London (LiZ). Es ist das erste Mal, daß eine Naturschutz-Organisation bei der OECD angeklagt wird. Die Menschenrechts-Organisation 'Survival International' wirft dem WWF vor, in gewalttätige Mißhandlungen und Landraub gegen das Pygmäen-Volk der Baka verwickelt zu sein.
Eine Anklage bei der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) richtet sich üblicher Weise gegen multinationale Unternehmen. Doch auch beim WWF (World Wide Fund for Nature) handelt es sich um so etwas wie einen multinationalen Konzern. So verfügt der WWF nach eigener Aussage über ein Jahres-Budget von über 650 Millionen Euro (Stand: 2014). Schon vor fünf Jahren war der WWF wegen bedenklicher Praktiken scharf kritisiert worden (Siehe unseren Artikel v. 23.06.11).
'Survival International' legt Beweise vor, wonach Anti-Wilderei-Einheiten in Kamerun für gewalttätige Mißhandlungen und Landraub gegen das Pygmäen-Volk der Baka verantwortlich sind. Und diese Anti-Wilderei-Einheiten würden vom WWF mitfinanziert und ausrüstet.
Viele Gemeinden des Pygmäen-Volks der Baka wurden von solchen Anti-Wilderei-Einheiten aus dem Urwald vertrieben und leben nun nicht selten am Straßenrand, wo sie verstärkt Malaria und anderen Krankheiten ausgesetzt sind. 'Survival International' wirft dem WWF vor, sich vor Beginn der im Grunde zu begrüßenden Naturschutz-Aktivitäten in Kamerun nicht kundig gemacht zu haben. Insbesondere habe es der WWF verabsäumt, mögliche Auswirkungen auf das Volk der Baka in seinen Planungen zu berücksichtigen. So habe der WWF zu schweren Menschenrechts-Verletzungen beigetragen und gegen die Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der Indigenen Völker verstoßen.
Der WWF unterstütze zum einen abgesperrte Naturschutz-Gebiete auf dem Land der Baka, zu denen diese keine Zugangsrechte haben. Zum anderen werde nichts unternommen, um ein differenziertes Vorgehen der Anti-Wilderei-Einheiten zu gewährleisten. Ziel müsse es sein - so 'Survival International' - , daß die Anti-Wilderei-Einheiten zu unterscheiden lernen, zwischen bezahlten Wilderern und Indigenen, die lediglich zur Selbstversorgung Jagd betreiben. Stattdessen müsse festgestellt werden, daß Anti-Wilderei-Einheiten schon seit einem Jahrzehnt Baka-Männer und -Frauen sowie andere indigene Völker des Regenwalds auf brutale Art und Weise mißhandeln.
Die Baka haben 'Survival International' gegenüber wiederholt über die Aktivitäten der Anti-Wilderei-Einheiten in der Region berichtet. 2015 sagte ein Baka-Mann: "Als sie zu mir nach Hause kamen, um mich zu schlagen, haben meine Frau und ich geschlafen. Sie schlugen mich mit Macheten. Sie schlugen meine Frau mit Macheten."
"Sie lassen die Elefanten im Wald aussterben und gleichzeitig hindern sie uns am Essen," sagte ein anderer Baka-Mann. Heute geht die Zerstörung des Landes der Baka durch Waldrodung, Bergbau und illegalen Wildtierhandel weiter. Die Indigenen, denen bereits im Namen des Naturschutzes der Zugang zu großen Teilen ihres angestammten Landes verweigert wird, sind besorgt, daß ihre Heimat so gänzlich zerstört wird.
Nach Ansicht von 'Survival International' hat der WWF sowohl gegen die OECD-Menschenrechts-Leitsätze als auch gegen seine eigenen Grundsätze zu indigenen Völkern verstoßen. Deshalb habe die Rechtsabteilung von 'Survival International' eine formelle Beschwerde eingereicht.
'Survival International' ruft zu einem neuen Ansatz im Naturschutz auf, der die Rechte indigener Völker respektiert: "Indigene Völker verwalten seit Jahrtausenden ihre Umwelt und sind davon abhängig. Trotzdem zerstören große Naturschutz-Organisationen gemeinsam mit Industrie und Tourismus die besten Umweltschützer und Wächter der Natur – indigene Völker. Sie sind die stärksten Verbündeten ihrer Umwelt und sollten im Zentrum jeder Umweltschutzpolitik stehen," so Stephen Corry, Direktor von 'Survival International'. Der WWF wisse, daß die Männer, die von WWF-UnterstützerInnen zum Schutz der Natur finanziert werden, die Baka immer wieder mißhandeln und sogar foltern. Das Land der Baka sei gestohlen worden, um daraus Schutz-Zonen zu machen. Dennoch mache der WWF weiter wie bisher.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Pygmäen-Kinder mit Klebstoff
und Alkohol "bezahlt" (23.01.16)
Anklage gegen WWF:
Mißhandlungen im Namen des Naturschutzes (6.10.14)
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