Erfurt (LiZ). Laut neuesten Informationen gab es am 8. März 1999 einen telefonischen Kontakt des V-Manns des Thüringer "Verfassungsschutzes" Tino Brandt zu der im Januar 1998 untergetauchten Neonazi-Terror- bande um Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos. Der 'spiegel' stellt die abenteuerliche These auf, die Lokalisierung Böhnhardts sei nicht möglich gewesen, weil Brandts Telefon nicht abgehört worden sei.
Immer mehr Hinweise kommen zutage, daß zumindest Teile des Thüringer Verfassungsschutzes mit der im Januar 1998 untergetauchten Neonazi-Terrorbande unter einer Decke steckten. So wurde am 20. Dezember publik, daß Mitarbeiter des Thüringer "Verfassungsschutzes" die Ermittlungen der Polizei sabotierten, indem sie 1999 Tino Brandt darüber informierten, daß die Polizei ihn aus einer angemieteten Wohnung in der Nähe seines Rudolstädter Hauses heraus überwachte. Außerdem wurde er darüber informiert, welche Zivilfahrzeuge die Polizei benutzt, um ihn zu beschatten. (Siehe unseren Artikel vom 20.12.11)
Die Verstrickung von Beamten des Thüringer "Verfassungsschutzes" mit der Neonazi-Terrorbande wird immer deutlicher sichtbar. Der V-Mann des Thüringer "Verfassungsschutzes" Tino Brandt - gleichzeitig Anführer der Neonazi-Organisation "Thüringer Heimatschutz" - hatte offenbar 1999 direkten telefonischen Kontakt zu Uwe Böhnhardt. Bei einem solchen Telefonat - die Mitschnitte wurden zwar zwischenzeitlich vernichtet, doch es sollen Mitschriften erhalten sein - habe Böhnhardt Brandt um Hilfe gebeten und sich zugleich über die Unzuverlässigkeit anderer Helfer beschwert. So habe der Jenaer Neonazi André K. von dem gesammeltem Geld, das für die Untergetauchten bestimmt war, einen Teil unterschlagen.
Äußerst interessant ist der Inhalt der Mitschrift in Hinblick auf bisherige offizielle Erklärungsversuche: Daraus geht hervor, daß Tino Brandt Hilfe bei der Beschaffung von Pässen anbot - und Böhnhardt geantwortet habe, die Bande verfüge bereits über gefälschte Pässe. Noch vor vier Tagen (siehe unseren Artikel vom 18.12.11) hatte es geheißen, im Jahr 2000 seien mehr als 2000 Mark für gefälschte Pässe an die Neonazi-Terrorbande geflossen. Dies jedoch allein zu dem Zweck, deren Aufenthaltsort auszukundschaften. Der Plan sei allerdings gescheitert, weil der Thüringer "Verfassungsschutz" vergessen habe, die Meldeämter in Sachsen einzuweihen und so habe die Bande nicht entdeckt werden können. Doch schon am 18. Dezember hatte sich die Frage aufgedrängt, warum erfolgreiche Bankräuber Geld nötig gehabt haben sollen, um sich gefälschte Ausweise zu besorgen.
Außerdem geht aus der Mitschrift hervor, Böhnhardt habe gegenüber Brandt einen Anruf des Rechtsanwalts Hans-Günter Eisenecker angekündigt. Der in der Neonazi-Szene bekannte Anwalt und damaligen NPD-Bundesvize hatte zugleich als Justiziar für die Partei gearbeitet und war auch NPD-Landesvorsitzender in Mecklenburg-Vorpommern. Wenn Eisenecker das Codewort "19 Uhr" benutze, solle Brandt den Jenaer Neonazi Ralf Wohlleben kontaktieren. Wohlleben war Ende November in Jena als mutmaßlicher Unterstützer der Neonazi-Terrorbande verhaftet worden, weil er im Verdacht steht, den Untergetauchten eine Waffe und Munition beschafft zu haben.
Doch angeblich habe der "Verfassungsschutz" dieses Gespräch nicht abgehört und deshalb den Aufenthaltsort der Neonazi-Terrorbande nicht feststellen können. Mittlerweile verbreitete der Thüringer "Verfassungsschutz" die Information, daß Beweismittel aus früheren Ermittlungen gegen Neonazi-Terrorbande unwiederbringlich verloren seien. Sowohl die im Januar 1998 sichergestellten Rohrbomben als auch Abhörbänder seien bereits im Jahr 2003 vernichtet worden.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Weitere Hinweise auf Terror-Beihilfe
durch Staatsorgane (20.12.11)
Wie kam die Neonazi-Terrorbande
zu gefälschten Pässen? (18.12.11)
Neonazi-Terrorbande
Die Spur führt nach Ludwigshafen (17.12.11)
Bericht eines US-Geheimdienstes:
Deutsche Agenten in Mord an Polizistin verwickelt
(30.11.11)
Witz der Woche
Was würde wohl die Neonazis härter treffen...
(23.11.11)
Neonazi-Zelle für versuchten
Terror-Anschlag 1997 verantwortlich?
Viele Hinweise auf Geheimdienst-Verwicklung
(20.11.11)
Festnahme der Neonazi-Zelle 1999 gestoppt
Befehl von "oben" (18.11.11)
V-Mann "Kleiner Adolf"
war in Kassel bei Mord zugegen (15.11.11)
Neonazi-Terroristen
Pässe vom Geheimdienst? (13.11.11)
Trojaner-Skandal weitet sich aus
"Big Brother" kann noch mehr (19.10.11)
0zapftis - CCC analysiert "Bundes-Trojaner"
Verfassungsignoranz und Dilettantismus (8.10.11)
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(23.05.09)
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