14.01.2014

Profit statt Kinder
Gift in Kinderbekleidung

Die Zukunft der Menschheit
Hamburg (LiZ). Nahezu alle Marken namhafter Hersteller sind vertreten. Überall fand Green­peace Gift in Kinderbekleidung. Manche Textilien waren höher belastet als es der Grenzwert für Spielzeug zuläßt. Artikel von Luxus-Marken sind genauso schlecht wie solche von Billig-Labels.

Im August vergangenen Jahres entdecke 'Öko-Test' gefährliche Weichmacher in Fingerfarben. Im September deckte das NDR-Verbrauchermagazin 'Markt' auf, daß das Krebs-Gift Benzol nicht selten in Karotten-Babybrei und Karottensaft steckt. Im November warnte das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) vor Weichmachern in Buntstiften und lackiertem Holzspielzeug. Und eine Woche darauf schlug die Stiftung Warentest Alarm, nachdem sie Formaldehyd, Blei, Kohlenwasserstoff-Verbindungen vom Typ PAK und andere gefährliche Stoffe in jedem zweiten der untersuchten Holzspielsachen gefunden hatte. Und im Januar wurde bekannt, daß die Kinderarmut in Deutschland weiter zunimmt (Siehe unsere Artikel v. 30.08.13, v. 16.09.13, v. 13.11.13, 21.11.13 und v. 9.01.14). All dies bestätigt erneut, daß Deutschland weltweit zu den kinderfeindlichsten Staaten zählt.

Offenbar gibt es in Hinblick auf die Vergiftung der eigenen Kinder in Deutschland auch keine Klassenunterschiede: "Edelware" teurer Marken-Produzenten und "Sport­bekleidung" für Kinder ist ebenso wie Kinderklamotten von den Wühltischen der großen Handelsketten mit Schadstoffen belastet. Weichmacher, Nonylphenolethoxylate (NPE) oder per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC) - alles findet sich in den Textilien. Manche dieser Stoffe wirken laut Greenpeace wie Hormone, andere begünstigen Krebs oder verseuchen das Wasser in den Produktions-Ländern. Ein hoher Preis bedeutet keinerlei Garantie. Eltern, die sich um die Gesundheit ihrer Kinder Sorgen machen, können sich lediglich bei ökologisch produzierter Bekleidung sicher fühlen.

Greenpeace-Experte Manfred Santen zog das Fazit: "Teure Klamotten sind nicht sauberer produziert als billige. Der teure Kinderbadeanzug von Burberry war genauso belastet wie der billige von Primark. Der Badeanzug von Adidas war sogar am stärksten verunreinigt."

Die Belastung durch Weichmacher war in zwei der getesteten Bekleidungsstücke - einem T-Shirt der Modekette Primark sowie einem Baby-Body von American Apparel - so hoch, daß die Konzentrationen den für Spielzeug geltenden Grenzwert überschritten. Das Vorkommen solch hoher Werte in Kinderspielzeug ist nach EU-Recht verboten - aber für Kinderkleidung gilt die Regelung nicht. Insgesamt fand Greenpeace in 33 von 35 getesteten Kleidungsstücken mit Plastisol-Aufdrucken Weichmacher vom Typ Phthalate. Seit einigen Jahren sind diese Substanzen in der EU in Kinderspielzeug verboten. Phthalate stehen im Verdacht, wie manche Hormone Übergewicht und Unfruchtbarkeit hervorzurufen. Daß sich chemische Stoffe wie Phthalate in Bekleidung finden, ist allein eine Folge geringerer Produktionskosten und daher des kapitalistischen Zwangs zur Maximierung der Profite.

In Adidas-Produkten fanden sich vor allem PFC-Chemikalien, so etwa die als krebserregend geltenden Perfluoroctansäure (PFOA) oder Chemikalien, die zu PFOA abgebaut werden können. PFC stehen außerdem im Verdacht, das Immunsystem und die Fruchtbarkeit zu beeinträchtigen und können zu Schilddrüsen-Erkrankungen führen. Ein Badeanzug enthielt laut Greenpeace 15 Mikrogramm PFOA pro Quadratmeter. Damit überschritt er das von Adidas selbst gesetzte und lauthals verkündete Limit für PFOA um das Fünfzehnfache. Auch in Kleidungsstücken von Marken wie Nike, Puma, Burberry und H&M stellte Greenpeace diese Stoffe fest.

In 50 von 82 untersuchten Artikeln fand Greenpeace Nonylphenolethoxylate (NPE). Diese Chemikalie wird in der Umwelt zu Nonylphenol abgebaut, das hormonell wirksam und vor allem für Wasserorganismen schädlich ist. In einem Shirt der Luxusmarke Burberry fand Greenpeace mit 780 Milligramm pro Kilogramm vergleichsweise große Mengen NPE. Doch auch diese Konzentration wurde noch übertroffen: in Schuhen von C&A und Kleidungsstücken von Disney und American Apparel.

Mit der aktuellen Studie setzt Greenpeace die 'Detox-Kampagne' fort - Detox steht für Entgiftung. Der "Erfolg" dürfte allerdings ähnlich wie beim Doping im sogenannten Hochleistungssport darin bestehen, daß die heute bekannten gefährlichen Substanzen nach einem Verbot durch andere - möglicherweise noch gefährlichere - ersetzt werden. Dies wird sich nicht ändern, solange der Kapitalismus fortbesteht.

Ebenso wie mit Hilfe der Energie-Wende besteht allerdings auch im Bereich der Textilien die Möglichkeit, den Kapitalismus zurückzudrängen: Doch wie in der Anfangszeit der Solarzellen vor dreißig Jahren, ist der Griff nach Kinderkleidung aus ökologischer Produktion noch relativ teuer. Greenpeace-Experte Santen empfiehlt, "beim Kauf auf Textil-Siegel vom Internationalen Verband der Naturtextilwirtschaft IVN oder vom Global Organic Textile Standard GOTS zu achten."

Daß auch bei Geschäftsleuten in aller Regel der Profit mehr wiegt als die Gesundheit von Kindern, darf angesichts der Politik von " Rot-Schwarz-Grün" nicht verwundern: Nach wie vor dürfen in Deutschland neun Atom-Reaktoren betrieben werden, obwohl in deren Umgebung Kinder an Leukämie sterben.

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Soziale Kälte in Deutschland
      Ein halber Mantel für frierende Kinder? (9.01.14)

      Profit statt Kinder - Stiftung Warentest
      schlägt Alarm bei Holzspielzeug (21.11.13)

      Profit statt Kinder
      Spielzeug mit Weichmachern belastet (13.11.13)

      Kinderarmut in Deutschland
      Unicef klagt an (25.10.13)

      Profit statt Kinder
      Krebs-Gift im Babybrei (16.09.13)

      Profit statt Kinder
      Fingerfarben enthalten gefährliche Stoffe (30.08.13)

      AKW Gundremmingen bedroht
      weiterhin Süddeutschland (15.08.13)

      AKW Philippsburg bedroht
      weiterhin Region Karlsruhe (10.08.13)

      Brennelemente-Tausch
      Radioaktives Jod über AKW Gundremmingen (12.11.11)

      Giftige Gummistiefel für Kinder
      (30.08.11)

      Kinderkrebs im Umkreis von Atomkraftwerken
      deutlich erhöht (4.08.11)

      Merkels "Atom-Ausstieg"
      Täuschungsversuch wie vor 11 Jahren (30.05.11)

      Deutschland ist Spitze
      bei der Kinderfeindlichkeit (20.09.10)

      Bundessozialgericht:
      Arme Kinder sollen dumm bleiben (20.08.10)

      Nachwuchs ohne Zukunfts-Chance
      Immer mehr Kinder kommen unter die Räder (1.06.10)

      Phthalate im Plastik und Spielzeugpanzer
      Werden unsere zukünftigen Männer verweichlicht?
      (16.11.09)

      Hormon-Chemie in Babyschnullern
      Gefährliches Bisphenol-A entdeckt (1.10.09)

      Kindes-Mißhandlungen in Deutschland nehmen zu
      Ministerin von der Leyen enttarnt (2.07.09)

      Krebsgefahr:
      Pestizide in Kirschen (15.06.09)

      Krebsgefahr durch Badelatschen
      Weichmacher im Gummi (1.04.09)

      Hormone im Mineralwasser
      Plastikflaschen nach wissenschaftlicher Studie in der Kritik
      (12.03.09)

      Kinderarmut in Deutschland
      Verwirrspiel mit statistischen Zahlen (22.06.08)

      Kinderarmut in Deutschland mittelmäßig?
      Stärkere Umweltbelastung von Kindern der Unterschicht
      (27.05.08)

      Krebs-Häufung in der Nähe von AKWs
      Neue Studie im Auftrag des
      Bundesamtes für Strahlenschutz (7.12.07)

      2,7 Millionen Kinder in Deutschland
      mit ALG II nicht ausreichend versorgt (13.08.07)

      Skandal: Hormon-Chemie in
      Baby-Nahrung und Kinder-T-Shirts (30.07.07)

      UN-Studie: Deutschland Spitze in Kinderfeindlichkeit
      Stärkster Anstieg bei Kinderarmut (2.03.05)

      Chemie im Blut von Kindern (30.10.04)

      Weiche Babys Dank Phthalat
      Giftige Weichmacher deutscher Firmen
      in Medizinprodukten (23.06.04)

      Gift in Schwimmringen und Badelatschen (29.06.04)

      Gefahren durch Kunststoffe
      Weichmacher gefährlicher und weiter verbreitet
      als vermutet (9.04.04)

      Nach wie vor werden in Deutschland
      Kinderrechte mit Füßen getreten (16.01.04)

      Kindersklaven für Bayer,
      Monsanto, Unilever & Co. (5.08.03)

      Schwimmhilfen mit horrenden Giftmengen
      Fast alle Schwimmflügel und Schwimmringe
      "ungenügend" getestet (5.07.03)

      Gift im Geld
      Das Hormongift Tributyzinn (TBT) ... (9.01.02)