8.03.2018

Frieda Kahlo als Barbie-Puppe
Reaktionär oder emanzipativ?

Frieda Kahlo u.a. als Barbie - Grafik: Samy - Creative-Commons-Lizenz Nicht-Kommerziell 3.0
El Segundo (LiZ). Zum heutigen Internationalen Frauentag hat sich der Spielzeug-Konzern Mattel etwas ganz Besonderes ausgedacht. Er bringt auf einen Schlag 17 neue Barbies heraus und versucht damit, sein reaktionäres Image abzustreifen - alle 17 Püppchen sind (mehr oder weniger) nach dem Vorbild starker Frauen aus der Weltgeschichte geformt, der Malerin Frieda Kahlo, der Fliegerin Amelia Earhart, der NASA-Mathematikerin Katherine Johnson...

Promotet wird die neue Kollektion mit der Werbe-Aussage, nun gehe es nicht mehr darum, welches (neue) Outfit Barbie heute angezogen bekommt, sondern was die kleine Malerin, Pionierin oder Wissenschaftlerin an Abenteuern heute erlebt. Die Frage ist allerdings, ob ein solches Spielen Mädchen tatsächlich eher aus ihrer konsumtiven Rolle befreit als beispielsweise einen kurzsichtigen Jungen, der Superman-Comics verschlingt.

Mattel nahm offenbar zur Kenntnis, daß 86 Prozent der US-amerikanischen Mütter über die Vorbilder ihrer Töchter besorgt sind. Allerdings zielt die nun gestartete Püppchen-Offensive ganz offensichtlich nur darauf ab, das Image des Konzerns und das Image der Barbie zu verändern - also nur den Schein und nicht das Sein. Denn die 17 neuen Püppchen sehen der Original-Barbie ähnlicher als etwa die 1967 herausgebrachte Twiggy-Barbie. Das Model Twiggy verkörperte damals als erstes "Mager-Model" den Kontrapunkt zum üppigen Pin-Up-Look der Nachkriegszeit. Twiggy wurde zum It-Girl der sechziger Jahre. Mit ihrer androgynen Ausstrahlung diente Twiggy immerhin als Projektionsfläche für Fantasien von der sexuellen Befreiung, von Rebellion, wilden Partys oder auch harte Drogen...

Die 17 nun von Mattel neu auf den Markt geworfenen Püppchen behalten ausnahmslos die unrealistischen Proportionen der Original-Barbie: lange dünne Beine, Wespentaille und einen kurzen Oberkörper. Lisa McKnight, Vize-Präsidentin und Hauptgeschäftsführerin der Barbie-Abteilung beim Mattel-Konzern erklärte: "Barbie feiert ihre größte Präsentation neuer Vorbilder (role models), die auf den Internationalen Frauentag datiert wurde, weil du nicht das sein kannst, was du nicht siehst." Nun werden sicherlich etliche Mütter aus den gebildeten, "besserverdienenden" Schichten meinen, ihre (früheren) feministischen Vorbilder zu sehen und werden hoffen, damit ihre Töchter zu beeinflussen. Die Töchter jedoch werden sicherlich weit überwiegend das Model sehen, den fleischgewordenen Kleiderständer. Daß dieses "role model" nahezu idealtypisch den Menschen in seiner Warenform wiederspiegelt, ist hingegen nicht so leicht zu erkennen, sondern bedarf eines analytischen Blicks.

 

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Anmerkungen

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