Berlin (LiZ). Der sogenannte Rat der Wirtschafts-Weisen, der sich schon in den vergangenen Jahren durch Fehl-Prognosen zur Genüge blamiert hat, macht sich nun völlig lächerlich: Mit drei Behauptungen, die anhand kaum zu leugnender Tatsachen leicht zu widerlegen sind.
Erstens behaupten die "Wirtschafts-Weisen" in ihrer Polemik gegen einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro, dieser sei "in dieser Höhe im internationalen Vergleich sehr hoch" - so wortwörtlich Christoph Schmidt, der Vorsitzende des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (wie die "Wirtschafts-Weisen" formell bezeichnet werden).
Tatsächlich wäre ein Mindestlohn von 8,50 Euro in Deutschland im europäischen Vergleich keineswegs als "sehr hoch", sondern im Gegenteil als Dumpinglohn zu bezeichnen. In vielen europäischen Staaten gilt ein flächendeckender Mindestlohn weit über der in Deutschland verhandelten Höhe:
Luxemburg
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11,10 Euro
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Frankreich
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9,43 Euro
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Belgien
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9,10 Euro
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Niederlande
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9,07 Euro
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Irland
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8,65 Euro
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(Stand: 29.10.2013 - Siehe auch unseren Artikel v. 18.10.13)
Zweitens behaupten die "Wirtschafts-Weisen", die Einkommensverteilung habe sich in Deutschland seit 1991 nicht signifikant verschlechtert. Tatsächlich jedoch nimmt die Geschwindigkeit sogar zu, mit der sich Oben und Unten voneinander entfernen. Und seit dem Jahr 2000 nimmt das Tempo in keinem anderen Industriestaat schneller zu als in Deutschland (Siehe auch unseren Artikel v. 22.07.13).
Drittens behaupten die "Wirtschafts-Weisen", die Mittelschicht habe sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten kaum verändert. Tatsächlich jedoch zeigen alle soziologischen Studien der vergangenen Jahre unisono auf, daß die Mittelschichten immer mehr ausdünnen und immer mehr BezieherInnen mittlerer Einkommen sozial absteigen oder gar wegen Überschuldung auf Hartz-IV-Niveau abstürzen.
Allein mit Polemik, neoliberalen Parolen und einem Loblied auf die Agenda-2010-Politik der "rot-grünen" Schröder-Regierung ein "Jahresgutachten" vollzuschreiben ist reichlich dürftig. Und indem die "Wirtschafts-Weisen" dreist Einfluß auf die derzeit laufenden Koalitions-Verhandlungen zu nehmen versuchen, überschreiten sie eindeutig ihre gesetzlich vorgegebenen Grenzen. Im "Gesetz über die Bildung eines Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung", das gerade fünfzig Jahre alt geworden ist, heißt es wenig mißverständlich, dieses Gremium dürfe "keine Empfehlungen für bestimmte wirtschafts- und sozialpolitische Maßnahmen aussprechen".
Es darf auch daran erinnert werden, daß sich bereits anhand der Fehl-Prognosen der vergangenen Jahre die mangelnde ökonomische Kompetenz dieser "Wirtschafts-Weisen" offenbarte. Sie hatten weder den Beginn der Weltwirtschaftskrise im Juli 2007 mit dem Platzen der Immobilien-Blase in den USA vorhergesehen, noch den ökonomischen Einbruch in Deutschland im Jahr 2009 mit einem Schrumpfen der BIP um offizielle (vom Bundesamt für Statistik kleingerechnete) 5,1 Prozent. Vorhergesagt hatten sie für das Jahr 2009 ein gegenüber 2008 konstantes BIP (0,0 Prozent).
Und zum Schluß sei festgehalten: Für das kommende Jahr prognostizieren die "Wirtschafts-Weisen" ein Wirtschaftswachstum von 1,6 Prozent.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
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Die Krise spitzt sich zu (7.11.13)
Mehrheit will Mindestlohn
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Deutschland immer tiefer im Sog (5.07.13)
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Wachstum oder Rezession? (18.04.13)
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