Düsseldorf (LiZ). In 182 getest- eten Hähnchenmastbetrieben konnte laut einer unveröffent- lichten Untersuchung aus Nordrhein-Westfalen eine extrem überhöhte Verfütterung von Antibiotika festgestellt werden. Offenbar verfüttern die Mäster die Arznei, die zur Behandlung bakterieller Krankheiten dient, um ein schnelleres Wachstum zu erzielen.
Die Untersuchung des nordrhein-westfälischen Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz deckt auf, daß Hähnchenmäster trotz Verbots weiterhin Antibiotika für das Wachstums-Doping einsetzen. In 83 Prozent der untersuchten "Mastdurchgänge" – dem Zeitraum vom Schlüpfen des Kükens bis zur Schlachtung – sind antimikrobiell wirksame Mittel verabreicht worden. Ausgewertet wurden Daten von 962 Hähnchenmastdurchgängen aus 182 Betrieben im ersten Halbjahr 2011.
Der Fall zeigt außerdem auf, welche seltsame Blüten der ansonsten weitgehend löchrige Datenschutz in Deutschland treibt: Während seit einem Jahr in einer bundesweiten Datei des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) erfaßt wird, in welche Postleitzahlenregionen wie viele Arzneimittel geliefert werden, blieb die Geflügelbranche "aus Datenschutzgründen" davon ausgenommen. Fachleute kritisieren diese Ausnahmeregelung und fordern eine Änderung der Verordnung. Der VerbraucherInnenschutz sei wichtiger als der Datenschutz. Die vollständige Kontrolle des Antibiotika-Einsatzes in der Tiermast sei dringend nötig.
Der wachstumsfördernde Einsatz von Antibiotika ist EU-weit schon seit 2006 verboten. Denn durch den unbedachten Einsatz von Antibiotika in der Lebensmittelindustrie können multiresistente Bakterien entstehen, die im schlimmsten Fall zum Tode führen. Dennoch hat die Resistenz gegen Antibiotika trotz des Verbots erschreckende Ausmaße erreicht: Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO sterben in der EU jedes Jahr mehr als 25.000 Menschen an Krankheiten, die durch antibiotikaresistente Bakterien ausgelöst werden.
Anmerkungen
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