ÄrztInnen-Kammern wollen sich nicht länger
für Homöopathie instrumentalisieren lassen
Bremen (LiZ). Das Plenum des Deutschen ÄrztInnen-Tages in Bremen hat beschlossen, künftig keine "Weiterbildungen" mehr für Homöopathie anbieten. Offenkundig gibt es seit 200 Jahren, seit der Erfindung der Homöopathie durch Samuel Hahnemann (1755-1843), keinerlei Beweis für deren Wirksamkeit. Eben so gut könnten sich die deutschen ÄrztInnen-Kammern auch für die "Traditionelle Chinesische Medizin" (TCM) instrumentalisieren lassen und das "Wissen" weiterverbreiten, bei Tigerknochen handele es um ein Medikament.
Die ÄrztInnen-Kammern sollen künftig keine Weiterbildungen mehr für Homöopathie anbieten, da es keine ernstzunehmenden wissenschaftlichen Studien gibt, die eine Wirksamkeit von Homöopathie belegen könnten. MedizinerInnen, die dennoch weiterhin Homöopathie anzubieten gedenken, sollen nicht daran gehindert werden.
"Es ist keine evidenzbasierte Medizin," sagte die Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen, Martina Wenker und begründete so die Entscheidung des Deutschen ÄrztInnen-Tages in Bremen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach reagierte prompt: "Gute Medizin steht auf dem Boden der Wissenschaft. Für Homöopathie gibt es dort keinen Platz." Allerdings wird in den Kreisen der Berliner Parteien-Politik eine andere Entscheidung des Deutschen ÄrztInnen-Tages geflissentlich ignoriert: So wird auch das "Freimessen" von radioaktivem Müll und die damit ermöglichte großflächige Verteilung von Radioaktivität durch die ÄrztInnenschaft in einer öffentlichen Stellungnahme zurückgewiesen, da es keinen Schwellenwert gibt, unterhalb dem Radioaktivität ungefährlich wäre.
Die ÄrztInnen-Kammer Niedersachsen nahm die Homöopathie bereits vor einiger Zeit aus ihrer Weiterbildungsordnung. Bereits 13 von 17 Landes-ÄrztInnen-Kammern entschieden sich nach Angaben der Bremer Kammer, die Zusatzbezeichnung nicht in das jeweilige Landesrecht zu übernehmen. Der Antrag der Bremer ÄrztInnen-Tag-Delegierten wurde bereits am Donnerstag angenommen - es handele sich um eine Empfehlung, die Umsetzung liege bei den Landes-ÄrztInnen-Kammern, erklärte Johannes Grundmann, Präsident der Bremer Ärztekammer.
Der Bremer Beschluß verweist darauf, daß es keine ernstzunehmenden wissenschaftlichen Studien gibt, die eine Wirksamkeit von Homöopathie belegen könnten. Damit fehlten auch die Grundlagen, nach denen in einer Weiterbildung der Wissenserwerb überprüft werden könnte.
Ein wichtiger weiterer Schritt im Sinne des gesellschaftlichen Pojekts der Aufklärung wäre es, die theologischen Fakultäten an den Universitäten und Fachhochschulen zu schließen. Auch in diesem Fall gibt es keine evidenzbasierten Kriterien, was denn nun im Bereich Religion als Wissen gelehrt werden könnte. Für die Ausbildung ihres Nachwuchses an KlerikerInnen sollten die Religionsgemeinschaften finanziell selbst aufkommen und sich nicht mit Milliarden Euro pro Jahr staatlich alimentieren lassen. Jährlich fließen den "christlichen" Kirchen in Deutschland pro Jahr insgesamt rund 20 Milliarden Euro aus staatlichen Mitteln zu (Siehe hierzu unseren Artikel v. 31.01.16). Religionsgeschichte und Ethik hingegen haben zu recht ihren Platz in den Fachbereichen Geschichte und Philosophie.
Hersteller von Homöopathika arbeiten genauso profitabel wie alle anderen Pharma-Konzerne. Boiron, der weltgrößte Produzent von Homöopathika mit Sitz im französischen Lyon, erzielt bei einem Jahres-Umsatz von rund 800 Millionen Euro Gewinne in vergleichbarer Höhe wie andere Pharma-Konzerne. Seine Ausgaben für Forschung liegen jedoch weitaus niedriger. Verglichen mit der konventionellen Pharma-Industrie fällt das Risiko-Nutzen-Verhältnis für die Produzenten von Homöopathika sehr viel günstiger aus, aber bei den Profiten stehen sie den konventionellen Pharma-Konzernen in nichts nach. Der deutsche Homöopathie-Konzern Weleda erzielte 2020 einen Umsatz von 424 Millionen Euro. Heel ist ebenfalls einer der weltweit größten Hersteller von Homöopathika mit Sitz in Baden-Baden und erzielt über 200 Millionen Euro Umsatz (2020). Seit 1977 gehört der Heel-Konzern zu 100 Prozent zum Firmen-Imperium des BMW-Großaktionärs Stefan Quandt (Vermögen: rund 16 Milliarden US-Dollar). Wala mit Sitz in Bad Boll kommt auf einen Umsatz von rund 139 Millionen Euro (2018). Es besteht also kaum ein Grund zur Sorge (oder zur Hoffnung), daß in Zukunft die "Weiterbildung" im Bereich der Homöopathie an Geldmangel scheitern könnte.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Homöopathie in deutschen Apotheken
Warum keine Tiger-Knochen? (10.08.18)
Elfen müssen weichen
Freie Fahrt für freie EsoterikerInnen (6.08.18)
"Ölziehen" und der
erfundene Doktor Karach (6.02.18)
TCM bedroht Löwen
Südafrika erlaubt Export von Löwen-Knochen (30.06.17)
Kirchentag blockiert Luther-Kritik
"...hat Hitler genau ausgeführt." (25.05.17)
Pseudo-Wissenschaft Homöopathie
in Rußland zukünftig ohne Sonderstatus (6.02.17)
20 Milliarden Euro
für Kath-Prot-Kirchen (31.01.16)
"Sterne lügen nicht!"
Viele glauben an Sternzeichen (17.07.15)
Esoterik tötet Pangolin
In Asien schon fast ausgerottet (5.08.14)
Witz der Woche
Erst Haare, dann Blut und jetzt auch noch Stuhl... (23.04.14)
Laizismus im Trend
64 Prozent der Deutschen gegen Kirchensteuer (24.10.13)
Esoterik für die Unterschicht
"Power-Glücksband" beim Discounter (11.10.13)
EU-Resolution zu Jungen-Beschneidung
Israelische Regierung empört (4.10.13)
Aktionstag "Reli adieu!"
der Konfessionslosen und AtheistInnen (8.09.13)
Artenvernichtung
Esoterik tötet Nashörner (4.07.13)
Esoterik - Der Mythos
vom Klang der Stradivari (3.01.12)
Mißbrauchs-Skandal
erreicht den Papst (12.03.10)
Katholische Kirche und Glaubwürdigkeit:
Systematischer Mißbrauch in Klosterinternat Ettal
Sex-Skandal im Vatikan (5.03.10)
Pädophilie-Affaire der katholischen Kirche
Geheimschreiben aus dem Jahr 2001
belastet Papst Benedikt XVI. (22.02.10)
Islam-"Wissenschaft"
an deutschen Universitäten? (31.01.10)
20 Prozent gegen Weihnachten
Das Fest des Konsums löst Stress aus (11.12.09)
Fortschritt für Aufklärung
Antike Esoterik verliert AnhängerInnen (22.09.09)
Papst gegen Trennung von Kirche und Staat
Subvention in Deutschland
jährlich mehr als 20 Milliarden Euro (13.09.08)
Ratzinger ohne Kondom
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