Tokio (LiZ). Am gestrigen Freitag protestierten in Tokio 45.000 Menschen vor dem Amtssitz von Ministerpräsident Yoshihiko Noda. Die Demonstration richtete sich gegen die von der Regierung angekündigte Wiederinbetriebnahme von Atomkraftwerken. Die Polizei sprach von 11.000 TeilnehmerInnen.
"Nein zum Neustart der Atomenergie!" riefen die DemonstrantInnen in Sprech-Chören und besetzten weiträumig Gehwege und Fahrbahnen rund um den Amtssitz des Ministerpräsidenten im Tokioer Nagatacho Bezirk. Nach und nach waren in den Monaten nach dem Super-GAU von Fukushima sämtliche 50 noch funktionsfähigen Atom-Reaktoren abgeschaltet worden. Mit dem AKW Oi will die japanische Regierung nun den Neustart der Atomenergie einläuten. Der Protest richtet sich insbesondere gegen die für kommendes Wochenende geplante und von der japanischen Regierung sanktionierte Wiederinbetriebnahme des AKW Oi in der Präfektur Fukui. Das Atomkraftwerk liegt an der Westküste unmittelbar am Ufer des Japanischen Meeres.
Noda setzte sich mit dem Beschluß über die laut Umfragen eindeutige Mehrheit, die sich für die Beibehaltung des bereits mehrere Monate andauernden Atomausstiegs ausspricht, hinweg und beugte sich offenkundig den Profitinteressen der Atom-Lobby. Die japanische Regierung berief sich dabei auf die angebliche Stromknappheit des vergangenen Sommers, um so den AKW-Neustart zu rechtfertigen. Viele der TeilnehmerInnen hatten nicht über die japanischen Mainstream-Medien, sondern über das Internet vom Aufruf zur Demo erfahren. Bereits am vergangenen Freitag hatte eine Demo in Tokio stattgefunden, zu der 11.000 Menschen geströmt waren.
"Ich bin über die Entscheidung zum AKW-Neustart schockiert, während bislang noch nicht einmal über eine Methode entschieden wurde, wie der radioaktive Müll gelagert werden kann," sagte ein 32-jähriger Angestellter während der Demo zu JournalistInnen. Er habe sich entschieden, am Protest teilzunehmen, weil er nicht länger still bleiben könne. "Die Entscheidung der Regierung ist eine Torheit. Wir sollten es nicht der nächsten Generation überlasen, das Problem der Energieversorgung zu lösen," äußerte eine 42-Jährige aus der Stadt Kofu gegenüber 'Japan Times', die zur Demo nach Tokio gereist war.
Zur Demo aufgerufen hatte das Bürgerinitiativ-Netzwerk 'Shutoken Hangenpatsu Rengo' (Anti-Atom-Koalition der Hauptstadt). Zum Start der Serie von Freitags-Demonstrationen in Tokio hatten im März zunächst nur 300 Menschen teilgenommen. Doch nach Angaben der InitiatorInnen stieg die Zahl von Mal zu Mal.
Auch in Osaka gingen Tausende gegen den geplanten Neustart der Atomenergie auf die Straße. In den US-amerikanischen Städten an der Pazifikküste wie San Francisco und auch in Portland (Oregon) kam es zu Protesten vor den japanischen Konsulaten.
Anmerkungen
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gegen Neustart der Atomenergie (16.06.12)
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