Brüssel (LiZ). Das erstmals 2003 von überregionalen Medien beachtete Bienensterben greift im Norden Europas um sich. Laut einer heute von der EU-Kommission veröffentlichten Studie in siebzehn EU-Staaten starben im Winter 2012/2013 in Deutschland 13,6 Prozent der Bienenvölker.
Im Vergleich hierzu betrugen die Verluste in Deutschland im Frühling und Sommer 3,8 Prozent. Im Winter konnte in Süd- und Osteuropa eine geringere Rate des Bienensterbens verzeichnet werden. Schlechter als in Deutschland stand es hingegen im Norden und Nordwesten Europas.
Europas ImkerInnen verzeichnen durch das Bienensterben Umsatzeinbußen von rund 140 Millionen Euro jährlich. Der Schaden, der in der Landwirtschaft durch fehlende Bestäubung entsteht, ist noch viel größer. Er wird auf 20 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. "Müsste das Bestäuben von Hand erledigt werden, würde jeder Apfel so viel kosten wie eine Schweizer Uhr," erklärte der Dokumentarfilmer und Bienen-Experte Markus Imhoff am Montag auf einer Konferenz in Brüssel.
Das seit 2003 auftretende Phänomen, daß Bienen vermehrt nicht zurück in ihre Stöcke finden oder verenden, ist nun offenbar auch der Europäischen Kommission zu Ohren gekommen. Bei der Lebensmittelbehörde EFSA, die auf vielfältige Weise mit der Agro-Industrie verfilzt ist und die daher einen Zusammenhang zwischen dem Bienensterben und dem Einsatz von Pestiziden in der industriellen Landwirtschaft jahrelang geleugnet hat, mußte inzwischen eine Spezialabteilung einsetzen, die "mögliche Ursachen" erforschen soll.
Mittlerweile räumt die EFSA ein, drei Pestizide aus der Gruppe der Neonikotinoide stellten "etliche Risiken für Bienen" dar. Die Nervengifte, die in der industriellen Landwirtschaft eingesetzt werden, um Insekten, unerwünschte Pflanzen und Pilze zu töten, sind 7000-fach giftiger als das altbekannte Agro-Gift DDT.
In Luxemburg ist eine dramatische Entwicklung zu verzeichnen: Ein Rückgang bei den Bienenvölkern allein in den Jahren 2010 bis 2013 um über 40 Prozent. Die Zahl der Bienenvölker ist laut Greenpeace Luxemburg von 5.580 auf 3.258 Einheiten gesunken.
Im Mai 2013 erließ die EU-Kommission ein zunächst auf zwei Jahre befristetes Verbot der drei gefährlichsten Pestizide für bestimmte Einsatzformen wie etwa auf Feldern bestimmter blühender Arten. Auf Rübenäckern und Feldern mit Wintergetreide dürfen sie allerdings weiter ausgebracht werden.
ImkerInnen und UmweltschützerInnen geht dieses Mini-Verbot nicht weit genug. Die Pestizid-Produzenten Syngenta und BayerCropScience klagten hingegen vor dem Europäischen Gerichtshof. Sie bestreiten, daß es einen Zusammenhang zwischen dem Bienensterben und ihren Pestiziden gibt. Auch die Agrar-Verbände, die von den Großkonzernen der industriellen Landwirtschaft dominiert werden, setzen alle Hebel und LobbyistInnen in Bewegung. Sie beklagen Umsatzeinbußen von 17 Milliarden Euro jährlich durch das teilweise Pestizid-Verbot.
Doch auch in den USA (siehe unseren Artikel v. 6.03.07) und im Nahen Osten kam es in den vergangenen Jahren immer wieder zu Massensterben von Bienen, bei denen bis zu 85 Prozent aller Bienenvölker verendeten. Jahr für Jahr sterben in den USA in jedem Winter mindestens 30 Prozent der von ImkerInnen gehaltenen Bienenvölker.
Immer mehr kritische WissenschaftlerInnen zeigen auf, daß die Folge-Erscheinungen wie etwa der vermehrte Befall durch die Varroa-Milbe auf den Einsatz von Pestiziden zurückzuführen ist.
Anmerkungen
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