HamburgerInnen gewinnen Volksentscheid
und damit ihre Energie-Netze zurück
Hamburg (LiZ). Die Unterstützer- Innen der Initiative "Unser Hamburg - Unser Netz" hatten am Sonntag Grund zu Jubeln: Sie gewannen den Volksentscheid. Die eigentlichen Verlierer sind die Strom-Konzerne E.on und Vattenfall. Hamburgs "roter" Bürgermeister Olaf Scholz räumte die Niederlage von Senat und SPD, CDU und FDP ein.
Scholz sagte: "Volksentscheide sind Abstimmungen über Sachfragen. Und in dieser Frage hat das Volk anders entschieden als Senat und Bürgerschaft zuvor." Der Senat sehe sich dem Votum verpflichtet. Er werde den Volksentscheid nicht ins Leere laufen lassen. Manfred Braasch vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) freute sich: "Wir haben die Mehrheit der Hamburger hinter uns. Ein tolles Ergebnis."
Die Mehrheit der HamburgerInnen entschied sich dafür, ihre Strom-, Gas- und Fernwärme-Netze wieder vollständig in kommunale Hand zurückführen und damit für den Vorschlag der Initiative "Unser Hamburg - unser Netz". Die bisherigen Versorger, die Kohle- und Atomstrom-Konzerne Vattenfall und E.on sind damit "abgewählt". Am frühen Montagmorgen, nach Auszählung von 1.677 der 1.686 Wahlbezirke, kamen die BefürworterInnen auf 440.690 Stimmen. Die GegnerInnen erreichten 425.446 Stimmen. Damit lagen die BefürworterInnen uneinholbar vorn - mit 50,9 gegen 49,1 Prozent der Stimmen. Auch das Quorum, die Mindestzahl an Ja-Stimmen, wurde aller Voraussicht nach erreicht. Insgesamt beteiligten sich demnach etwa 836.000 Bürger an der Abstimmung. Das sind 64 Prozent der Wahlberechtigten. "Ich gehe davon aus - anhand der klaren Zahlen, die wir jetzt haben - daß sich im Ergebnis nichts ändern wird", sagte Landeswahlleiter Willy Beiß.
Im weiteren Verlauf wird die Stadtverwaltung die beiden Konzerne E.on und Vattenfall fragen, ob sie bereit sind, die Strom-, Gas- und Fernwärme-Netze Hamburgs zu verkaufen. Da dies äußerst unwahrscheinlich ist, wird eine kommunale Gesellschaft gegründet werden müssen, die sich bei der bald anstehenden Ausschreibung der Konzessions-Verträge formal bewirbt. Vattenfall-Deutschland-Chef Tuomo Hatakka verkündete bereits, der Konzern werde sich unabhängig vom Volksentscheid mit seinem Tochterunternehmen Stromnetz Hamburg GmbH in den kommenden Wochen mit Hochdruck auf das Konzessions-Vergabeverfahren vorbereiten."
Das Aktionsbündnis "Nein zum Netzkauf" reagierte enttäuscht auf den Ausgang des Volksentscheids. "Das ist kein guter Tag für die Zukunft unseres Standorts," erklärte Michael Westhagemann, Vorsitzender des Industrieverbands Hamburg und Sprecher für das Aktionsbündnis aus 15 Kammern, Verbänden und Vereinen. E.on und Vattenfall versuchten, sich im Hintergrund zu halten. Das Bündnis"Nein zum Netzkauf" hatte beim Wahlkampf um den Netzkauf mit einem Millionen-Etat ein Vielfaches der Finanzmittel zur Verfügung, die von den UnterstützerInnen der Initiative "Unser Hamburg - Unser Netz" aufgebracht werden konnten. Westhagemann sagte nun, auf Hamburg werde eine lange und riskante Phase mit Planungsunsicherheit zukommen. Er erwarte langwierige politische und juristische Verfahren und möglicherweise negative Auswirkungen auf das allgemeine Investitionsklima in der Stadt.
In Berlin findet am 5. November ebenfalls ein Volksentscheid statt, bei dem über die Rekommunalisierung der Energienetze entschieden wird. Die InitiatorInnen hoffen, daß der Hamburger Erfolg ihnen Auftrieb verschafft. Bundesweit haben schon mehr als 70 Kommunen eigene Stadtwerke gegründet. Diese Entwicklung ist vor dem Hintergrund zu sehen, daß immer mehr Menschen zu der Überzeugung kommen: Eine Energie-Wende ist in Deutschland nur gegen die "Großen Vier", RWE, E.on, Vattenfall und EnBW, durchzusetzen.
Anmerkungen
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