27.05.2022

ÄrztInnen-Kammern wollen sich nicht länger
für Homöopathie instrumentalisieren lassen

Homöopathie - Collage: Samy - Creative-Commons-Lizenz Namensnennung Nicht-Kommerziell 3.0
Bremen (LiZ). Das Plenum des Deutschen ÄrztInnen-Tages in Bremen hat beschlossen, künftig keine "Weiterbildungen" mehr für Homöopathie anbieten. Offenkundig gibt es seit 200 Jahren, seit der Erfindung der Homöopathie durch Samuel Hahnemann (1755-1843), keinerlei Beweis für deren Wirksamkeit. Eben so gut könnten sich die deutschen ÄrztInnen-Kammern auch für die "Traditionelle Chinesische Medizin" (TCM) instrumentalisieren lassen und das "Wissen" weiterverbreiten, bei Tigerknochen handele es um ein Medikament.

Die ÄrztInnen-Kammern sollen künftig keine Weiterbildungen mehr für Homöopathie anbieten, da es keine ernstzunehmenden wissenschaftlichen Studien gibt, die eine Wirksamkeit von Homöopathie belegen könnten. MedizinerInnen, die dennoch weiterhin Homöopathie anzubieten gedenken, sollen nicht daran gehindert werden.

"Es ist keine evidenzbasierte Medizin," sagte die Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen, Martina Wenker und begründete so die Entscheidung des Deutschen ÄrztInnen-Tages in Bremen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach reagierte prompt: "Gute Medizin steht auf dem Boden der Wissenschaft. Für Homöopathie gibt es dort keinen Platz." Allerdings wird in den Kreisen der Berliner Parteien-Politik eine andere Entscheidung des Deutschen ÄrztInnen-Tages geflissentlich ignoriert: So wird auch das "Freimessen" von radioaktivem Müll und die damit ermöglichte großflächige Verteilung von Radioaktivität durch die ÄrztInnenschaft in einer öffentlichen Stellungnahme zurückgewiesen, da es keinen Schwellenwert gibt, unterhalb dem Radioaktivität ungefährlich wäre.

Die ÄrztInnen-Kammer Niedersachsen nahm die Homöopathie bereits vor einiger Zeit aus ihrer Weiterbildungsordnung. Bereits 13 von 17 Landes-ÄrztInnen-Kammern entschieden sich nach Angaben der Bremer Kammer, die Zusatzbezeichnung nicht in das jeweilige Landesrecht zu übernehmen. Der Antrag der Bremer ÄrztInnen-Tag-Delegierten wurde bereits am Donnerstag angenommen - es handele sich um eine Empfehlung, die Umsetzung liege bei den Landes-ÄrztInnen-Kammern, erklärte Johannes Grundmann, Präsident der Bremer Ärztekammer.

Der Bremer Beschluß verweist darauf, daß es keine ernstzunehmenden wissenschaftlichen Studien gibt, die eine Wirksamkeit von Homöopathie belegen könnten. Damit fehlten auch die Grundlagen, nach denen in einer Weiterbildung der Wissenserwerb überprüft werden könnte.

Ein wichtiger weiterer Schritt im Sinne des gesellschaftlichen Pojekts der Aufklärung wäre es, die theologischen Fakultäten an den Universitäten und Fachhochschulen zu schließen. Auch in diesem Fall gibt es keine evidenzbasierten Kriterien, was denn nun im Bereich Religion als Wissen gelehrt werden könnte. Für die Ausbildung ihres Nachwuchses an KlerikerInnen sollten die Religionsgemeinschaften finanziell selbst aufkommen und sich nicht mit Milliarden Euro pro Jahr staatlich alimentieren lassen. Jährlich fließen den "christlichen" Kirchen in Deutschland pro Jahr insgesamt rund 20 Milliarden Euro aus staatlichen Mitteln zu (Siehe hierzu unseren Artikel v. 31.01.16). Religions­geschichte und Ethik hingegen haben zu recht ihren Platz in den Fachbereichen Geschichte und Philosophie.

Hersteller von Homöopathika arbeiten genauso profitabel wie alle anderen Pharma-Konzerne. Boiron, der weltgrößte Produzent von Homöopathika mit Sitz im französischen Lyon, erzielt bei einem Jahres-Umsatz von rund 800 Millionen Euro Gewinne in vergleichbarer Höhe wie andere Pharma-Konzerne. Seine Ausgaben für Forschung liegen jedoch weitaus niedriger. Verglichen mit der konventionellen Pharma-Industrie fällt das Risiko-Nutzen-Verhältnis für die Produzenten von Homöopathika sehr viel günstiger aus, aber bei den Profiten stehen sie den konventionellen Pharma-Konzernen in nichts nach. Der deutsche Homöopathie-Konzern Weleda erzielte 2020 einen Umsatz von 424 Millionen Euro. Heel ist ebenfalls einer der weltweit größten Hersteller von Homöopathika mit Sitz in Baden-Baden und erzielt über 200 Millionen Euro Umsatz (2020). Seit 1977 gehört der Heel-Konzern zu 100 Prozent zum Firmen-Imperium des BMW-Großaktionärs Stefan Quandt (Vermögen: rund 16 Milliarden US-Dollar). Wala mit Sitz in Bad Boll kommt auf einen Umsatz von rund 139 Millionen Euro (2018). Es besteht also kaum ein Grund zur Sorge (oder zur Hoffnung), daß in Zukunft die "Weiterbildung" im Bereich der Homöopathie an Geldmangel scheitern könnte.

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Homöopathie in deutschen Apotheken
      Warum keine Tiger-Knochen? (10.08.18)

      Elfen müssen weichen
      Freie Fahrt für freie EsoterikerInnen (6.08.18)

      "Ölziehen" und der
      erfundene Doktor Karach (6.02.18)

      TCM bedroht Löwen
      Südafrika erlaubt Export von Löwen-Knochen (30.06.17)

      Kirchentag blockiert Luther-Kritik
      "...hat Hitler genau ausgeführt." (25.05.17)

      Pseudo-Wissenschaft Homöopathie
      in Rußland zukünftig ohne Sonderstatus (6.02.17)

      20 Milliarden Euro
      für Kath-Prot-Kirchen (31.01.16)

      "Sterne lügen nicht!"
      Viele glauben an Sternzeichen (17.07.15)

      Esoterik tötet Pangolin
      In Asien schon fast ausgerottet (5.08.14)

      Witz der Woche
      Erst Haare, dann Blut und jetzt auch noch Stuhl... (23.04.14)

      Laizismus im Trend
      64 Prozent der Deutschen gegen Kirchensteuer (24.10.13)

      Esoterik für die Unterschicht
      "Power-Glücksband" beim Discounter (11.10.13)

      EU-Resolution zu Jungen-Beschneidung
      Israelische Regierung empört (4.10.13)

      Aktionstag "Reli adieu!"
      der Konfessionslosen und AtheistInnen (8.09.13)

      Artenvernichtung
      Esoterik tötet Nashörner (4.07.13)

      Esoterik - Der Mythos
      vom Klang der Stradivari (3.01.12)

      Mißbrauchs-Skandal
      erreicht den Papst (12.03.10)

      Katholische Kirche und Glaubwürdigkeit:
      Systematischer Mißbrauch in Klosterinternat Ettal
      Sex-Skandal im Vatikan (5.03.10)

      Pädophilie-Affaire der katholischen Kirche
      Geheimschreiben aus dem Jahr 2001
      belastet Papst Benedikt XVI. (22.02.10)

      Islam-"Wissenschaft"
      an deutschen Universitäten? (31.01.10)

      20 Prozent gegen Weihnachten
      Das Fest des Konsums löst Stress aus (11.12.09)

      Fortschritt für Aufklärung
      Antike Esoterik verliert AnhängerInnen (22.09.09)

      Papst gegen Trennung von Kirche und Staat
      Subvention in Deutschland
      jährlich mehr als 20 Milliarden Euro (13.09.08)

      Ratzinger ohne Kondom
      Französische Regierung will Papst schützen (4.09.08)

      Esoterik mit dem Stempel der Bundesregierung
      Feng Shui als Arbeitsschutz? (27.02.08)

      Pro7 setzt auf Volksverdummung
      Uri Geller nach drei Jahren erneut recycled (8.01.08)

      Falsche Propheten wie Sand am Meer
      Kein UFO vor dem Weißen Haus (13.12.07)

      Antike Esoterik
      Der Wunderglaube der katholischen Kirche (16.04.07)

      Kardinal von Galen
      - Ein Antisemit und Kriegsfreund (7.10.05)

      Ist Alternativ-Medizin
      nur Esoterik? (28.09.05)

      Astrologie - voll daneben (16.12.04)

      RTL-Verdummung
      mit Günter Jauch und Uri Geller (15.11.04)

      Rutengänger und Geistheiler
      blamierten sich reihenweise (13.10.04)

      Eine Million Dollar geboten (10.10.04)

      Der arme Vater Staat hat außer fürs Militär
      auch Milliarden für die Kirchen (29.02.04)

      Der Kongreß des Schweigens
      esoterische Skalarwellen in der Uni Stuttgart (23.10.03)

      Esoterik im Bio-Laden:
      Die Himalya-Bauchlandung (28.05.03)

      Papst nimmt Geschenk von Rüstungskonzern
      (6.06.2002)

      Esoterik - rationale Irrationalität
      (31.12.2002)

      Pardon: Vor 25 Jahren lernte die Menschheit fliegen
      (30.12.2002)