Gorleben (LiZ). Nach dem stark verspäteten Start in Valognes bei LaHague erreichte der CASTOR-Transport in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag in Frankreich den Ort Rémilly rund 40 Kilometer vor dem saarländischen Forbach. In Rémilly traf er um 9:21 Uhr ein und wird - wie sich später herausstellt - für 24 Stunden abgestellt.
In Frankreich fuhr der CASTOR-Zug die Strecke Flottemanville (16:55) - Caen (18:40) - Saint-Martin du Vivier (22:00) - Rouen (22:38) - Longueau (1:15) - Laon (3:05) - Reims (4:30 / Halt bis 5:20) - Bar-le-Duc (5:20) - Lérouville (8:00) - Metz (9:12) - Rémilly (9:21). In 2 Metern Abstand strahlt der CASTOR mit 37 µSv/h - davon 25 µSv/h Neutronenstrahlung und 12 µSv/h Gammastrahlung.
Am Donnerstag morgen haben sich hunderte Atomkraft-GegnerInnen zu einer Auftaktkundgebung der Südblockade im Ort Berg in der Südpfalz bei Karlsruhe versammelt. Viele sind mit Strohsäcken ausgestattet. Noch ist unklar, ob der CASTOR-Zug die Grenze bei Lauterbourg/Berg, bei Forbach oder etwa bei Kehl die französisch-deutsche Grenze passiert. Doch das diesjährige Konzept der Südblockade lautet nicht umsonst: "Hase und Igel" - denn gleich welche Strecke der CASTOR-Zug ("Hase") nimmt, wollen die "Igel" rechtzeitig vor Ort sein. Ein Sprecher der Südblockade warnt eindringlich vor übereilten Gleisbesetzungen. Auf der Bahnstrecke zwischen dem Elsaß und Rheinland-Pfalz ist der Bahnverkehr noch nicht eingestellt. Derweil beobachten kleinere Gruppen die verschiedenen Bahnstreckenabschnitte und suchen sich bereits gute Stellen für eine Blockade des CASTOR-Zuges aus. Gegen 10 Uhr deutet sich laut 'Réseau Sortir du Nucéaire' an, daß der CASTOR-Zug am kommenden Tag (Freitag) die Nord-Route über Forbach nehmen wird. Polizei-Hubschrauber suchen die Gleisstrecken unter anderem bei Wörth und Saarbrücken ab.
Im Wendland wurden bereits am Mittwoch entlang der CASTOR-Straßenstrecke zwischen Dannenberg und Gorleben die Gully-Deckel zugeschweißt. Hundertschaften der Polizei sind in die Region eingefallen. Es wurden die ersten Protest-Camps aufgebaut. Auf dem letzten Schienen-Teilstück der CASTOR-Strecke zwischen Lüneburg und Dannenberg (dort werden die CASTOR-Behälter für die Fahrt auf der Straße auf Tieflader umgepackt) ist ab 18:14 Uhr der Personenzugverkehr eingestellt.
Gegen 10 Uhr findet am Donnerstag die "traditionelle" SchülerInnen-Demo in Lüchow statt. Rund 2000 Jugendliche ziehen mehrere Stunden lang durch die Stadt, manche mit bemaltem Gesicht, mit Fahnen oder Pullover mit der Aufschrift "Gorleben soll leben".
Kurze Zeit später wird bekannt, daß das bei Dumstorf geplante Protest-Camp verboten bleibt. Das Lüneburger Verwaltungsgericht hat einen Widerspruch gegen den Sofortvollzug der Verbotsverfügung zurückgewiesen, teilt die Camp-Organisationsgruppe mit. Das Lager werde aufgegeben und abgebaut. Offenbar soll hier ein Exempel gegen das Schottern statuiert werden. Der Landkreis hatte eine Genehmigung des Camps an Bedingungen geknüpft. Es sollte in mindestens vier Kilometern Entfernung von der CASTOR-Bahnstrecke errichtet werden und die Anmelderin, die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke (Linkspartei), sollte sich von der Kampagne "Castor Schottern" distanzieren. Beides hatte Jelpke abgelehnt, worauf die Kreisverwaltung das Camp untersagte.
Auf der "Esso-Wiese" in Dannenberg wird wie immer in den vergangenen Jahren Volxküche, Info- und Logistik-Zentrum aufgebaut. Hier werden Neuankömmlingen Infos zu den verschiedenen Blockade-Aktionen geboten und PressevertreterInnen erhalten aktuelle Meldungen von der Pressegruppe.
Am Abend kam es bei der "Landmaschinenschau" auf der B216 bei Metzingen zu Gewalt von Seiten der Polizei. Sie setzte Schlagstöcke und Wasserwerfer ein, um die Straßenblockade, die ihren Einmarsch behinderte, zu beseitigen. Die Bäuerinnen und Bauern standen friedlich bei ihren Traktoren. Auch auf weglaufende Menschen wurde aus einem der drei Wasserwerfer gezielt mit dem Wasserstrahl geschossen.
Ebenfalls am Donnerstag begab sich der pseudo-grüne baden-württembergische Ministerpräsident - wenig überraschend - auf die Spuren des früheren Atom-Ministers Jürgen Trittin: Er erklärte die Proteste gegen den CASTOR-Transport in Gorleben für sinnlos. Ähnlich wie Trittin berief er sich dabei auf den in diesem Jahr zum zweiten Mal verkündeten "Atom-Ausstieg".
Im Jahr 2001 hatte der damalige Minister Trittin dazu aufgerufen, sich nicht mehr an CASTOR-Blockaden zu beteiligen. Aktionen gegen die Transporte seien "politisch falsch". Der erste deutsche "Atom-Ausstieg" des Jahres 2000 hatte sich bekanntlich auf die Stilllegung von zwei von 19 Atom-Reaktoren in den Jahren 2002 und 2005 beschränkt, zugleich die Betriebsverlängerung von 17 Atom-Reaktoren über die ursprünglich geplante Laufzeit von 25 Jahren garantiert und ab 2002 (am AKW Emden) den Bau von zwölf "Zwischenlagern" an den AKW-Standorten ermöglicht. Eine Entscheidung über den zu keinem Zeitpunkt nach wissenschaftlichen Kriterien ausgewählten Salzstock Gorleben, der heute illegal weiter zu einem "Endlager" ausgebaut wird, wurde bewußt offengelassen.
Zu erinnern ist auch an die Äußerung des Vorgängers von Kretschmann als pseudo-grüner Fraktionsvorsitzender im Landtag und heutigen Oberbürgermeisters von Freiburg Dieter Salomon: "Die CASTOR-Blockierer, das sind nicht unsere Wähler." ('Badische Neueste Nachrichten', 14.02.01) Daß auch der in diesem Jahr - mit Zustimmung von vier Parteien - verkündete "Atom-Ausstieg" nicht viel mehr als ein unverbindliches Versprechen darstellt, wissen alle, die sich die Mühe machen unabhängige Informationen zu lesen.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
CASTOR in Frankreich gestartet
Abfahrt durch Blockaden erheblich verzögert (23.11.11)
Schulen geschlossen und Straßen gesperrt
Französische Behörden und der CASTOR-Protest
(22.11.11)
Strahlen-Skandal Gorleben
Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages
widerspricht Landesregierung (20.11.11)
Genehmigung für CASTOR-Transport
trotz Strahlen-Skandal (31.10.11)
Südwestdeutschen Anti-Atom-Initiativen
fordern Absage
des CASTOR-Transports nach Gorleben (17.10.11)
Radioaktiver Müll in Gorleben
hohe Strahlenbelastung am Zaun (30.09.11)
Radioaktiver Müll in Gorleben
hohe Strahlenbelastung am Zaun (25.08.11)
Atommüll-Endlager in Deutschland?
EU macht Druck (20.07.11)
Atommüll-Endlager in der Schweiz?
Unmögliches soll realistisch erscheinen (12.07.11)
13. CASTOR nach Gorleben
angekündigt (3.06.11)
Gorlebener Salzstock vielfach angebohrt
Der Berg schlägt zurück (15.04.11)
Stark erhöhte Radioaktivität
im "Versuchs-Endlager" Asse II (14.04.11)
Drei Monate Denkpause
auch für Gorleben? (30.03.11)
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nach Rußland-Fahrt (20.12.10)
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Wasserzutritt verdoppelt (15.12.10)
Erhöhte Krebs-Rate
um das "Versuchs-Endlager" Asse II (25.11.10)
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AKW und tote weibliche Embryos (19.11.10)
CDAK interveniert
gegen Wiederwahl Annette Schavans in Parteivorstand
(14.11.10)
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Erdgas unter Gorleben (13.09.10)
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Skandal-Serie Asse II:
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Skandal-Serie Asse II:
Erneuter Fund radioaktiver Lauge (15.07.09)
Skandal-Serie Asse II:
Nun auch noch Sprengstoff (26.06.09)
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Asse II: Mehr radioaktiver Müll als vermutet
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in den Inventar-Listen (7.05.09)
Asse II: Einsturzgefahr in Kammer 7 akut
(29.04.09)
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(24.04.09)
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Arsen und Blei im "Versuchs-Endlager" Asse II (15.04.09)
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Wer hat den radioaktiven Müll produziert? (23.02.09)
Lauge aus Atommüll-Lager Asse erneut nach 'Mariaglück'
Dringend nötige Rückholung weiter verzögert (7.02.09)
Einsturzgefahr im Atommüll-Lager Asse
Seit Dezember nicht veröffentlicht (15.01.09)
Das ungelöste Problem der Endlagerung
Folge 12 der Info-Serie Atomenergie