8.03.2015

"Fukushima - keine Entwarnung!"
Demo am AKW Neckarwestheim

Demo am AKW Neckarwestheim, 8.03.2015 - Foto: Klaus Schramm
Neckarwestheim (LiZ). Vier Jahre nach dem Super-GAU in Fukushima demonstrierten am heutigen Sonntag rund 3.000 Menschen vor dem AKW Neckarwestheim für den sofortigen Atom-Ausstieg, einen verant­wortungsvollen Umgang mit dem Atommüll und die dynamische Fortführung der Energie-Wende. Auch die baden-württembergische Landesregierung blieb von Kritik nicht verschont.

Die Demonstration zog vom Bahnhof Kirchheim über die Neckarbrücke zum Atomkraftwerk, um ein Zeichen der Solidarität mit den Menschen in Fukushima zu setzen sowie auf die bestehenden Risiken und Probleme der Atomkraftnutzung hinzuweisen. Viele gelbe Fahnen mit der Aufschrift "Atomkraft - nein Danke!" waren zu sehen.

Demo am AKW Neckarwestheim, 8.03.2015 - Foto: Aktionsbündnis CATOR-Widerstand Neckarwestheim

"Die Untauglichkeit der Atomkraft für eine sichere und nachhaltige Energieversorgung ist längst bewiesen. Schon alleine aus Klimaschutzgründen ist die dezentrale Energie-Wende auf Basis der erneuerbaren Energien ohne Alternative. Es braucht neuen Mut in Politik und Wirtschaft diesen zukunftsfähigen Weg entschlossen weiter zu gehen," fordert Kai Baudis, Stellvertretender Landesvorsitzender des BUND Baden-Württemberg. "Anstatt den erneuerbaren Energien neue Hürden in den Weg zu stellen, gilt es den Atom-Ausstieg zu beschleunigen und einen Fahrplan für den Ausstieg aus der Kohlekraft vorzulegen."

Franz Wagner vom Aktionsbündnis Energiewende Heilbronn erinnerte daran, daß die Anti-Atom-Bewegung bereits beim Bau der Atomkraftwerke in Deutschland davor gewarnt hatte, den Geist aus der Flasche zu lassen. Heute stehe die Menschheit vor gigantischen Problemen bei der Eindämmung der zerstörerischen Wirkung der Radioaktivität. Auch heute müsse die Öffentlichkeit immer wieder darauf hingewiesen werden, daß in Baden-Württemberg nach wie vor an den Standorten Karlsruhe, Philippsburg und Neckarwestheim Atom-Anlagen in Betrieb seien."Wie viele Atomkraftwerke wurden in den vergangenen Jahren stillgelegt?", fragte er und zählte auf: "2014: Null! - 2013: Null! - 2012: Null! Das ist kein Atom-Ausstieg - das ist Pro-Atom-Politik!"

Auch die Tatsache, daß in Deutschland nach wie vor US-amerikanische Atom-Bomben stationiert sind, widerspreche dem propagierten Mythos von einem Atom-Ausstieg in Deutschland. In Japan dagegen ist es der Atom-Mafia im Verbund mit einer ihr ergebenen Regierung in vier Jahren nicht gelungen, auch nur ein Atomkraftwerk wieder dauerhaft ans Netz zu bringen.

Zur Problematik der Rückbaus stillgelegter Atom-Meiler erläuterte Franz Wagner, daß der Strom-Konzern und AKW-Betrieber EnBW beabsichtige, 60 Prozent des Abbruch-Materials als "unbestrahlt" deklarieren zu lassen und dies unter Beihilfe der "grün-roten" Landesregierung über den Weg der beantragten "Herausgabe" realisieren könne. Weitere 38 Prozent des Abriß-Materials sollen ohne jegliche Strahlenschutz-Überwachung weiterverbreitet werden dürfen. Metalle aus Atomkraftwerken werden dann in Zukunft mit anderen beim Einschmelzen vermischt, um die enthaltene Radioaktivität unter die willkürlich vorgegebenen Grenzwerte zu drücken. Das beabsichtigte Vorgehen sei ebenso verbrecherisch wie das von Brunnenvergiftern in früheren Jahrhunderten, so Wagner. Die Landesregierung unterstütze die skrupellose Freisetzung von hunderttausenden Tonnen von gering und schwach radioaktivem Abriß-Müll. Mit den Worten "Nein, Herr Untersteller, so nicht!" wandte er sich direkt an den baden-württembergischen Atom-Minister mit dem grünen Parteibuch.

"Wer es wirklich ernst meint mit dem Atom-Ausstieg, der schaltet sofort ab, und produziert nicht noch täglich weiter Atommüll, für den es keine Lösung gibt. Der Betrieb von Atomanlagen gefährdet Gesundheit, Umwelt und Freiheit. Das gilt sogar noch beim Abriß!" so Franz Wagner in seiner Bilanz.

"In Fukushima kommt es weiterhin tagtäglich zu radioaktiver Verseuchung mit erheblichen, aktuell bereits sichtbaren und zukünftig zu erwartenden Folgen. Immer noch spielt die japanische Regierung das Ausmaß der Atomkatastrophe von Fukushima herunter - dabei sprechen u.a. die Fälle von Schilddrüsenerkrankungen bei Kindern eine andere Sprache", erklärt Dr. Angelika Claußen, Mitglied der Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW)

Masami Kato, die bei der Tokyo Young Women's Christian Association (YWCA) aktiv ist, sprach in ihrem Redebeitrag über die konkrete Situation, de heute in der Region Fukushima herrscht. "Viele der Menschen können die kontaminierten Gebiete aus unterschiedlichen Gründen nicht verlassen. Insbesondere betroffene Frauen haben oft aufgegeben, über ihre Sorgen und Belange zu sprechen, denn die Mehrheit der Japaner vertraut der die Strahlung bagatellisierenden Kampagne in den Medien." Sie fragte: "Wem können diese Frauen noch glauben?"

Mittlerweile besteht eine feste Partnerschaft mit der japanischen Anti-Atom Initiative 'Bye-Bye Genpatsu' aus Kyoto. Wie in der Vergangenheit wurden Solidaritäts-Botschaften ausgetauscht. "Kämpfen wir gemeinsam für eine atomfreie Welt und für eine rasche Energiewende hin zu den erneuerbaren Energien. AKWs weltweit abschalten – bye bye genpatsu!", war die Botschaft der Demonstration in Neckarwestheim.

Im Juni 2011 verkündete die Bundesregierung unter dem Eindruck der Massendemonstrationen einen Atom-Ausstieg. Stillgelegt wurden jedoch nur 8 von 17 Atom-Reaktoren. Wann die übrigen 9 Atom-Reaktoren stillgelegt werden - darunter Neckarwestheim II und Philippsburg II - ist de facto ebenso unverbindlich wie nach dem "Atom-Ausstieg", den "Rot-Grün" vor 15 Jahren verkündet hatte.

 

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Anmerkungen

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