14.11.2013

Die Voodoo-Wissenschaft
der "Wirtschafts-Weisen"

Voodoo-Wissenschaft
Berlin (LiZ). Der sogenannte Rat der Wirtschafts-Weisen, der sich schon in den vergangenen Jahren durch Fehl-Prognosen zur Genüge blamiert hat, macht sich nun völlig lächerlich: Mit drei Behauptungen, die anhand kaum zu leugnender Tatsachen leicht zu widerlegen sind.

Erstens behaupten die "Wirt­schafts-Weisen" in ihrer Polemik gegen einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro, dieser sei "in dieser Höhe im internationalen Vergleich sehr hoch" - so wortwörtlich Christoph Schmidt, der Vorsitzende des Sachverständigen­rates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (wie die "Wirtschafts-Weisen" formell bezeichnet werden).

Tatsächlich wäre ein Mindestlohn von 8,50 Euro in Deutschland im europäischen Vergleich keineswegs als "sehr hoch", sondern im Gegenteil als Dumpinglohn zu bezeichnen. In vielen europäischen Staaten gilt ein flächendeckender Mindestlohn weit über der in Deutschland verhandelten Höhe:

Luxemburg

11,10 Euro

Frankreich

9,43 Euro

Belgien

9,10 Euro

Niederlande

9,07 Euro

Irland

8,65 Euro

(Stand: 29.10.2013 - Siehe auch unseren Artikel v. 18.10.13)

Zweitens behaupten die "Wirtschafts-Weisen", die Einkom­mensverteilung habe sich in Deutschland seit 1991 nicht signifikant verschlechtert. Tatsächlich jedoch nimmt die Geschwindigkeit sogar zu, mit der sich Oben und Unten voneinander entfernen. Und seit dem Jahr 2000 nimmt das Tempo in keinem anderen Industriestaat schneller zu als in Deutschland (Siehe auch unseren Artikel v. 22.07.13).

Drittens behaupten die "Wirtschafts-Weisen", die Mittelschicht habe sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten kaum verändert. Tatsächlich jedoch zeigen alle soziologischen Studien der vergangenen Jahre unisono auf, daß die Mittelschichten immer mehr ausdünnen und immer mehr BezieherInnen mittlerer Einkommen sozial absteigen oder gar wegen Überschuldung auf Hartz-IV-Niveau abstürzen.

Allein mit Polemik, neoliberalen Parolen und einem Loblied auf die Agenda-2010-Politik der "rot-grünen" Schröder-Regierung ein "Jahresgutachten" vollzuschreiben ist reichlich dürftig. Und indem die "Wirtschafts-Weisen" dreist Einfluß auf die derzeit laufenden Koalitions-Verhandlungen zu nehmen versuchen, überschreiten sie eindeutig ihre gesetzlich vorgegebenen Grenzen. Im "Gesetz über die Bildung eines Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamt­wirtschaftlichen Entwicklung", das gerade fünfzig Jahre alt geworden ist, heißt es wenig mißverständlich, dieses Gremium dürfe "keine Empfehlungen für bestimmte wirtschafts- und sozialpolitische Maßnahmen aussprechen".

Es darf auch daran erinnert werden, daß sich bereits anhand der Fehl-Prognosen der vergangenen Jahre die mangelnde ökonomische Kompetenz dieser "Wirtschafts-Weisen" offenbarte. Sie hatten weder den Beginn der Weltwirtschaftskrise im Juli 2007 mit dem Platzen der Immobilien-Blase in den USA vorhergesehen, noch den ökonomischen Einbruch in Deutschland im Jahr 2009 mit einem Schrumpfen der BIP um offizielle (vom Bundesamt für Statistik kleingerechnete) 5,1 Prozent. Vorhergesagt hatten sie für das Jahr 2009 ein gegenüber 2008 konstantes BIP (0,0 Prozent).

Und zum Schluß sei festgehalten: Für das kommende Jahr prognostizieren die "Wirtschafts-Weisen" ein Wirtschafts­wachstum von 1,6 Prozent.

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      EZB senkt Leitzins
      Die Krise spitzt sich zu (7.11.13)

      Mehrheit will Mindestlohn
      "S"PD in der Klemme (18.10.13)

      Mindestlohn in 21 EU-Staaten
      Ausnahme: Deutschland (6.08.13)

      Die Kluft zwischen Arm und Reich wächst
      21 Billionen US-Dollar unbesteuert (22.07.13)

      BUND gegen Freihandelsabkommen
      Geheimverhandlungen auf Kosten von Umwelt
      und VerbraucherInnen (13.07.13)

      In einer realen Marktwirtschaft
      müßten die Strompreise sinken (12.07.13)

      Industrieproduktion bricht ein
      Deutschland immer tiefer im Sog (5.07.13)

      Konjunktur-Prognosen 2013 und 2014
      Wachstum oder Rezession? (18.04.13)

      Industrie-Produktion in der Euro-Zone
      schrumpft deutlich (13.03.13)

      EU-Wirtschaft bricht ein
      Deutsches BIP im vierten Quartal mit Minus (14.02.13)

      US-Wirtschaft schrumpft
      Deficit spending war Strohfeuer (30.01.13)

      Währungskrieg?
      Japan zum Sündenbock für Inflation auserwählt
      (29.01.13)

      Opel zerbröselt
      GM würgt das Werk in Bochum langsam ab (10.12.12)

      Deutsche Auto-Industrie in der Krise
      EU-Wirtschaft schrumpft (18.09.12)

      Industrieproduktion in USA und BRD schwächelt
      Auto-Industrie bemäntelt Krise (24.07.12)

      Panik-Aktion
      EZB senkt Leitzins unter 1 Prozent (5.07.12)

      Zypern pleite
      Der fünfte EU-Staat unter dem Rettungsschirm (26.06.12)

      Fette Spritze von Bernanke
      Das 267-Milliarden-Doping (20.06.12)

      Spanien pleite
      Sonderkonditionen für Rettungsschirm (9.06.12)

      Neues spanisches Geldinstitut Bankia
      verschlingt 19 Milliarden Euro (25.05.12)

      ...und vom IWF noch ein Schirm
      Volumen: 1 Billion US-Dollar (20.04.12)

      Spaniens beschleunigter Niedergang
      trotz Milliardenhilfen im November (19.04.12)

      Weltwirtschaftskrise
      Deutschland ein Stück tiefer im Sog (28.03.12)

      Was macht den Menschen gierig?
      "Denn wo dein Schatz ist..." (27.02.12)

      Banken bekommen
      zweites Griechenland-Hilfspaket (21.02.12)

      Wirtschaft der Euro-Zone schrumpft
      laut offizieller Statistik (15.02.12)

      23.000 demonstrieren in Berlin
      gegen industrielle Landwirtschaft und Gentechnik 21.01.12)

      Ungarns Regierung benötigt Milliarden
      Betteln bei EU und IWF (6.01.12)

      OECD-Bericht
      Kluft zwischen Arm und Reich wächst (5.12.11)