22.11.2010

Stuttgart 21
MONITOR bestätigt Verdacht gegen Mappus
Direktive kam von oben

historischer Stuttgarter Hauptbahnhof Stuttgart (LiZ). Das ARD-Magazin MONITOR bestätigt den Verdacht, daß von Seiten der Polizei bei der Demonstration gegen "Stuttgart 21" am 30. September eine Strategie der Gewalteskalation betrieben wurde und daß der baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus dies angeordnet hatte. Das Magazin stützt sich dabei auf die Aussage eines Whistleblowers aus den Reihen der Polizei.

Bei einer Demonstration gegen das Mega-Projekt "Stuttgart 21" war es am 30. September zu einem brutalen Polizeieinsatz mit Schlagstöcken und Wasserwerfern gekommen, bei dem es zahlreiche Verletzte gab. Ein Rentner verlor dabei auf mindestens einem Auge die Sehfähigkeit. Die baden-württembergische Landesregierung hatte unmittelbar nach den Vorkommnissen behauptet, die DemonstrantInnen hätten mit den Gewalttätigkeiten begonnen und Pflastersteine geworfen.

Der Vorwurf, daß Pflastersteine geworfen worden seien, wurde zwar alsbald fallen gelassen, dennoch aber versuchte die Polizeiführung unter dem Stuttgarter Polizeipräsidenten Siegfried Stumpf zu beweisen, daß die Gewalt von den DemonstrantInnen ausgegangen sei. So konterte die Polizei die zahlreichen im Internet veröffentlichten Video-Aufnahmen von Seiten der "Stuttgart-21"-GegnerInnen mit der Veröffentlichung eines Polizei-Videos. Auf dieser Aufnahme, so behauptete sie, sei zu sehen, wie ein Mann mit Pfeffer-Spray einen Polizisten traktiere und damit als erster Gewalt ausgeübt habe. Des weiteren zeigte die Polizei ein Video, das den Wurf eines nicht identifizierbaren Gegenstandes gegen einen Wasserwerfer dokumentiere. Die eingeblendete Zeit-Anzeige dieser Video-Aufnahme hatte die Polizei allerdings bei dessen Veröffentlichung auf ihrer Internet-Seite geschwärzt.

Bei einer Pressekonferenz am 5. Oktober, bei der diese Video-Aufnahmen gezeigt worden war, war diese Schwärzung noch nicht erfolgt. Hier, so stellte MONITOR fest, war die eingeblendete Zeit-Angabe einmal von 14 Uhr und einmal von 15 Uhr 50 erkennbar. Dies ist für die Bewertung der Video-Aufnahme entscheidend, denn sie sollte belegen, daß die Gewalt von Seiten der DemonstrantInnen ausgegangen sei. Das gewaltsame Vorgehen der Polizei hatte jedoch bereits um 12 Uhr 48 begonnnen - also deutlich vor den Ereignissen, die die Polizei später zu ihrer Rechtfertigung vorweisen wollte.

Auf die Frage, warum man die am 30. September laut Polizei-Angaben beabsichtigte Absperrung der Flächen nicht frühmorgens - wie bei solchen Maßnahmen zuvor üblich - begonnen wurde, wo keine SchülerInnen-Demonstration angemeldet war, meinte Polizeipräsident Siegfried Stumpf auf der Pressekonferenz, zu dieser Zeit hätte man den Berufsverkehr gestört. MONITOR filmte darauf hin die Straße um 6 Uhr morgens und stellte fest, daß um diese Zeit kaum ein Auto dort fährt.

Stumpfs ehemaliger enger Mitarbeiter Günther Rathgeb, ein leitender Polizeidirektor im Ruhestand, äußert in dem MONITOR-Bericht die Überzeugung, daß das Vorgehen am 30. September der 35 Jahre lang entwickelten und gepflegten "Stuttgarter Linie" derart widerspricht, daß er es sich nur mit massivem Druck auf den Polizeipräsidenten erklären kann - selbst wenn dieser öffentlich das Gegenteil versichert. Auch der ehemalige Leiter der baden-württembergischen Polizeihochschule, Thomas Feltes, beurteilt den Einsatz gegenüber MONITOR als "von Anfang an auf Konfrontation und Gewalt" angelegt, weshalb er eine politische Vorgabe für die einzig plausible Ursache hält.

Als weiteren Beleg für eine direkte Einflußnahme von Ministerpräsident Mappus auf die Stuttgarter Polizeiführung präsentierte MONITOR die schriftliche Stellungnahme eines Whistleblowers, der sich darin als Angehöriger des Führungs- und Einsatzstabes der Polizei bezeichnet. Dieses vor dem 30. September abgefaßte schreiben warnt vor einem unmittelbar bevorstehenden Strategie-Wechsel der Polizei bei den Demonstrationen gegen "Stuttgart 21". Die Polizei, so das Schreiben, habe die Vorgabe zu "dokumentieren, daß die Teilnehmer gewaltbereit sind", und zu "verhindern, daß weiterhin eine große Anzahl von Menschen teilnimmt". Außerdem wolle sich Ministerpräsident Mappus damit als "Law-and-Order-Mann" für die Landtagswahl positionieren. Experten bestätigten gegenüber MONITOR, daß der anonyme Autor des Schreibens über seine Behauptungen zur Strategie hinaus über "Insider-Wissen" verfügte und dies dafür spricht, daß er tatsächlich dem Führungs- und Einsatzstab der Polizei zuzuordnen ist.

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      stern: Erneut Millionenschwindel bei Stuttgart 21
      "Schlichtung ist Verdummung" (17.11.10)

      Stuttgart 21: Lug und Trug
      Landesbeteiligung verfassungswidrig
      "Käfer und Kammmolche" (16.11.10)

      Stuttgart 21 - Neue Bäume
      im gerodeten Teil des Schloßgartens (31.10.10)

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      Stuttgart 21
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      Forsa-Umfrage: Absolute Mehrheit gegen Stuttgart 21
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      Hilft nur noch Bauplatzbesetzung? (25.08.10)

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      "Stoppt Stuttgart 21" (21.08.10)

      Millionen-Schmiergeld für Stuttgart 21?
      'spiegel' berichtet über heimlichen Deal (16.08.10)

      21.000 bei Menschenkette
      gegen Stuttgart 21 (14.08.10)

      Studie des Umweltbundesamtes
      Stuttgart 21 provoziert Nadelöhr (12.08.10)

      Immer mehr Menschen protestieren
      16.000 gegen Stuttgart 21 (7.08.10)

      Wachsender Protest gegen "Stuttgart 21"
      Tausende legen Verkehr lahm (2.08.10)

      Protestival der Parkschützer
      Zehntausende gegen "Stuttgart 21" (10.07.10)

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      zu "Stuttgart 21" / Steilvorlage für GegnerInnen
      (8.07.10)

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