Weltklima-Konferenz wieder erfolgreich
beim Vertagen wirksamer Schutz-Maßnahmen
Warschau (LiZ). Die Delegationen etlicher Umwelt-Organisationen verließen bereits am gestrigen Donnerstag die Konferenz unter Protest. Merkwürdig ist allenfalls, daß sie auch zu dieser 19. Weltklima-Konferenz hunderte von MitarbeiterInnen entsandt hatten, obwohl die vorangegangenen 18 ebenso "erfolgreich" waren.
Seit Beginn der Weltklima-Konferenzen sind die weltweiten Klimagas-Emissionen um über 50 Prozent gestiegen. Global sind es gerade mal 90 Konzerne, die für zwei Drittel der Emissionen verantwortlich sind.
Im Jahr 2007 schrieb der leider zu früh am 14. Oktober 2010 verstorbene Eurosolar-Präsident Hermann Scheer:
"Bereits der 1987 veröffentlichte Bericht »Our common future« einer UN-Kommission enthielt eine deutliche Warnung vor den drohenden menschengemachten Klimaveränderungen auf diesem Planeten. 1990 fand eine gleichnamige UN-Konferenz im norwegischen Bergen statt. Resultat: Das Jahr 1990 wurde als Referenzjahr festgelegt, von dem ab »Verpflichtungen« zur Reduzierung von Klimagasen gerechnet werden sollten. Ein Beschluß über Maßnahmen, zu denen sich die teilnehmenden Staaten verpflichten könnten, wurde verschoben.
1992 fand die vielzitierte Konferenz in Rio statt. Es wurde eine »Rahmenkonvention« verabschiedet - wiederum ohne konkrete Verpflichtungen.
1993 wurde William »Bill« Clinton US-Präsident und zusammen mit seinem Vize Al Gore deklarierte er die Initiative für ein Weltklimaabkommen mit dem Ziel, bis 2010 eine weltweite Minderung der Treibhausgase um 50 Prozent zu erreichen.
Ab 1995 startete - in Berlin - die Serie der Weltklimakonferenzen. Von Beginn an aber trat die US-amerikanische Delegation als Bremser auf. Der als klimapolitischer Hoffnungsträger gehandelte Al Gore erschien schon gar nicht mehr zur Konferenz, um nicht in Verlegenheit zu kommen, dafür gerade stehen zu müssen.
Das Klimaprotokoll, das seine Bezeichnung einer dieser Konferenzen in Kyoto (1997) verdankt, war in seinen Grundelementen im Jahr 2001 fertig. Mittlerweile war Bush jr. US-Präsident geworden. Aber schon zuvor war klar, daß die USA das Abkommen nicht mittragen würden, obwohl es in seinen Verpflichtungen weit hinter den von ihnen selbst einst vertretenen Zielsetzungen zurückblieb - im Schnitt sechs Prozent Emissionsminderung bis 2012. Und das allein für Industriestaaten, obwohl zu diesem Zeitpunkt das von der UN eingesetzte 'Intergovernmental Panel on Climate Change' eine mindestens weltweite Minderung von 60 Prozent bis 2050 als erforderlich betrachtet hatte.
Das Kyoto-Protokoll selbst trat erst im Februar 2005 in Kraft, weil erst durch den Beitritt Rußlands das vereinbarte Staatenquorum erreicht war. Zu diesem Zeitpunkt waren die weltweiten Klimagas-Emissionen seit 1990 um etwa 40 Prozent gestiegen - schneller als je zuvor, und das trotz des zwischenzeitlichen Zusammenbruchs der russischen Wirtschaft."
(Hermann Scheer in 'Publik Forum', 14/07, 27. Juli 2007)
Wie kaum anders zu erwarten war auch die dreizehnte Weltklima-Konferenz im Dezember 2007 auf Bali nicht mehr als eine Show. Kaum nötig zu erwähnen, daß selbst ein (ohne konkrete Vorgaben unverbindliches) Ziel wie die im Entwurf zur Abschluß-Deklaration enthaltene Formulierung, bis 2050 eine Reduktion der Treibhausgase um mindestens die Hälfte zu erreichen, gestrichen wurde. Kaum nötig zu erwähnen, daß in der Deklaration auch auf die Ergebnisse des Weltklimarates IPCC über die Ursachen und Folgen des Klimawandels nur noch in zwei Zeilen hingewiesen wurde. Und ebenfalls kaum nötig zu erwähnen, daß von erneuerbaren Energien im gesamten Dokument nirgends die Rede war. Jedes Mal ist von etlichen großen Umwelt-Organisationen hinterher von "großer Enttäuschung" die Rede.
Nicht anders war es bei der 14. Weltklima-Konferenz in Posen im Dezember 2008, bei der 15. in Kopenhagen im Dezember 2009, bei der 16. in Cancún 2010, bei der 17. in Durban 2011 und bei der 18. in Doha 2012 (Siehe unseren Artikel v. 4.12.12).
Die Mainstream-Medien überschlagen sich nun wieder darin, die ergebnislose 19. Konferenz in Warschau zu dramatisieren. So ist etwa bei 'spiegel online' zu lesen: "Was für ein Schlussakt: Bei der Uno-Klimakonferenz in Warschau konnten sich die Staaten doch noch zusammenraufen - einen vollen Tag später als geplant und nach einem dramatischen Finale." Verräterisch ist allerdings ein Satz, der mit "Sicher ist nur..." beginnt und mit "... stärker in die Verantwortung genommen werden dürften" endet. In einem Kommentar im Forum von 'spiegel-online' heißt es denn auch: "Und? Wenn man so groß einen Erfolg betont, dann kann man ja auch schreiben, was das nun KONKRET bedeutet? Welche ZIELE haben sich die Länder gesetzt? Und wie sehen die STRAFEN aus, wenn diese nicht erreicht werden? Ach? Es gibt NICHTS zu melden. Dann fände ich es richtig, das aus so zu schreiben."
Und auch die 'taz' orientiert darauf, das Hamsterrad nicht zu verlassen: "Bals ist exzellent vernetzt, seit ewig dabei und einer der besten Kenner der Verhandlungen. Er sieht ein Ergebnis von Warschau »substanziell gegen null« gehen. Und findet die Konferenzen trotzdem sehr sinnvoll. Denn der Prozess soll weitergehen..."
Es ist allerhöchste Zeit, daß sich die Erkenntnis um die Folgenlosigkeit sämtlicher bisherigen Weltklima-Konferenzen verbreitet. Ihre einzige Wirkung bestand darin, den Regierungen als Feigenblatt für nationale Untätigkeit zu dienen - nach dem Motto "global reden - national aufschieben" wie es Hermann Scheer, Präsident von Eurosolar und Träger des Alternativen Nobelpreises, ausdrückte.
Martin Kaiser, Leiter der Greenpeace-Delegation in Warschau, resümiert: "Diese Konferenz war ein einziger Betrug." Eine Konsequenz aus dieser Erkenntnis ist jedoch nicht erkennbar. Greenpeace will offenbar auch in Zukunft beim Konferenzen-Zirkus mitspielen.
Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kommt nun immerhin zu der Erkenntnis: "Solange wie beim Klimagipfel in Warschau der Einfluß der Industrie zu groß und die Mitbestimmung der Zivilgesellschaft zu gering sind, bleibt ein Durchbruch beim globalen Klimaschutz unwahrscheinlich." Dennoch zieht er auch er daraus keine Konsequenz und orientiert auf die Weltklima-Konferenz 2015 in Paris: "Ob dort 2015 tatsächlich ein wirksames globales Klimaschutzabkommen beschlossen werden kann, bleibt weiter ungewiß."
Diese Haltung mag zwar einem sportlichen "Dabeisein ist alles!" entsprechen - sie blendet jedoch aus, daß sich an der jährlichen Show der Weltklima-Konferenzen nichts ändern wird, solange die wirtschaftliche Basis der Staaten, die wirksame Schutz-Maßnahmen verhindern können, am Profitprinzip orientiert bleibt. Und solange in Staaten wie den USA, China und Deutschland kein demokratisches Wirtschaftssystem durchgesetzt wird, kann eine winzige Minderheit auch in Zukunft verhindern, daß auf einer Weltklima-Konferenz der "Durchbruch beim globalen Klimaschutz" gelingt. Solange diese winzige Minderheit die Wirtschaft kontrolliert und infolge dessen auch die Politik bestimmt, führt sie die gesamte Menschheit in den Untergang.
Vorrangige Aufgabe von Organisationen wie dem BUND wäre daher - statt Energie und Zeit als unbezahlte StatistInnen bei Gipfel-Shows zu verschwenden - den Hebel dort anzusetzen, wo etwas bewirkt werden kann. Nicht erst seit der aktuell erkennbaren energiepolitischen Ausrichtung der "schwarz-roten" Koalitionsvereinbarungen - die ebenso auch bei jeder anderen möglichen Koalition zu erwarten war - steht die Realisierung einer Energie-Wende in Deutschland auf des Messers Schneide. Die Energie-Wende in Deutschland durchzusetzen, bedeutet in der Konsequenz allerdings nichts anderes als die Zerschlagung der "Großen Vier". Und wenn dies in Deutschland jemand verstanden hat, dann die Führungsriege in den Vorstandsetagen von RWE, E.on, Vattenfall und EnBW.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Klima: WMO gibt neuen Höchststand
bei CO2 bekannt (6.11.13)
Zerstörung des Planeten wird teuer
17 Milliarden Euro in neun Monaten (22.10.13)
IPCC legt neuen Klimabericht vor
Der Meeresspiegel steigt schneller (27.09.13)
Grönland: Eisverlust dreimal so hoch
wie im Durchschnitt der vergangenen Jahre (18.09.13)
Klimakatastrophe
Wenn der Meeresspiegel um 66 Meter steigt (27.08.13)
Klima
Neuer Höchststand bei CO2 (11.05.13)
Die Klimaheuchler
Kretschmann gehört zur Spitze (10.04.13)
Jährlich 3.100 Tote
durch deutsche Kohlekraftwerke (3.04.13)
Braunkohle-Protest in Brandenburg
Sternmarsch gegen "rot-rote" Energiepolitik (6.01.13)
Schneefall verstärkt Eisschmelze
in der Antarktis (15.12.12)
Worte und Taten
Deutsche Bischöfe auf der Fahrt in die Klimahölle (5.12.12)
Klima-Gipfel in Doha scheitert nicht
Zweck erfüllt (4.12.12)
Klima
Eisschmelze läßt Meeresspiegel ansteigen (30.11.12)
Sumpfwiesen-Perlmuttfalter
ist Schmetterling des Jahres 2013 (22.11.12)
Erfolg für Klimarettung
Kohlekraftwerks-Projekt Staudinger gestoppt (13.11.12)
Bundesregierung bremst
Energie-Effizienz bei Neubauten (14.09.12)
Klima
Schlimmste Eisschmelze der Arktis seit über 30 Jahren
(28.08.12)
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Schlimmste Eisschmelze seit 1450 Jahren (24.11.11)
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wegen Gletscherverlust (22.05.10)
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aus dem Boden des Nordpolarmeeres (5.03.10)
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Obama produziert nur heiße Luft (12.06.09)
Klima:
Unverminderter Gletscherschwund in den Alpen
(10.04.09)
Neue Klimastudie: Beschleunigtes Tempo
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Klima: Erneut Extremsituation in der Arktis
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(18.09.08)
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(7.09.08)
WWF: Eis der Arktis schmilzt schneller als erwartet
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Klimaforscher James Hansen: Erde an kritischem Punkt
(6.04.08)
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Beschleunigtes Schmelzen der Gletscher (15.03.08)
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bedroht Königspinguine (26.02.08)
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(14.01.08)
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Neue wissenschaftliche Erkenntnisse (17.05.05)
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bereits an Erwärmung der Ozeane (26.02.05)
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Deutschland schlechtes Mittelfeld
9. UN-Klimakonferenz in Mailand (7.12.03)