Paris (LiZ). Die französische Atom-Aufsicht ASN mußte heute einräumen, daß die "Panne" im AKW Cattenom vom 18. Januar deutlich gravierender war als zunächst gemeldet. Der Meiler mit vier Atom-Reaktoren im Drei- ländereck Lothringen-Luxemburg-Saarland, der die Mosel zur Reaktor-Kühlung benutzt, ist nicht zuletzt wegen des überdurchschnittlichen Risikos von Flugzeugabstützen höchst umstritten.
Offensichtlich sah sich die ASN erst durch eine unterschiedliche Bewertung der zunächst wie üblich als "Panne" dargestellten Probleme durch deutsche Behörden zu einer Kehrtwende genötigt. Die Kraftwerks-Leitung hatte zunächst lediglich gemeldet, es sei das Fehlens eines Apparateteils festgestellt worden, das die Aufgabe hat, den Rückfluß in den Kühlleitungen eines Brennelemente-Lagerbeckens zu verhindern. Kommt es zu einem Rückfluß, kann das Kühlwasser des Lagerbecken abfließen. In der Folge kann ein unkontrollierbares Überhitzen der dort zum "Abklingen" eingelagerten Brennelemente zu einer Katastrophe führen wie in Block 4 des AKW Fukushima.
Wie nun bekannt wurde, hatte die ASN sechs Tage nach der "Panne", am 24. Januar, die Lage vor Ort untersucht und der Kraftwerks-Leitung eine Frist von 10 Tagen zur Beseitigung des Schadens eingeräumt. Diese sei dann zwischen dem 1. und 3. Februar vorgenommen worden.
Bei der ASN-Inspektion im vergangenen Jahr waren im AKW Cattenom eine ganze Reihe von "Mängeln" festgestellt worden. So wurden Roststellen vermerkt, Defizite bei der Notstromversorgung und im Kühlungssystem sowie bei der Erdbebensicherheit. Dennoch hatte die ASN die Erlaubnis erteilt, daß das Atomkraftwerk weiter am Netz bleiben darf.
Im August 1986 - knapp vier Monate nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl - wurde das AKW Cattenom bei einem Hochwasser der Mosel überflutet. Wasser drang in die Keller des AKW ein, in denen sich die sensibelsten Teile der Reaktoren befinden - unter anderem die Hochleistungspumpen des Primärkreislaufs. Aber auch in den überfluteten Verbindungsgängen drohte Gefahr. Hier laufen die Kabel entlang, die die Schaltanlagen und Pumpen der Reaktoren versorgen.
Das Atomkraftwerk, dessen vier Reaktoren bereits ein Alter zwischen 20 und 25 Jahren aufweisen, ist besonders von Flugzeugabstürzen gefährdet. Nach nicht-offiziellen Informationen besitzt sein Containment eine Betonhülle mit nicht mehr als 80 Zentimeter Stärke. Über Cattenom hinweg verlaufen gleich mehrere Flugrouten. Das AKW liegt umgeben von sieben Flughäfen. Nur einige Kilometer entfernt befindet sich das französische Übungsgebiet für Tiefflieger. Im Juli 1981 raste ein Mirage-Kampfflugzeug in einen Sendemast - nur einige Kilometer vom AKW Cattenom entfernt.
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