Ukrainische Kleptokratie
"Schlimmer als die alten..."
Kiew (LiZ). Einer der aus Sicht der "westlichen" Interessen wichtigsten Minister des ukrainischen Putsch-Regimes unter "Staatspräsident" Petro Poroschenko hat seinen Rücktritt erklärt. Wirtschafts-Minister Aivaras Abromavicius begründete seinen Schritt mit der allgegenwärtigen Korruption und dem mächtigen Einfluß der grauen Eminenz Igor Kononenko.
Abromavicius übte scharfe Kritik an Poroschenko: "Jede Reform wird entschieden blockiert." Sein Team werde bei der Arbeit behindert, indem alte Seilschaften unfähige Leute auf gut dotierte Posten in Schlüssel-Positionen von Staats-Unternehmen hieven. Das Ziel dabei sei laut Abromavicius, "Geldflüsse zu kontrollieren" - insbesondere im Energiesektor. Er habe zwar gelernt, sich dem entgegenzustellen und Widerstände "des alten Systems" zu überwinden. "Doch nun stellt sich heraus, daß einige der neuen Leute noch schlimmer als die alten sind," schimpfte der Wirtschafts-Minister bei seiner Rücktritts-Erklärung. "Weder ich noch mein Team wollen die offensichtliche Korruption decken oder Marionetten von Leuten sein, die im Stil der alten Machthaber das staatliche Geld kontrollieren wollen."
Dies erinnert an die Zeiten der "Gas-Prinzessin" Julia Timoschenko, die in den Wirren der post-sowjetischen Ära ein Vermögen von mindestens 30 Millionen Euro zusammenraffen konnte (Siehe unseren Artikel 'Ukraine - Alles dieselbe Bagage' v. 1.01.05). Als Beispiel für die bis heute unveränderten Zustände nennt Abromavicius das Vorgehen der grauen Eminenz Igor Kononenko, des stellvertretenden Fraktions-Chefs der Partei von "Staatspräsident" Poroschenko. Bereits im November hatte ein Stellvertreter des ukrainischen Generalstaatsanwalts gewarnt, Kononenko versuche, den Behörden Anweisungen zu geben.
Nach der Darstellung Abromavicius' hatte Kononenko kürzlich den Versuch unternommen, ihm einen Kandidaten aufzudrücken, der für das staatliche Gas-Unternehmen Naftogaz zuständig sein sollte. Schon zuvor habe Kononenko dafür gesorgt, daß "seine Leute" auf Chef-Sessel von Staats-Unternehmen gesetzt wurden. "Der Kandidat kam einfach mit allen Dokumenten für seine Ernennung hereinmarschiert und erklärte: Ich möchte Ihr Stellvertreter sein. Ich bin aus dem Team von Kononenko und meine Kandidatur ist oben schon abgesegnet," berichtet Abromavicius wütend. Danach kam ein Anruf aus der Präsidial-Verwaltung mit einem Hinweis auf die gewünschte Posten-Vergabe. Abromavicius erklärt, er habe dies mit den Worten abgelehnt: "Ich will nicht Teil dieser Plünderei sein." Kononenko ist ein langjähriger Weggefährte und Geschäftspartner Poroschenkos. Beide kennen sich seit dem Wehrdienst in der Roten Armee. Beide sind Teilhaber der International Invest Bank in Kiew.
In einer ungewöhnlichen Reaktion auf den Rücktritt Abromavicius' kam es heute zu einer gemeinsamen Stellungnahme der Botschafter von zehn Staaten - darunter der USA und Deutschlands. Darin ist die Rede von "tiefer Enttäuschung" und davon, daß Abromavicius bereits "reale Reform-Resultate" habe erreichen können.
Abromavicius war vor 14 Monaten aus Litauen, wo er Finanzmanager war, nach Kiew gekommen und hatte die ukrainische Staatsbürgerschaft angenommen. Poroschenko holte damals eine Reihe ausländischer Experten in sein Team. Angesichts der Entwicklung des ukrainischen BIP der vergangenen fünf Jahre schien dies auch dringend nötig.
"Die Ukraine ist zwei Schritte entfernt von einem Durchbruch, aber auch vom Abgrund," warnt Abromavicius.
Anmerkungen
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