Berlin (LiZ). Daß im Kapitalismus nicht der Feldhase zum Osterfest gehört, sondern der Schokoladen- hase, mag manchen konserva- tiven UmweltschützerInnen noch nicht aufgegangen sein. Denn regelmäßig an Ostern wird an "die Politik" appelliert, bitteschön den Feldhasen, der doch den Kinderlein die Eier bringt, vorm Aussterben zu erretten.
Alle Jahre wieder plädiert auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) für grundlegende Änderungen in der landwirtschaftlichen Praxis. Denn unter der industriellen Landwirtschaft mit ihren großflächigen Monokulturen und hohem Pestizideinsatz haben Hase, Hamster und auch viele Bodenbrüter zu leiden. Vor zwölf Jahren wurden deutschlandweit noch etwa eine halbe Million Hasen gezählt. Heute sind nur noch rund 350.000 übrig.
Der stärkste Rückgang der Hasenpopulation ist laut BUND in Baden-Württemberg, Bayern und Niedersachsen zu beobachten. "In großräumigen, leeren Agrarlandschaften und in Regionen mit flächendeckenden Mais-Monokulturen findet der Feldhase immer weniger Lebensraum. Hauptursache dafür ist eine verfehlte Subventionspolitik, die vor allem Anreize für die Agrar-Industrie setzt und dem Artenschutz zu wenig Bedeutung beimißt," erklärt der BUND-Natur- schutzexperte Magnus Wessel. "Der Einsatz großer Mengen von Pestiziden, die Überdüngung der Äcker und das Umpflügen von Feldrändern - das alles findet im Rahmen der bestehenden Gesetze statt. Die Folge sind dramatische Verluste bei Feldhasen und zahlreichen anderen Tier- und Pflanzenarten. Bundesagrarministerin Ilse Aigner muß endlich dafür sorgen, daß die EU-Subventionen an wirksame Regeln für den Artenschutz gekoppelt werden. Bisher läßt sie hier jedes Engagement vermissen."
Doch auch während der "rot-grünen" Ära von 1998 bis 2005 unter Bundeskanzler Gerhard Schröder waren solche Appelle an "die Politik" vergeblich (siehe unseren Artikel vom 27.03.05). Obwohl Schröder auf dem Höhepunkt des BSE-Skandals im Jahr 2001 den amtierenden "roten" Agrar-Minister Karl-Heinz Funke gegen die pseudo-grüne Renate Künast eintauschte und großmäulig eine Agrar-Wende und das "Ende der industriellen Tierproduktion" versprach, gab es keinen realen Kurswechsel, sondern lediglich Korrekturen am Image. So wurden auch unter Ministerin Künast die Agrar-Subventionen, mit denen nur die industriellen Großbetriebe gefördert, die Überproduktion beschleunigt und die kleinen und Bio-Bauern nach und nach zur Aufgabe gezwungen werden, entgegen den Vorschlägen des damaligen EU-Agrar-Kommissars Fischler beibehalten.
Auch heute kündigt die EU-Kommission in einem altbekannten Ping-Pong-Spiel mit den nationalen Regierungen wunderschöne Artenschutzpläne an, die von den Umweltschutz-Organisationen begrüßt werden. Doch bereits heute steht fest, daß die Umsetzung dieser Pläne von den amtierenden europäischen Agrar-MinisterInnen wie Ilse Aigner, Bruno Le Maire und Co rechtzeitig verhindert wird. Völlig zu recht stellt der BUND fest: "Entsprechende Vorgaben für die Subventionsempfänger, mehr Mittel für den Ökolandbau und ein Ende der umweltschädlichen Überproduktion sind nötig, wenn die Bundesregierung ihr Ziel erreichen will, den Artenverlust zu stoppen." Das entscheidende Wörtchen hierbei ist jedoch "wenn"...
Im Gegensatz zu Kaninchen legen Feldhasen keinen unterirdischen Bau an, sondern verstecken sich tagsüber in einer Mulde, der so genannten Sasse, in der auch die Jungtiere geboren werden. Dort werden sie wegen ihrer guten Tarnung zwar selten zur Beute ihrer natürlichen Feinde wie Fuchs oder Adler. Sie fallen aber der industriellen Landwirtschaft zum Opfer. Eine wildtiergerechte Gestaltung von Brachflächen wäre ein wirksames Instrument zum Schutz des Feldhasen, mindert jedoch die Profite.
Eine weitere Ursache bei der Ausrottung des Feldhasen spielen Straßenverkehr und Flächenfraß: Jahr für Jahr zerschneiden immer mehr Straßen die Landschaft und die Siedlungsfläche nimmt in Deutschland trotz konstanter Bevölkerungszahl weiter zu. "Schwarz-Gelb" fördert diese Entwicklung ebenso wie es "Rot-Grün" getan hatte.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
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(23.01.12)
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