mit dem vorangegangenen Hacker-Angriff auf einen weltmarktführenden Anbieter von IT-Sicherheitstechnologie. IT-ExpertInnen weisen darauf hin, daß vergleichbare Angriffe auch bei der zentralen Speicherung der Daten möglich ist, die beim "Zensus 2011" gewonnen werden. Einer der schwerwiegendsten Kritikpunkte an der Vollerfassungen der Bevölkerungen bei Volkszählungen ist das unvermeidliche Risiko, das beim Sammeln umfänglicher sensibler Daten und deren zentraler Speicherung entsteht.
Bereits im Februar haben rund 7 Millionen BritInnen erklärt, sich der Volkszählung zu widersetzen. Im März wurde bekannt, daß einer der weltmarktführenden Anbieter von IT-Sicherheitskomponenten, Verschlüsslungs- und Authentifizierungssoftware, die US-amerikanische RSA Security Inc., Opfer eines professionellen Hacker-Angriffs geworden ist. Bei diesem Angriff erbeuteten Hacker offenbar hochsensible Informationen über die bei den Sicherheits-Systemen zahlreicher internationaler Konzerne eingesetzten Computer-Verschlüsselungssysteme. Vermutlich wurde das bei diesem Angriff erlangte Knowhow bei der Hacker-Attacke am 21. Mai eingesetzt. Damit dürften nach Ansicht von IT-ExpertInnen die IT-Systeme der weltweit bedeutendsten Großkonzerne und Rüstungsunternehmen ein ernsthaftes Sicherheitsproblem haben. Spekuliert wird zudem darüber, daß möglicherweise auch das US-Rüstungs-Ministerium im Pentagon zu den RSA-Kunden zählt.
Brisant ist die Tatsache, daß das US-Rüstungsunternehmen Lockheed Martin mit der Volkszählung in Großbritannien betraut ist. So werden die ausgefüllten Fragebögen der BritInnen durch Lockheed Martin erfaßt:
http://www.lockheedmartin.com/news/press_releases/2008/0828_lmuk-2011-census.html
Die Hacker-Attacke auf Lockheed Martin bestätigt die Argumente der Volkszählungs-GegnerInnen, daß auch in Deutschland die entsprechend den gesetzlichen Vorgaben zentral gespeicherten Daten nicht zuverlässig geschützt werden können. "Selbst Hochtechnologie-Konzerne wie Lockheed Martin oder Sony sind nicht in der Lage, ihre Rechnersysteme zuverlässig zu schützen," kommentiert Michael Ebeling von der Bürgerinitiative Arbeitskreis Zensus die aktuellen Meldungen.
Deutsche DatenschützerInnen haben ihre Kritik am "Zensus 2011" in einer "Gemeinsamen Erklärung zum Zensus 2011" im Internet veröffentlicht:
http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/images/B%C3%BCndnisaufruf.pdf
Auf dem Internet-Portal www.zensus11.de stellen KritikerInnen Informationen und Hilfestellungen zur Verfügung. Außerdem werden an dieser Stelle auch Beschwerden und Klagen dokumentiert.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Hacker-Attacke auf
Rüstungs-Konzern Lockheed Martin (28.05.11)
Volkszählungs-Propaganda
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Server beschlagnahmt (20.05.11)
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Daten-Skandal
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Zweiter Anlauf
zur Internet-Zensur (11.04.11)
Erfolg gegen Internet-Zensur
Das Gesetz zur Sperrung von Internet-Seiten fällt
(5.04.11)
Volkszählung "Zensus 2011"
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