Lüneburg (LiZ). Wegen mehrerer Schienenblockaden auf der Wendlandstrecke zwischen Lüneburg und Dannenberg muß der CASTOR-Zug bei Maschen über 18 Stunden auf die Weiterfahrt warten. Auch danach dehnen drei Ankett-Aktionen die Transport-Dauer auf mittlerweile über 107 Stunden. Für das letzte Teilstück der Transportstrecke zwischen Dannenberg und Gorleben müssen die elf CASTOR-Behälter mit hochradioaktivem Müll auf Spezial-Lastwagen umgeladen werden.
Greenpeace-AktivistInnen, die sich am Samstag gegen 19 Uhr auf der Wendlandstrecke (kurz hinter Lüneburg) auf der Höhe der B4 kurz vor Wendisch-Evern mit Hilfe von Rohren im Gleisbett angekettet hatten, können erst kurz nach Mitternacht von Spezialkräften der Polizei entfernt werden. Zu dieser Zeit steht der CASTOR-Zug noch im Maschen, rund 30 Kilometer vor Lüneburg. Dort hatte er am Samstag um 18:40 Uhr seine Fahrt unterbrochen.
1:05 Uhr Seit Mitternacht ist die Schienenblockade bei Harlingen um weiter tausend Menschen auf insgesamt über 4000 angewachsen.
Gegen 2 Uhr wird bekannt, daß vier AktivistInnen eine weitere Ankett-Aktion an der Wendlandstrecke bei Barendorf geglückt ist. Die Polizei läßt keine Medien-VertreterInnen an den Ort der Ankett-Aktion. Der CASTOR-Zug hat sich noch nicht wieder in Bewegung gesetzt und steht weiterhin bei Maschen.
2:53 Uhr Die BlockiererInnen bei Harlingen werden von der Polizei aufgefordert, die Schienen zu verlassen. Innerhalb von 15 Minuten folgen die zweite und dritte Aufforderung.
3:11 Uhr Inzwischen werden von der Polizei Medien-VertreterInnen zu den Angeketteten bei Barendorf vorgelassen.
3:26 Uhr Die Räumung der Schienenblockade bei Harlingen beginnt. Die Polizei trägt die ersten BlockiererInnen weg. Sie werden illegal in einer sogenannten Gefangenen-Sammelstelle (GeSa) auf einem Feld unter freiem Himmel festgehalten. Eine richterliche Entscheidung - wie gesetzlich vorgegeben und seit Jahren eindeutig geklärt - wird von der Polizei vorsätzlich umgangen.
5:11 Uhr Die Polizei wird bei der Räumung der Harlinger Schienenblockade deutlich ruppiger. Medien-VertreterInnen und SanitäterInnen werden zur Seite geschubst. Bei Harlingen halten sich außerdem zwei AktivistInnen der Umweltschutz-Organisation 'Robin Wood' in Bäumen an der Schienenstrecke auf und zwei weitere haben sich an den Gleisen angekettet.
6:40 Uhr Der CASTOR-Zug steht mittlerweile seit 12 Stunden bei Maschen. Noch immer harren Hunderte auf den Schienen bei Harlingen aus. Der Betonklotz im Gleisbett, an den sich AktivistInnen bei Barendorf gekettet haben, bereitet den Spezialkräften der Polizei große Schwierigkeiten.
7:04 Uhr Bei Harlingen sind die beiden angeketteten 'Robin-Wood'-AktivistInnen von der Polizei geräumt worden.
7:37 Uhr Wie aus dem Nichts steht plötzlich bei Hitzacker eine Beton-Pyramide auf den Gleisen. Daran haben sich vier AktivistInnen der Bäuerlichen Notgemeinschaft gekettet. Wenige Minuten später wird bekannt, daß die Schienen-Blockade bei Harlingen komplett von der Polizei geräumt ist. Die insgesamt über 5000 BlockiererInnen haben damit bis zu 16 Stunden auf den Gleisen ausgeharrt.
9:00 Uhr Immer mehr Menschen strömen zur Beton-Pyramide bei Hitzacker. Die Polizei kann die Zuwege nicht länger abriegeln. Auch drei Trecker finden sich vor Ort ein.
9:25 Uhr Die Spezialkräfte der Polizei sind offenbar nach wie vor ratlos, wie sie die in der Betonkonstruktion Angeketteten bei Barendorf entfernen könnten.
9:40 Uhr Auch die innere Konstruktion Beton-Pyramide bei Hitzacker stellt die Spezialkräfte der Polizei vor bislang ungekannte Probleme. Wenig später entfährt es einem Polizisten vor Ort: "Das kann ja heiter werden!"
10:39 Uhr Bei Grünhagen kommt es auf der Schienenstrecke zu einer weiteren Gleisblockade. Auch bei der Beton-Pyramide bei Hitzacker haben sich Hunderte auf die Gleise gesetzt.
11:23 Bei Einsdorf ist es AktivistInnen gelungen, rund 20 Meter Bahndamm vom Schotter zu befreien. Das Gleis hängt teilweise in der Luft. Zur gleichen Zeit ist bei Hitzacker in der Nähe der Beton-Pyramide der Zugang zu den Gleisen unbewacht und immer mehr Menschen schließen sich der Sitzblockade an.
Gegen Mittag wird bekannt, daß der CASTOR-Zug mehr als 92 Stunden unterwegs ist und damit bereits mehr Zeit benötigt hat als beim bisherigen Rekord des Jahres 2010. Seit dem laut veröffentlichtem Fahrplan vorgesehenen Start in Valognes am Mittwoch, 23. 11., um 13 Uhr sind sogar 95 Stunden vergangen.
12:13 Uhr Erst nach über vier Stunden wird der als illegale Gefangenen-Sammelstelle eingesetzte Polizeikessel bei Harlingen aufgelöst. Die Gefangenen, die ihre Personalien angegeben haben, bekommen einen "Platzverweis", die übrigen werden in Gewahrsam genommen.
In einer Stellungnahme wies die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow Dannenberg darauf hin, daß die Polizei mit dem stundenlangen Freiheitsentzug früheren Gerichtsurteilen zufolge eindeutig rechtswidrig handelt. Der Lüneburger Polizeipräsident Friedrich Niehörster beklagt nach einem Bericht der 'Welt am Sonntag' eine "exzessive Gewaltbereitschaft" der BlockiererInnen. Dem setzt Wolfgang Ehmke, Sprecher der Bürgerinitiative entgegen: "Herr Niehörster sollte nicht den Demonstranten Ratschläge erteilen, sondern wegen der Rechtswidrigkeit des Transports eine Freiluft-GeSa für die Gesellschaft für Nuklearservice einrichten." Ehmke erinnert zudem daran, daß die gesetzlichen Grenzwerte für Radioaktivität am Zwischenlager Gorleben längst überschritten sind. In der 'Süddeutsche Zeitung' heißt es dagegen: "Der Konflikt zwischen Castor-Gegnern und der Polizei wird gewalttätiger." Als Belege hierfür werden an erster Stelle Behauptungen der Polizei über Gewalttaten von DemonstrantInnen aufgeführt. Offenbar hat jedoch im Vergleich zu den vorangegangenen CASTOR-Transporten lediglich der Polizei-Einsatz an Härte zugelegt.
12:45 Uhr Auch über fünf Stunden nach Beginn der Ankett-Aktion bei Barendorf sind noch alle vier AktivistInnen fest verankert.
13:04 Uhr Obwohl zwischenzeitlich erst eine Person von den Spezialkräften der Polizei aus dem Beton-Klotz bei Barendorf herausgelöst werden konnte, setzt sich der CASTOR-Zug bei Maschen in Richtung Lüneburg in Bewegung. Die Wartezeit betrug damit über 18 Stunden.
13:13 Uhr Die Straßenblockade-Aktion von 'Xtausendmal-quer' an der Straßenstrecke zwischen Dannenberg und Gorleben beginnt.
13:30 Uhr Der CASTOR-Zug, der zeitweilig mit 50 km/h fuhr, erreicht Lüneburg.
13:39 Uhr Den Spezialkräften der Polizei ist es gelungen, die zweite Person aus der Beton-Klotz bei Barendorf herauszulösen.
13:47 Uhr 800 Menschen sitzen beim Ortsausgang Gorleben (Richtung Laase) auf der Straße, die die CASTOR-Behälter nach dem Umladen auf Tieflader in Dannenberg planmäßig passieren muß. Nur wenige Minuten später kommt es auf derselben Strecke bei Wendisch Evern zu einer Sitzblockade mit 50 Menschen.
14:06 Uhr Aus einer Medien-Mitteilung der Schotter-AktivistInnen geht hervor, daß berittene Polizei in die Menge hineinritt und Pferdehufe Köpfe und Körper von Menschen trafen. Die Polizei nehme damit tödliche Verletzungen von AktivistInnen in Kauf.
14:20 Uhr Nach einem Aufenthalt von 50 Minuten fährt der CASTOR-Zug in Lüneburg weiter. Es werden zwei Voraus-Züge eingesetzt.
14:40 Uhr Die Sitzblockade um die Beton-Pyramide bei Hitzacker dauert an.
14:56 Uhr Der CASTOR-Zug stoppt wenige Meter vor der Blockade bei Barendorf. Wenige Minuten darauf kommt ein Schienenbagger an dieser Stelle an.
15:05 Uhr Drei der AktivistInnen sind aus dem Beton-Klotz herausgelöst worden. Noch eine Person ist festgekettet.
15:32 Uhr Vor und hinter der Beton-Pyramide bei Hitzacker gibt es weiterhin unbehelligte Sitzblockaden auf den Gleisen.
15:56 Uhr Die letzte der vier Personen ist aus dem Beton-Klotz bei Barendorf herausgelöst worden. Die Verankerung hielt insgesamt über 13 Stunden lang stand. In der Beton-Pyramide bei Hitzacker, die sich seit 7:37 Uhr auf den Gleisen befindet sind noch alle vier Personen angekettet, obwohl die Spezialkräfte der Polizei fieberhaft arbeiten.
15:59 Uhr Obwohl der CASTOR-Zug nach wie vor nicht die Schienenstrecke bei Hitzacker, wo sich die Beton-Pyramide befindet, passieren kann, ergeht bereits die dritte Aufforderung der Polizei an die StraßenblockiererInnen von 'Xtausendmal-quer', die Straße bei Gorleben zu räumen. Rund tausend Menschen sitzen dort bereits seit rund zwei Stunden auf der Straße.
16:15 Uhr Der CASTOR-Zug setzt sich wieder in Bewegung. In den Bäumen bei Barendorf ist ein Transparent aufgehängt worden: "Widerstand bedeutet Leben". Erst passiert der Reparatur-Zug die Blockadestelle bei Barendorf.
19:29 Uhr Der CASTOR-Zug stoppt bei Dahlenburg.
20:03 Uhr Weiterfahrt - um 20:23 Uhr passiert der CASTOR-Zug Süschendorf, um 20:30 Uhr die Oldendorfer Brücke.
20:33 Uhr Es heißt, die Spezialkräfte Polizei haben die Arbeiten an der Beton-Pyramide bei Hitzacker unterbrochen.
20:48 Uhr Der CASTOR-Zug passiert die Region Göhrde.
21:32 Uhr Der erste Voraus-Zug passiert den Streckenabschnitt bei Harlingen.
21:56 Uhr Der CASTOR-Zug passiert den Streckenabschnitt bei Harlingen.
22:24 Uhr Der CASTOR-Zug erreicht die ersten Schienen-Blockaden vor der Beton-Pyramide bei Hitzacker.
22:28 Uhr Die AktivistInnen der Bäuerlichen Notgemeinschaft entschließen sich, die Blockade an der Beton-Pyramide nach über 14 Stunden freiwillig zu beenden. Die Sitzblockaden auf den Schienen bestehen weiter. Immer noch sind mehr als tausend Menschen beteiligt.
23:41 Uhr Unter dem Vorwand "wegen polizeilicher Maßnahme" werden Medien-VertreterInnen daran gehindert, zu den Gleis-BlockiererInnen bei Hitzacker zu gelangen.
Gegen Mitternacht spricht die Polizei die dritte Aufforderung aus, die Schienen zu verlassen. Die Transport-Dauer beträgt bis dahin 107 Stunden.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
CASTOR am Samstag
23.000 bei Demo in Dannenberg
Über 3000 bei Schienenblockade in Harlingen (26.11.11)
CASTOR am Freitag
Südblockade und Polizeiübergriffe im Wendland
(25.11.11)
CASTOR am Donnerstag
Der Zug steht - Kretschmann redet (24.11.11)
CASTOR in Frankreich gestartet
Abfahrt durch Blockaden erheblich verzögert (23.11.11)
Schulen geschlossen und Straßen gesperrt
Französische Behörden und der CASTOR-Protest
(22.11.11)
Strahlen-Skandal Gorleben
Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages
widerspricht Landesregierung (20.11.11)
Genehmigung für CASTOR-Transport
trotz Strahlen-Skandal (31.10.11)
Südwestdeutschen Anti-Atom-Initiativen
fordern Absage
des CASTOR-Transports nach Gorleben (17.10.11)
Radioaktiver Müll in Gorleben
hohe Strahlenbelastung am Zaun (30.09.11)
Radioaktiver Müll in Gorleben
hohe Strahlenbelastung am Zaun (25.08.11)
Atommüll-Endlager in Deutschland?
EU macht Druck (20.07.11)
Atommüll-Endlager in der Schweiz?
Unmögliches soll realistisch erscheinen (12.07.11)
13. CASTOR nach Gorleben
angekündigt (3.06.11)
Gorlebener Salzstock vielfach angebohrt
Der Berg schlägt zurück (15.04.11)
Stark erhöhte Radioaktivität
im "Versuchs-Endlager" Asse II (14.04.11)
Drei Monate Denkpause
auch für Gorleben? (30.03.11)
Atommüll-Frachter in Seenot
nach Rußland-Fahrt (20.12.10)
"Versuchs-Endlager" Asse II
Wasserzutritt verdoppelt (15.12.10)
Erhöhte Krebs-Rate
um das "Versuchs-Endlager" Asse II (25.11.10)
Parteitag der Pseudo-Grünen
Gorleben als Verhandlungsmasse (21.11.10)
Neue wissenschaftliche Studie:
AKW und tote weibliche Embryos (19.11.10)
CDAK interveniert
gegen Wiederwahl Annette Schavans in Parteivorstand
(14.11.10)
50.000 in Dannenberg
Auftakt zum CASTOR-Protest im Wendland (7.11.10)
Akten über Explosion im Jahr 1969
Erdgas unter Gorleben (13.09.10)
Der Endlager-Schwindel
Greenpeace veröffentlicht Akten zu Gorleben (13.04.10)
In Asse II wird probegebohrt
Weitere Zeitverzögerung vor der Rückholung (27.03.10)
Atommüll-Transporte
Glaskokillen nicht stabil (5.02.10)
Einsturzgefahr im "Versuchs-Endlager" Asse II
Atommüll wird rückgeholt (15.01.10)
Endlager-Standort Gorleben
Bei der Auswahl spielte Geologie kaum eine Rolle
(10.01.10)
"Versuchs-Endlager" Asse II:
Mit Spezialbeton Hohlräume verfüllt (8.12.09)
Morsleben-Kongreß
Forderung nach Offenlegung einer geheimen Studie
zur Rückholbarkeit des radioaktiven Mülls (21.11.09)
"Versuchs-Endlager" Asse II:
Decke eingestürzt (9.10.09)
"Versuchs-Endlager" Asse II:
Rückholung des Atommülls laut Bundesamt möglich
(2.10.09)
Verstärkter Laugeneinbruch
im "Versuchs-Endlager" Asse II (18.09.09)
Skandal-Serie Asse II: Noch mehr Plutonium
im "Versuchs-Endlager" (29.08.09)
Skandal-Serie Asse II:
Hochradioaktiver Müll im "Versuchs-Endlager"?
MONITOR veröffentlicht Siemens-Unterlagen (24.07.09)
Skandal-Serie Asse II:
Erneuter Fund radioaktiver Lauge (15.07.09)
Skandal-Serie Asse II:
Nun auch noch Sprengstoff (26.06.09)
Desinformation in der 'Badischen Zeitung'
Die Schweizer Endlager-Suche (18.06.09)
Asse II: Strom-Konzerne drückten
die Sicherheits-Standards (3.06.09)
Asse II: Mehr radioaktiver Müll als vermutet
Greenpeace findet Hinweise auf zu niedrige Angaben
in den Inventar-Listen (7.05.09)
Asse II: Einsturzgefahr in Kammer 7 akut
(29.04.09)
Asse II diente auch der Bundeswehr als Atomklo
Endlager-Skandal nimmt immer neue Dimensionen an
(24.04.09)
Asse II: Auch Fässer mit Pestiziden,
Arsen und Blei im "Versuchs-Endlager" Asse II (15.04.09)
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Wer hat den radioaktiven Müll produziert? (23.02.09)
Lauge aus Atommüll-Lager Asse erneut nach 'Mariaglück'
Dringend nötige Rückholung weiter verzögert (7.02.09)
Einsturzgefahr im Atommüll-Lager Asse
Seit Dezember nicht veröffentlicht (15.01.09)
Das ungelöste Problem der Endlagerung
Folge 12 der Info-Serie Atomenergie