E.on: 9 Milliarden Euro Minus
Energie-Wende wirkt
Essen (LiZ). Im Geschäftsjahr 2015 hatte der Energie- und Atomstrom-Konzern E.on bereits einen Rekordverlust von rund sieben Milliarden Euro zu verzeichnen. Nun muß E.on-Chef Johannes Teyssen einen Verlust von 9,3 Milliarden Euro bekanntgeben. Die niedrigen Erzeuger-Preise für Windkraft- und Solar-Strom, die allerdings nicht bei den EndkundInnen ankommen, zerstören nach und nach das Geschäftsmodell der ehemals "Großen Vier": E.on, RWE, Vattenfall und EnBW.
Der Verlust von über 9 Milliarden Euro hat sich allein in den ersten drei Quartalen aufsummiert. Im Juni hatte sich E.on aufgespalten. Die ursprünglich geplante Überlebens-Strategie, die Atomkraft-Sparte abzuspalten, ging nicht auf. Ziel dieser Strategie war es, die gesetzlich vorgesehenen - angesichts der Zukunftskosten der Lagerung des hochradioaktiven Atommülls für Millionen Jahre viel zu geringen - Rückstellungen im zweistelligen Milliarden-Euro-Bereich mit Hilfe einer Insolvenz der Abspaltung loszuwerden. Nach massivem Druck der Öffentlickeit auf die Bundesregierung mußte E.on bei der Aufspaltung die mittlerweile ungeliebte Atomkraft-Sparte im "Portefeuille" behalten (Siehe unseren Artikel v. 9.06.16).
Der Buchwert der Abspaltung Uniper mit dem unrentablen Kohle- und Gasgeschäft war deutlich zu hoch angesetzt. Da ließen sich auch AnlegerInnen, die noch bis in die jüngste Zeit an eine goldene Zukunft von Atomkraft, Kohle- und Gas-Verstromung glaubten, nicht täuschen. Der Fehlbetrag beruht hauptsächlich auf Abschreibungen, das heißt auf der Differenz zwischen dem noch im Juni in die Bilanz geschriebenen Fantasie-Wert und dem jetzt ermittelten "Marktwert" von Uniper - von angeblich immer noch 6,1 Milliarden Euro.
Auch bei anderen Beteiligungen mußte E.on die Buch-Werte nach unten korrigieren. Insgesamt belaufen sich die "Wertberichtigungen" seit der Aufspaltung auf rund 23 Milliarden Euro.
E.on-Chef Johannes Teyssen versucht es dennoch weiterhin mit Pfeifen im Walde: "Wir brauchen noch mehr Kundennähe, müssen schlanker und schneller werden." Und: "Unser Ziel ist es, trotz weiterer grundlegender Veränderungen die Zukunft des Unternehmens dauerhaft zu sichern." Teyssen verkündet frohgemut für das gesamte Geschäftsjahr 2016 ein bereinigtes Ergebnis vor Zinsen und Steuern in Höhe von 2,7 bis 3,1 Milliarden Euro. Allerdings heißt es in seinem gestern veröffentlichten Zwischenbericht verschämt, E.on verfüge noch über "komplexe zentrale Strukturen und Kosten eines breit aufgestellten Unternehmens". Auch das Wörtchen "dezentral", das bislang für die Chefs der "Großen Vier" ein Fremdwort war, taucht in diesem Bericht auf - doch lediglich als Attribut eines nebulösen "Zukunftsgeschäfts".
Offenbar träumt Teyssen immer noch davon, E.on könne wie der mythologische Phönix aus der Asche wiederauferstehen. Und so läuft das Kostenreduzierungs-Projekt unter dem firmeninternen Namen "Projekt Phoenix". Dieses soll die Ausgaben-Seite um 400 Millionen Euro innerhalb von zwölf Monaten mindern.
In der Ökostrom-Sparte - überwiegend Offshore-Windparks - und den Geschäftsbereichen Netze und Vertrieb konnte E.on seinen operativen Gewinn in den vergangenen drei Quartalen um rund 13 Prozent auf knapp 1,9 Milliarden Euro steigern - eindeutig zu wenig, um die gigantischen Verluste abfedern zu können. Trotz des Plus von 1,9 Milliarden Euro ging bei E.on insgesamt das Ebit um rund vier Prozent zurück.
Ein schneller Einstieg und damit Milliarden-Gewinne im Bereich der erneuerbaren Energien ist E.on Dank der dezentralen Struktur dieses Geschäftsfeldes in den für ein Überleben des Konzerns entscheidenden Jahren bis 2020 nicht mehr möglich. Es ist hier an die fundierte Analyse Hermann Scheers zu erinnern (Siehe unseren Artikel v. 12.07.13).
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
E.on, RWE, EnBW und Vattenfall
aus der Verantwortung entlassen (19.10.16)
EnBW geht unter
Tiefrote Zahlen im ersten Halbjahr 2016 (29.07.16)
E.on aufgespalten
Eine Milliarde Euro für Dividenden
Kein Geld für Atommüll-Fonds (9.06.16)
Daumen runter für RWE
Rote Zahlen und Desaster in GB (12.11.15)
E.on mit roten Zahlen
Was wird aus Rückstellungen? (10.11.15)
Gabriel spendiert
zusätzliche Subventionen (4.11.15)
Witz der Woche / Karikatur von Samy
Gabriel, der Moses auf dem Scherbenhaufen (4.11.15)
RWE an Schulen?
Lobbycontrol protestiert (2.11.15)
Auch RWE will sich aufspalten
Steuergelder fürs Atommüll-Desaster (7.05.15)
Untergräbt Gabriel
das Vertrauen der Atomwirtschaft? (21.01.15)
Monitor: Wie von RWE bestellt
Politik lieferte Vorlage für Millionenklage (15.01.15)
EnBW klagt gegen Stilllegungen
Wie steht's mit dem "Atom-Ausstieg"? (23.12.14)
E.on verarscht Deutschland
Kommentar von Adriana Ascoli (3.12.14)
Trotz Blockade der Energie-Wende:
RWE schreibt rote Zahlen (4.03.14)
Atom-Ausstieg?
Ein Vergleich zwischen D und GB (2.11.13)
Schwarze Kassen bei der "grünen" EnBW?
Baden-württembergische Staatsanwaltschaft ermittelt
(28.10.13)
EU-Kommissar Oettinger manipuliert
Subventionsbericht zu erneuerbaren Energien (14.10.13)
HamburgerInnen gewinnen Volksentscheid
und damit ihre Energie-Netze zurück (23.09.13)
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müßten die Strompreise sinken (12.07.13)
Jährlich 3.100 Tote
durch deutsche Kohlekraftwerke (3.04.13)
Strompreiserhöhungen wegen Energie-Wende?
Zur Zeit werden Lügen verbreitet (09.11.12)
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kein Strommangel in Deutschland (3.02.12)
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