Hürde gegen Lohndumping
Erfurt (LiZ). Das Bundesarbeits- gericht hat heute entschieden, daß die Pseudo-Gewerkschaft CGZP keine Tarifverträge mehr abschließen darf. Zur Gültigkeit bestehender Tarifverträge hunderttausender Beschäftigter bei Zeitarbeitsfirmen machten die BundesrichterInnen zwar keine Aussage, unter Arbeits- rechts-ExpertInnen gilt jedoch nach diesem Urteil als wahrscheinlich, daß ZeitarbeiterInnen und Sozialkasssen Nachforderungen in Millionenhöhe erheben können. Die als "Tarifgemeinschaft christlicher Gewerkschaften in der Zeitarbeit" im "Christlichen Gewerkschaftsbund" firmierende Organisation galt als Instrument der Unternehmen zum Zwecke des Lohndumping.
Rechtsgrundlage für die berechtigten Lohnnachforderungen ist das Gebot gleichen Lohns, nachdem ZeitarbeiterInnen Anspruch auf denselben Lohn haben, den auch die Stammbelegschaft des betreffenden Unternehmens erhält. Dieses seit 2004 gültige "Equal-Pay-Gebot" konnte jedoch bislang ausgehebelt werden, wenn mittels einer Pseudo-Gewerkschaft ein eigenständiger Tarifvertrag abgeschlossen wurde. Einen wirksamen Tarifvertrag können aber nur Gewerkschaften abschließen, die auch tariffähig sind. Und eben diese Tariffähigkeit hat das Bundesarbeitsgericht in Erfurt heute der CGZP abgesprochen.
Neben einem vorweihnachtlichen Geldsegen für ZeitarbeiterInnen dürfte das Urteil auch für die Sozialkassen Entlastungen bringen. Peter Schüren, Direktor des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Wirtschaftsrecht an der Universität Münster, schätzt allein deren möglichen Ansprüche auf zwei bis drei Milliarden Euro. Dies könnte das wirtschaftliche Aus für etliche Zeitarbeitsfirmen bedeuten. "Es geht um die Existenz von Tausenden Zeitarbeitsfirmen, ihren Kunden und den Mitarbeitern", sagte der Anwalt des Arbeitgeber- verbandes Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) heute in Erfurt. Er warnte vor einer "Pleitewelle". Die CGZP soll nach Schätzungen Verträge für rund 200.0000 der insgesamt rund 900.000 deutschen LeiharbeiterInnen mit dem Verband Mittelständischer Personaldienstleister und zwei weiteren Unternehmens-Organisationen der Zeitarbeit abgeschlossen haben. Betroffen dürften tatsächlich rund 1.500 Zeitarbeitsfirmen sein.
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg als Vorinstanz hatte der CGZP bereits im Dezember 2009 die Tariffähigkeit abgesprochen. Die Gewerkschaft ver.di sprach in einem Kommentar zum heutigen Ureteil von einem "guten Tag für die Tarifautonomie". Ver.di und das Land Berlin hatten die Tariffähigkeit der CGZP angezweifelt und ihr Dumping vorgeworfen. Seit ihrer Gründung im Dezember 2002 hätten die "christlichen Gewerkschaften" auf dem Rücken der Zeitarbeitnehmer Gefälligkeitstarifverträge mit den Unternehmen abgeschlossen.
Den im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) zusammengeschlossenen Branchen-Gewerkschaften galt die sich als "christlich" bezeichnende CGZP seit langem als Instrument der Unternehmer-Seite. Die "Christliche Gewerkschaft Metall" hatte noch vor vier Jahren als Konkurrenz zur IG Metall vom Bundesarbeitsgericht (BAG) die Bestätigung erhalten, daß sie tariffähig sei. Zuletzt stand im Oktober dieses Jahres die Tariffähigkeit der Gewerkschaft für Kunststoffgewerbe- und Holzverarbeitung im "Christlichen Gewerkschaftsbund" auf dem Prüfstand. Das BAG fällte jedoch kein Urteil, sondern verwies den Fall zurück an das zuständige Landesarbeitsgericht in Hamm (Nordrhein- Westfalen). Die BundesrichterInnen trafen keine abschließende Bewertung, weil die "christliche Gewerkschaft" ihre Mitgliederzahl nicht offengelegt hatte. Diese Angabe ist jedoch entscheidend, um deren "Sozialmächtigkeit" bewerten zu können. Schon in seiner bisherigen Rechtsprechung hatte das BAG mehrfach Wert darauf gelegt, daß eine Gewerkschaft ausreichend "sozialmächtig" sein müsse, also ausreichend schlagkräftig und durchsetzungsfähig, um ein Gegengewicht zur Kapital-Seite bilden zu können. Die CGZP hat offenbar lediglich 1.383 Mitglieder.
Anmerkungen
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