Berlin (LiZ). Nach Jahrzehnten wohlfeiler Sonntagsreden wird Naturzerstörung und Artenvernichtung im Zeichen der Profitmaximierung wieder offensiv propagiert, wie der unverhohlene Haß zeigt, der UmweltschützerInnen nach der Nominierung des Kormoran zum Vogel des Jahres 2010 entgegen geschlagen war. Diese Entwicklung führte aktuell in der Schweiz und in Schweden zu Beschlüssen, die auf eine erneute Ausrottung des Wolfs hinauslaufen. Der über Jahre hin zu beobachtende Bestandsrückgang des Gartenrotschwanzes bestätigt jedoch exemplarisch, daß es sich gegenwärtig nicht um eine Kehrtwende in der politischen Praxis handelt, sondern lediglich um einen Wandel von einer heuchlerischen zu einer ehrlichen politischen Kommunikation.
Im Jahr 1980 wurde der Bestand der Gartenrotschwanzes in Deutschland noch auf 450.000 Brutpaare taxiert, mittlerweile ist er auf rund 150.000 abgesunken. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) und der Landesbund für Vogelschutz (LBV), NABU-Partner in Bayern, haben heute in Berlin den Gartenrotschwanz (Phoenicurus phoenicurus) zum "Vogel des Jahres 2011" gekürt. Der früher weit verbreitete und recht häufige Singvogel mit dem namensgebenden ziegelroten Schwanz ist heute in vielen Regionen selten geworden. Besonders im Westen Deutschlands ist er aus zahlreichen Dörfern und Kleinstädten verschwunden. Immer weniger Gärten ermöglichen ihm heute noch das Überleben.
"Die Bestände des Gartenrotschwanzes sind im selben Maße zurückgegangen, wie die Streuobstgürtel um unsere Ortschaften Neubaugebieten und Obstplantagen weichen mußten", erläuterte der LBV-Vorsitzende Ludwig Sothmann. Der Insektenfresser ist insbesondere durch den Einsatz von Insektiziden in der industriellen Landwirtschaft bedroht. Bundesweit gibt es nach Schätzungen der beiden Verbände höchstens noch 300.000 Hektar Streuobstwiesen. Gartenrotschwänze sind auf Nisthöhlen angewiesen, wie sie vor allem in alten Obstbäumen zu finden sind. Streuobstwiesen zählen daher zu seinen typischen Lebensräumen. Mit ihren hochstämmigen Obstbäumen, die ein hohes Alter erreichen können, bieten sie sowohl geeignete Brutplätze als auch die notwendigen Sitzwarten, von denen die Vögel nach Insekten jagen.
"Im Jahr des Gartenrotschwanzes wollen wir auf die Gefährdung dieses farbenprächtigen Vogels aufmerksam machen und zeigen, daß oftmals schon mit einfachen Mitteln neue Lebensräume wie Streuobstwiesen geschaffen werden können", sagte NABU-Vizepräsident Helmut Opitz. Daß dieser gutgemeinte Ansatz allein nicht ausreicht und eine Agrar-Wende hin zu einer biologischen Landwirtschaft nötig ist, um den Artenschwund insbesondere bei Vögeln und Amphibien zu stoppen, wird von den Umweltverbänden jedoch in aller Regel verschwiegen. Sie wollen offenbar den Konflikt mit schlagkräftigen Verbänden wie dem Deutschen Bauernverband und ihrem Vorsitzenden Gerd Sonnleitner vermeiden, der nicht nur für die industrielle Landwirtschaft, sondern auch die Gentechnik eintritt.
Der Gartenrotschwanz findet im Sommer in Deutschland immer weniger Lebensraum. Außer durch Insektizide wird er durch sterile Rasenflächen, die neue Mode geschotterter Vor-"Gärten" und exotische Gartengehölze vertrieben. Auf seinen Zugwegen in sein Winterquartier in Zentralafrika wird er Opfer von Vogeljagden und Dürreperioden. Langfristig droht der Gartenrotschwanz ein Opfer des Klimawandels zu werden: Dürreperioden im Mittelmeerraum und in der Sahelzone nehmen zu und die von den Vögeln zu überwindenden Wüsten dehnen sich von Jahr zu Jahr weiter aus.
Weitaus bekannter und häufiger als der Gartenrotschwanz ist sein naher Verwandter, der schlichter gefärbte Hausrotschwanz. Dieser stammt ursprünglich aus felsigen Bergregionen. Als Kulturfolger hat er sich unsere Städte als "Ersatzfelsen" erobert. Garten- und Hausrotschwanz werden daher leicht miteinander verwechselt.
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