27.08.2013

Klimakatastrophe
Wenn der Meeresspiegel um 66 Meter steigt

Freiheitsstatue versinkt im Meer
Washington (LiZ). Das Magazin 'National Geographic' beschäftigt sich in seiner aktuellen Ausgabe mit der Frage, wie unsere Erde ohne Eis aussehen würde? Wo würden die Küstenlinien verlaufen, wenn der Meeresspiegel um 66 Meter höher liegt? Dänemark, die Niederlande und große Teile Norddeutschlands wären dann unter dem Wasser der Nordsee begraben.

In der September-Ausgabe zeigt 'National Geographic' auf einer so noch nie dargestellten Weltkarte, welche Folgen das Abschmelzen insbesondere des Antarktis- und der Grönland-Eisschildes hätten:

Land unter - Küstenlinien bei 66 Meter höherem Meeresspiegel

Dänemark, die Niederlande und große Teile Norddeutschlands wären dann unter dem Wasser der Nordsee begraben. Auch Berlin stünde unter Wasser, Dortmund wäre eine Küstenstadt. Und auch der Eingang des geplanten Atommüll-"Endlager" Gorleben läge dann 40 Meter tief unter der Wasseroberfläche und der radioaktive Müll käme wie bei einem verstopften Klo nach oben. Metropolen wie New York und London lägen ebenso unter Wasser wie Venedig, Bangladesch oder das Amazonas-Becken. Was nach einer unvorstellbaren Prognose klingt, ist nichts anderes als der vom U.S. Geological Survey kühl errechnete Endpunkt dessen, was derzeit hemmungslos betrieben wird: der Meeresanstieg als Folge des Verheizens aller fossilen Brennstoffe wegen der Profitgier einer verschwindend kleinen Minderheit der Gattung Mensch.

Wenn die Zerstörung nicht aufgehalten wird, erwartet zukünftige Generationen ein einschneidend veränderter Planet: Überflutungen wie jene nach dem Hurrikan "Sandy" werden immer häufiger vorkommen – mit zerstörerischen Folgen für die Küstenstädte. Durch den Ausstoß von Kohlendioxid und anderen Treibhausgasen in die Atmosphäre hat sich die Erde im vergangenen Jahrhundert um mehr als ein halbes Grad erwärmt, was für das Klima sehr viel ist. Die Folge ist ein Anstieg des Meeresspiegel um bislang rund 20 Zentimeter.

Im Mai 2013 erreichte die Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre 400 ppm ("Teile pro Million Luftpartikel"). Einen so hohen Wert gab es zuletzt vor drei Millionen Jahren. Damals lag der Meeresspiegel rund 20 Meter über dem heutigen Stand; die Nordhalbkugel war weitgehend eisfrei.

Nach manchen Prognosen kann es noch Jahrhunderte dauern, bis die Weltmeere auf solch katastrophale Ausmaße anschwellen. Andere warnen davor, daß die Erde vor einem Kipp-Punkt steht (Siehe unsere Artikel v. 28.08.12, v. 19.07.12, v. 16.02.09 und vom 6.04.08). Vor sechs Jahren prognostizierte der Weltklimarat (IPCC) in seinem Bericht, daß die Weltmeere bis Ende des Jahrhunderts um maximal 59 Zentimeter ansteigen würden. Doch dieser Report ließ bewußt die Möglichkeit außer acht, daß die Eisschilde schneller ins Meer abgleiten könnten: Die physikalischen Prozesse seien nicht hinreichend erforscht. Der Ozeanologe und Klimaforscher Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung gibt zu bedenken: "Frühere Prognosen zum Meeresspiegelanstieg sind inzwischen von den Meßdaten überholt worden." Und der Klimawissenschaftler Radley Horton vom Earth Institute der Columbia-Universität in New York erklärt: "Letzthin haben wir ein beschleunigtes Abschmelzen der Eisschilde in Grönland und der Antarktis beobachtet."

Die globale Erwärmung beeinflußt den Meeresspiegel auf zweierlei Weise. Etwa ein Drittel des gegenwärtigen Anstiegs ist darauf zurückzuführen, daß das erwärmte Wasser ein größeres Volumen hat. Dazu kommt das Abschmelzen des Inlandeises. Bisher betraf dies vor allem Gebirgsgletscher, aber die große Sorge gilt den gigantischen Eisschilden in Grönland und der Antarktis, in denen das meiste Eis lagert. Bei einem vollständigen Abschmelzen des Grönland-Eises mit einem Volumen von 2,9 Millionen Kubikkilometern steigt der Meeresspiegel um 7,3 Meter. Kommt noch das Eis der Antarktis hinzu, werden die genannten 66 Meter erreicht. Inzwischen ist bekannt, daß Grönland und die Antarktis zusammen seit 1992 pro Jahr rund 208 Kubikkilometer Eis verloren haben – also jährlich rund 200 Milliarden Tonnen Eis.

Eine der großen Unbekannten in allen Szenarien zum Anstieg der Ozeane ist der gewaltige Thwaites-Gletscher in der Westantarktis. Dessen Eis wird von einem 610 Meter hohen, im Meer liegenden Gebirgszug festgehalten, der sein Abrutschen in den Ozean verlangsamt. Doch durch den steigenden Meeresspiegel könnte mehr Wasser zwischen den Gebirgszug und den Gletscher eindringen und ihn aus seiner Verankerung lösen. Erst im Juli dieses Jahres brach eine Schelfeis-Fläche von der Größe Hamburgs vom benachbarten Pine-Island-Gletscher ab. Sollte der Thwaites-Gletscher ins Rutschen geraten, würde so viel Eis frei, daß der Meeresspiegel in der Folge um drei Meter ansteigt.

Aber gleichgültig wie schnell diese Entwicklung voranschreitet - die Städte an den Küsten der Erde sind auf doppelte Weise bedroht: Ansteigende Ozeane werden nach und nach tief gelegene Gebiete überschwemmen und jeder Zentimeter, um den der Meeresspiegel steigt, verstärkt die zerstörerische Wirkung von Sturmfluten.

Kommentar:
Es ist höchste Zeit, daß die Mehrheit, die die Zeichen der Zeit erkannt hat und bereit ist, sich persönlich für eine tiefgreifende Wende einzusetzen, aktiv wird. Dies kann sich nicht auf Veränderungen des persönlichen Verhaltens und auf Eigeninitiative beschränken, sondern muß zugleich auf eine demokratische Umgestaltung der Gesellschaft zielen. Solange jedoch die Macht in einer demokratisch nicht kontrollierten Wirtschaft konzentriert ist, werden alle Versuche der Veränderung kläglich scheitern. Entscheidend ist es daher, demokratische Entscheidungen in der Wirtschaft durchzusetzen.

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

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      durch deutsche Kohlekraftwerke (3.04.13)

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      in der Antarktis (15.12.12)

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      Klima
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