Landshut (LiZ). Das Atomkraft- werk Isar I vom Typ Siede- wasserreaktor steht schon lange im Verdacht, daß im sicherheits- relevanten Bereich altersbedingte Rißbildungen aufgetreten sind. Aus einem aktuellen Gutachten des TÜV Süd, das der 'Süddeutschen Zeitung' vorliegt, geht hervor, daß Risse entdeckt wurden. Dennoch bestätigte der TÜV Süd die Sicherheit des Reaktors.
Reaktor I des AKW Isar ging im Dezember 1977 in Betrieb und hätte nach den obskuren Berechnungen der früheren Bundes-Atom-Minister Jürgen Trittin und Sigmar Gabriel, im Jahr 2011 stillgelegt werden sollen. Dies war jedenfalls auf der Internet-Seite des Ministeriums lange Zeit veröffentlicht, ohne daß die Umrechnung der mit den im Jahr 2000 verkündeten "Atom-Ausstieg" vereinbarten Reststrommengen in "Restlaufzeiten" jemals transparent gemacht worden wäre.
In Deutschland wurden mehrere nahezu baugleiche Meiler vom Typ Siedewasserreaktor in Betrieb genommen. So ging im Dezember 1971 das AKW Würgassen in Betrieb (stillgelegt 1994), im Juni 1976 bei Hamburg das AKW Brunsbüttel, im Dezember 1977 in Bayern das AKW Isar I, im Mai 1979 in Baden-Württemberg Block I des AKW Philippsburg, September 1983 ebenfalls bei Hamburg das AKW Krümmel, im März 1984 Block B und im November 1984 Block C des AKW Gundremmingen ans Netz.
Erst kürzlich hatte das TV-Nachrichtenmagazin 'Kontraste' den österreichischen Werkstoffphysiker Professor Wolfgang Kromp interviewt. (Siehe auch unseren Artikel v. 30. Juli) Nach den Berechnungen Kromps ist der Reaktordruckbehälter in den alten deutschen Siedewasser-AKW zu schwach ausgelegt. Neueste Studien der Technischen Universität in Berlin bestätigen diesen Befund. Die Belastungswerte einer zentralen Schweißnaht sind alarmierend. Zum Weiterbetrieb dieser extrem gefährlichen Reaktoren erklärte Kromp: "Das ist gerade für diese alterungsgefährdete Baureihe völlig unzulässig. Die sollten besser heute als morgen außer Betrieb genommen werden."
Bayerns "Umwelt"-Minister Markus Söder hat in den vergangenen Wochen immer wieder erklärt, daß Isar I alle gesetzlichen Sicherheitsanforderungen erfülle. Auch der TÜV kommt in der veröffentlichten Zusammenfassung seines Gutachtens zum Ergebnis: "Insgesamt befindet sich die Anlage [des AKW Isar I, die Red.] auf einem modernisierten und weiterentwickelten sicherheitstechnischem Stand." Allerdings sei dies nur durch "zum Teil sehr umfangreiche Nachrüstungs- bzw. Optimierungsmaßnahmen" möglich geworden. Zudem heißt es, daß in Isar 1 eine Vielzahl von Maßnahmen durchgeführt würden, "um die verschiedensten Alterungsphänomene kontinuierlich zu überwachen und deren Auswirkungen zu beherrschen."
Aus dem Gutachten geht jedoch hervor, daß auch Rißbildungen entdeckt wurden, die zu jenen "Alterungsphänomenen" zählen. So hat es den Prüfern zufolge etwa durch Korrosion Spannungsrisse gegeben. Die Auswirkungen "in begrenztem Umfang an verschiedenen Komponenten" führten in den vergangenen vier Jahren zu drei meldepflichtigen Ereignissen. Inzwischen hat sich sogar die CSU im nahen Landshut gegen den Weiterbetrieb des Siedewasserreaktors ausgesprochen. Doch CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer mimte vor wenigen Tagen den in Bayern beliebten Komiker Karl Valentin und meinte: "Wenn das Kraftwerk nicht sicher wäre, müßten wir es ja sofort abschalten."
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Anmerkungen
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