Bern (LiZ). Der Wolf wird in der Schweiz wieder zum Abschuß freigegeben. Nach dem Schweizer Ständerat hat sich auch der Nationalrat dafür ausgesprochen, den Wolf erneut auszurotten. Eine noch ausstehende Zustimmung des Bundesrates gilt als sicher. Das als "Berner Konvention" bezeichnete europäische Übereinkommen zum Schutz von Wildtieren wird damit auch von der Schweiz durchlöchert, nachdem im Januar bereits die schwedische Regierung die von Umweltschutz-Organisationen heftig kritisierte Jagd auf Wölfe zugelassen hatte.
Wie auch in Schweden sind Profit-Interessen ausschlaggebend für die Abschaffung des Schutzbestimmungen für den Wolf. (Siehe unseren Artikel v. 3.01.10) Ebenso wie in Deutschland und der Schweiz war der Wolf auch in Schweden lange Zeit ausgerottet. Noch Anfang der 1960er Jahren war er in Schweden praktisch von der Bildfläche verschwunden, ab 1966 war er in Schweden gesetzlich geschützt. Die schwedische Wolfspopulation, die Ende 2009 rund 220 Individuen zählte, läßt sich auf nur drei Wölfe zurückführen, die in den 1980er- und 1990er Jahren aus Finnland und Rußland einwanderten.
In der Schweiz leben erst seit etwa 1995 wieder Wölfe. Ihre Population liegt derzeit bei 15 bis 20 Tieren. Hintergrund für die Entscheidung der Schweizer Regierung ist die Klage von Schaf- und RinderzüchterInnenn: Die in die Schweiz eingewanderten Wölfe töteten ihre Tiere nicht, weil sie Hunger hätten, sondern aus Jagdtrieb. In einer emotionalen Debatte im Nationalrat wies der scheidende Umweltminister Moritz Leuenberger vergeblich darauf hin, daß der Wolf eine Bereicherung für die Natur sei und wichtig für die Artenvielfalt.
Solange es nur um Sonntagsreden ging und keine Profit-Interessen dem entgegen standen, war der Wolf dem europäischen Übereinkommen zum Schutz von Wildtieren unterstellt. Beeindruckt von der einflußreichen Zücherlobby soll nun dieses Übereinkommen, das ausgerechnet "Berner Konvention" heißt, in einem ersten Schritt gekündigt werden. In einem zweiten Schritt soll die Schweiz dem Übereinkommen wieder beitreten, dabei aber "einen Vorbehalt" zum Schutz des Wolfes anmelden.
Auch ein Kompromiß-Vorschlag von Moritz Leuenberger, den Schutzstatus des Wolfes auf den des Luchses zurückzustufen und eine Regulierung der Wolfsbestände zuzulassen, wurde zurückgewiesen. Leuenbergers emotionaler Appell gegen eine erneute Ausrottung des Wolfs in der Schweiz drang nicht durch.
Kommissionssprecher Roberto Schmidt aus dem Wallis hatte seinerseits zuvor versucht, die Emotionen anzuheizen, indem er ein Ende des "traurigen Gemetzels" auf den Alpen forderte. Der Wolf jage nicht, um seinen täglichen Hunger zu stillen. Der Wolf jage, "um zu töten", sagte der Walliser. Ein anderer Nationalrat mokierte sich über eine "erstaunliche Tierromantik". Die Wölfe verunmöglichen eine effiziente Alpbewirtschaftung mit Schafen. Der Herdenschutz durch Hütehunde löse das Problem nicht. Dieser sei zu aufwendig und teuer.
Tatsächlich sind die Unterschiede bei den Zahlen über die von Wölfen angerichteten Schäden unerheblich: Leuenberger räumte ein, daß rund 100 Schafe im Jahr von Wölfen gerissen worden seien. Andere Schätzungen gehen von 300 bis 400 Schafen aus. Konkrete Zählungen liegen jedoch nicht vor und es ist zu berücksichtigen, daß kaum Überprüfungen stattfinden, wenn SchafzüchterInnen vom Wolf getötete Tiere melden, um Entschädigungen zu kassieren. Laut offiziellen Zahlen sterben jährlich rund 250.000 Schafe, die auf Schweizer Alpen zu Tode stürzen, vom Blitz getroffen werden oder an einer Krankheit sterben.
Es stellt sich die Frage, wie EuropäerInnen von anderen Völkern den Schutz von Löwe oder Tiger glaubwürdig fordern wollen, wenn sie relativ harmlosen Tieren wie Wolf oder Pardelluchs kein Existenzrecht zubilligen.
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Anmerkungen
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