"Sieg für die Pressefreiheit"
Hohenzollern-Prinz unterliegt ver.di
Berlin (LiZ). Georg Friedrich Prinz von Preußen, niedersächsischer Geschäftsmann und Ururenkel des abgesetzten letzten deutschen Monarchen, hat sich in den vergangenen Jahren als besonders klagefreudig erwiesen, was die wissenschaftliche und mediale Aufarbeitung der Geschichte seiner Familie angeht. In einer gerichtlichen Auseinandersetzung mußte er nun vor dem Kammergericht (KG) Berlin gegen die Gewerkschaft ver.di eine Niederlage einstecken. Die GewerkschafterInnen werten dies als "Sieg für die Pressefreiheit".
Doch zuvor hatte der Prinz Erfolg und konnte gegen ver.di im August 2020 vor dem Landgericht Berlin eine Einstweilige Verfügung durchsetzen, die im Berufungsverfahren im November sogar bestätigt wurde. Erst in dritter Instanz siegte ver.di. Gegenstand der Einstweiligen Verfügung war eine Text-Passage im ver.di-Medienmagazin 'M Menschen Machen Medien', in der es hieß, Georg Friedrich Prinz von Preußen habe sich als "besonders klagefreudig erwiesen, was die wissenschaftliche und mediale Aufarbeitung der Geschichte seiner Familie angeht".
Die Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di, Monique Hofmann, begrüßt das Urteil. Damit sei nun klargestellt, daß der Hohenzollern-Prinz mit Hilfe der Gerichte versucht, die Pressefreiheit auszuhebeln. Georg Friedrich Prinz von Preußen, Oberhaupt des preußischen Zweiges der Hohenzollern, ist offenbar in insgesamt mehr als 120 Fällen mit Abmahnungen und Klagen gegen Medien und Einzelpersonen vorgegangen, die sich öffentlich zu den Hohenzollern geäußert haben. "Dem hat das Gericht nun einen ersten Riegel vorgeschoben," zeigt sich Hofmann erfreut.
Hätte das Gericht dem Ansinnen der Hohenzollern stattgegeben, würde die Pressefreiheit "in unzulässiger Weise beschnitten", so die Vorsitzende Richterin des 10. Zivilsenats des Kammergerichts Berlin. "Wir hoffen, daß diese Entscheidung anderen Kolleginnen und Kollegen, die ebenfalls von der Abmahn- und Klagepraxis der Hohenzollern betroffen sind, Mut macht, sich dagegen zur Wehr zu setzen - auch mit Unterstützung ihrer Gewerkschaft", so Monique Hofmann.
Einen Überblick der historischen und juristischen Aspekte des Streits bietet das "Hohenzollern-Klage-Wiki":
https://wiki.hhu.de/spaces/viewspace.action?key=HV
Im Kern geht es um die Frage, welche Rolle der nach dem Ersten Weltkrieg im Jahr 1918 abgesetzte deutsche Monarch Wilhelm II. und sein Sohn beim Aufstieg und der Machtübernahme der Nazis gespielt haben. Bei der Auseinandersetzung um geschichtliche Fakten geht es vordergründig um eine "Frage der Ehre". Georg Friedrich Prinz von Preußen, Ururenkel Wilhelms II., verfolgt dabei allerdings nicht zuletzt ganz handfeste materielle Interessen. Es geht um Immobilien, Ländereien und Kunstgegenstände.
Um den Zusammenhang mit der Zeit der Weimarer Republik zu verstehen, ist ein kurzer historischer Rückblick nötig:
Zum Ende des Ersten Weltkriegs im Jahr 1918 wurde das Vermögen der Hohenzollern beschlagnahmt und vom preußischen Finanzministerium verwaltet. Doch nach der Absetzung Wilhelms II. dauerte es acht Jahre, bis im Jahr 1926 ein Vertrag zwischen Wilhelm II. und dem deutschen Staat geschlossen wurde. Während in Österreich das Vermögen der Habsburger größtenteils zugunsten der Kriegsopfer enteignet wurde, bekamen die Hohenzollern 39 Gebäude und etliche landwirtschaftliche Güter zurück, darunter den Cecilienhof in Potsdam. Zweige des vormaligen preußischen Königshauses lebten weiter auf Schloß Glienicke und Schloß Schwedt in Brandenburg, auf Schloß Kamenz und Schloß Seitenberg in Schlesien, auf Gut Krojanke in Westpreußen, auf Schloß Reinhartshausen am Rhein und auf Gut Hemmelmark in Schleswig.
Eine Vielzahl der Objekte, die der Hohenzollern-Familie 1926 vom Staat überlassen wurden, befand sich 1945 auf dem Gebiet der späteren DDR. Die - historisch betrachtet - durch Raub und Frondienste erlangten Besitztümer gingen dem "Hause Hohenzollern" nach dem Zweiten Weltkrieg durch die entschädigungslosen Enteignungen im Rahmen einer von der sowjetischen Militäradministration vorgenommenen "Bodenreform" wieder verloren.
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und ihres Satelliten-Staates DDR gerieten diese Besitztümer in das Zentrum politischer und rechtlicher Auseinandersetzungen darüber, wie mit diesen Enteignungen der Jahre 1945-49 im Jahr 1990 umgegangen werden sollte. Der Gesetzgeber entschied sich nun dafür, die "Bodenreform" der sowjetischen Besatzungsmacht – anders als die späteren Enteignungen in der DDR – nicht rückgängig zu machen. Allerdings schuf er im Jahr 1994 für die seinerzeit Enteigneten beziehungsweise deren ErbInnen einen Anspruch auf finanzielle Entschädigung. Der Gesetzgeber verschränkte diesen Anspruch aber wiederum mit einer weiteren wesentlichen Frage der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts. Denn der Anspruch ist für diejenigen Enteigneten ausgeschlossen, die den Nazis erheblichen Vorschub geleistet haben. Als Louis Ferdinand Prinz von Preußen, zweitältester Sohn und Erbe des ehemaligen Kronprinzen Friedrich Wilhelm und Enkel Wilhelms II., in den 1990er-Jahren seine Ansprüche geltend machte, wurde damit auch die Frage juristisch relevant, welche Rolle sein Vater beim Aufstieg und der Machtübernahme der Nazis gespielt hatte.
Mit der Begründung, der damalige Kronprinz habe in der Zeit der Weimarer Republik den Nazis "erheblichen Vorschub" geleistet, lehnte die zuständige Behörde des Lands Brandenburg 2015 einen Antrag der Hohenzollern auf Entschädigungsleistungen nach dem Ausgleichsleistungsgesetz ab. Georg Friedrich Prinz von Preußen erhob vor dem Verwaltungsgericht Potsdam hiergegen Klage. Die Auseinandersetzung eskalierte 2019, als Teile der Forderungen der Hohenzollern sowie deren Einschätzung durch eine gemeinsame Stellungnahme der Stiftungen Preußische Schlösser und Gärten und Preußischer Kulturbesitz sowie des Deutschen Historischen Museums als "weitgehend überzogen und inakzeptabel" der Öffentlichkeit bekannt wurden. Dies führte auch zu einer weitreichenden, vor allem moralisch begründeten Kritik am Verhalten des "Hauses Hohenzollern". Im Verlauf der Debatte wurden weitere Vorwürfe gegen Georg Friedrich Prinz von Preußen und die Hohenzollern erhoben, kritische Wissenschaftler mit juristischen Mitteln einzuschüchtern.
Seit 2018 bemühte sich Georg Friedrich Prinz von Preußen gerichtlich darum, die Rückgabe der Burg Rheinfels zur eigenen wirtschaftlichen Nutzung zu erreichen. Seine Klage wurde Mitte 2019 vom Landgericht Koblenz in erster Instanz abgewiesen, wogegen er Berufung einlegte. Ende Januar 2020 wurde in dem Rechtsstreit eine außergerichtliche Einigung erzielt. Erneut wurde im Zusammenhang mit den in den Jahren 2020 und 2021 anhängigen ungeklärten Entschädigungsforderungen bekannt, daß juristische Schritte gegen WissenschaftlerInnen und Medien durch das "Haus Hohenzollern" und Georg Friedrich Prinz von Preußen als Hauptverantwortlicher eingeleitet worden waren.
Die gesamte Auseinandersetzung ist vor dem Hintergrund umsichgreifender SLAPP-Praktiken zu sehen. Im englischen Sprachraum steht die Abkürzung für "strategic lawsuits against public participation". Es handelt sich um strategische und oftmals mißbräuchliche Klagen, die hauptsächlich den Zweck verfolgen mit Hilfe finanziellen Drucks, JournalistInnen, NGOs und VertreterInnen des öffentlichen Interesses mundtot zu machen.
Die Verklagten sehen sich meist hohen Anwaltskosten, jahrelangen Gerichtsprozessen und horrenden Schadensersatzforderungen gegenüber. Während SLAPP-Methoden in Polen und Ungarn zum Repertoire der Regierungen gehört, nehmen solche mißbräuchlichen Verfahren gegen JournalistInnen und nicht-staatliche Organisationen auch in Deutschland zu. Ein bekanntes Beispiel ist der Fall eines Agrarreferenten des Münchner Umweltinstituts, gegen den Klage wegen des Vorwurfs der üblen Nachrede vor einem Bozener Gericht erhoben wurde.
Anmerkungen
Siehe auch unseren Artikel:
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