Parteien-Politik sabotiert Solarwärme
Deutschland im EU-Vergleich auf Platz 6
Berlin (LiZ). Im Vergleich zur Stromerzeugung, bei der die erneuerbaren Energien Mitte 2012 die 25-Prozent-Marke überschritten, hinkt die Entwicklung der Solarthermie hinterher. Grund hierfür sind die in diesem Bereich deutlich höheren Hürden, die von Seiten der Parteien-Politik gegen die Energie-Wende errichtet wurden. Jetzt sollen die spärlichen Fördermittel sogar um 8 Prozent gekürzt werden.
Wenn auch nur die wenig ambitionierten Ausbauziele, die von der Bundesregierung unter der vielversprechenden Bezeichnung "Nationaler Aktionsplan für Erneuerbare Energien" propagiert wurden, erreicht werden sollen, müsste der Ausbau der Solarwärme-Erzeugung in Deutschland annähernd verdoppelt werden. Der im vergangenen Jahr verzeichnete Zubau von 1,15 Millionen Quadratmeter Kollektorfläche müßte hierfür mindestens auf 2 Millionen Quadratmeter pro Jahr erhöhen werden. Besser noch als ein lineares Wachstum wäre es, die Parteien-Politik würde ein exponentielles Wachstum zulassen, wie es bei der unbehinderten Einführung jeder innovativen Technologie selbstverständlich ist.
"Von einer Energie-Wende im Wärmesektor kann bislang leider in Deutschland kaum die Rede sein. Bislang ist es weder gelungen, den Modernisierungsstau im Heizkeller aufzulösen, noch erneuerbare Energien im Falle eines Heizungstausches oder im Neubau zum Regelfall zu machen," erläutert Jörg Mayer, Geschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft e.V. (siehe auch unseren Artikel v. 14.09.12).
Im EU-Vergleich rangiert Deutschland beim Pro-Kopf-Zubau im Jahr 2012 nur auf Platz 6 - deutlich abgeschlagen hinter Zypern, Österreich, Griechenland, Dänemark und Malta. Auch die anderen regenerativen Wärmetechnologien können die derzeit bestehende Solarwärme-Lücke nicht kompensieren - wie sich aus einer Marktübersicht des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW-Solar) ergibt.
Der im Jahr 2012 veröffentlichte "Fahrplan Solarwärme" des BSW-Solar prognostizierte einen Anteil von 8 Prozent Solarwärme am Wärmebedarf deutscher Haushalte bis 2030 und von über 10 Prozent am Wärmebedarf der deutschen Industrie. Voraussetzung für diese bescheidenen und in Anbetracht der klimatischen Veränderungen völlig unzureichenden Ausbau-Ziele wäre eine wenigsten teilweise Rücknahme der staatlichen Sabotage-Politik.
"Eine Umstellung der Solarwärme-Förderung auf eine sichere und hinreichende Finanzierungsbasis ist längst überfällig," fordert Jörg Mayer. Die ausbleibenden Einnahmen aus dem europäischen Emissionshandel, mit denen angeblich der Energie- und Klimafonds und damit unter anderem das Marktanreizprogramm für erneuerbare Wärme gespeist werden sollten, zeigten erst kürzlich wieder, daß Versprechen von Seiten der Parteien-Politik nicht eingehalten werden. Der BSW-Solar kritisiert, daß die Bundesregierung dennoch an diesem "Modell" festhalten will, wie der am gestrigen Mittwoch vorgestellte Entwurf für den Bundeshaushalt 2014 erkennen läßt.
Anstatt die finanziellen Mittel zu erhöhen, um die Solarwärme im Vergleich zur Subventionierung konkurrierender Energieträger wie Öl und Gas fair zu behandeln, wird die Förderung der Erneuerbaren Wärme im kommenden Jahr sogar um 8 Prozent auf 374 Millionen Euro gekürzt, da von einem weiteren Rückgang der Mittel aus dem sogenannten Energie- und Klimafonds auszugehen ist. Mayer bezeichnet dies diplomatisch als "Politikversagen" und unterstellt damit einen guten Willen, der den propagierten Zielen entspräche. So vermeidet er es, diese Politik als das zu bezeichnen, was sie ist: gezielte Sabotage an der Energie-Wende im Dienste der Öl- und Gas-Lobby. Mayer verweist allerdings darauf, daß die Energie-Wende nicht nur in Hinblick auf das Klima unabdingbar ist, sondern auch dem vorgeblich von der Parteien-Politik beabsichtigten Schutz der VerbraucherInnen dienen würde.
Denn während beim weiteren Einsatz von Kohle, Öl und Gas die Preise in Zukunft überproportional steigen werden, bewirkt die Energie-Wende beim Strom schon heute sinkende Kosten. Allerdings werden die sinkenden Erzeugungspreise beim Strom nicht an die privaten Haushalte weitergegeben. Stattdessen erhöhen die "Großen Vier" sogar die Endverbraucherpreise unter dem Vorwand, der Ausbau der erneuerbaren Energien sei teurer als die Subventionierung von Atomenergie und Kohleverstromung. Dies ist nur möglich, weil das Oligopol der "Großen Vier" von politischer Seite vor einem Eingreifen des Bundeskartellamts geschützt wird.
Mayer weist zu recht darauf hin, daß die Heizkosten schon heute die privaten Haushalte sehr viel stärker belasten als etwa der Strompreis. Heizungen auf Basis von erneuerbarer Energie könnten die BürgerInnen dagegen vor der zu erwartenden Heizkostenexplosion wirksam schützen.
Der Bundesverband Solarwirtschaft setzt sich zusammen mit anderen Verbänden der erneuerbaren Wärme für ein verbessertes, verlässliches Ausbauinstrument ein. Bei diesem Modell würde die Anschaffung von zum Beispiel einer Solarwärme-Heizung zwar wie bisher mit einem Investitionskosten-Zuschuß unterstützt - die notwendigen finanziellen Mittel würden jedoch durch eine "Erneuerbare-Wärme-Prämie" beschafft, die der Importeur von fossiler Energie abführt. In der Folge würden die Preise von klimaschädlicher Wärme durch die Verbrennung von Öl und Gas damit ein Stück näher an die tatsächlich verursachten Kosten rücken. Und zugleich würde erneuerbare Wärme ein wenig attraktiver.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
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