3 Prozent Naturwald in Deutschland
BUND: "Armutszeugnis"
Berlin (LiZ). In die Empörung über die Regenwald-Vernichtung in Südamerika und in Zentralafrika stimmen vermutlich über 90 Prozent der Deutschen ein - doch nur Wenige kennen den schlechten Zustand der deutschen Wälder. Die aktuell vorgelegte Bilanz über Naturwälder in Deutschland ist laut BUND ein "Armutszeugnis" für die Bundesregierung. Trotz vollmundiger Versprechen liegt der Anteil der Naturwälder immer noch bei unter drei Prozent.
Im Jahr 2007 hatte die damalige "schwarz-rote" Bundesregierung großartig in einer "nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt" angekündigt, Naturwald solle bis 2020 fünf Prozent des deutschen Waldbestands ausmachen. Sechs Jahre später, im Jahr 2013, standen real lediglich 1,9 Prozent der deutschen Waldfläche unter Naturschutz. Das entspricht einer Fläche von rund 2.100 Quadratkilometern - etwas weniger als die Fläche des Saarlands (Siehe unseren Artikel v. 15.10.13). Aus einer offiziellen Bilanz geht hervor, daß im vergangenen Jahr, 2018, nicht einmal 3 Prozent erreicht wurden.
Ein effektiver Schutz von Naturwäldern besteht in Deutschland nach wie vor nicht. Dies belegt das Beispiel des Hambacher Forstes, der im vergangenen Herbst bundesweite Bekanntheit erlangte. Was jedoch nur wenige wissen: Das Stückchen Wald, das jetzt durch ein Gerichtsurteil vorläufig vor dem Abholzen geschützt ist und in den Mainstream-Medien als "Hambacher Forst" bezeichnet wurde, ist nur noch der 5-Prozent-Rest des einstmals 4.100 Hektar umfassenden Hambacher Forsts. Noch im Mai 2016 stimmten Pseudo-Grüne und "S"PD, die in NRW die Landesregierung stellten, im Dienste des Braunkohle-Konzerns RWE der vollständigen Zerstörung des Hambacher Forsts zu (Siehe unseren Artikel v. 6.10.18).
Und nach wie vor belegen die Jahr für Jahr veröffentlichten sogenannten Waldzustandsberichte, daß es den deutschen Wäldern mittlerweile noch schlechter geht als Mitte der 1980er-Jahre, in denen die Mainstream-Medien die üblen Zustände mit dem Schlagwort vom "Waldsterben" dramatisierten. Wenig bekannt ist in der deutschen Öffentlichkeit zudem, daß Europa international keineswegs als vorbildlich gelten kann: Tag für Tag gehen europäische Urwälder mit einer Fläche von 70 Fußallfeldern verloren (Siehe unseren Artikel v. 14.10.17).
Nicola Uhde, Wald-Expertin der Umweltschutz-Organisation BUND, erklärte heute: "Die neue Bilanz zum Anteil der Naturwälder in Deutschland ist ein Armutszeugnis. Nach über zehn Jahren schafft es die Bundesregierung nicht, Wälder im notwendigen Umfang dauerhaft ihrer natürlichen Entwicklung zu überlassen." Auch sie erinnert an das Versprechen von 2007.
Hauptverursacher des schlechten Waldzustandes in Deutschland ist die industrielle Landwirtschaft mit ihrem Ausstoß von Stickstoff-Verbindungen. Unter Fachleuten gelten seit vielen Jahren die Stickstoff-Verbindungen als die größte Schadstoffbelastung im gesamten Chemikalien-Cocktail, dem die Wälder über Luft und Niederschläge ausgesetzt sind.
Über 97 Prozent der deutschen Wälder dienen in erster Linie als Rohstofflieferant. Dies trägt wesentlich zur fortschreitenden Artenvernichtung und dem drastischen Rückgang der Insekten in Deutschland bei. Viele Tier-, Pflanzen- und Pilzarten, die auf die Alters- und Zerfallsphasen der Bäume und eine natürliche Dynamik im Wald angewiesen sind, kommen infolge der staatlichen Versäumnisse unter die Räder. "Weißrückenspecht, Eremit oder Igel-Stachelbart haben nur dann eine Chance, wenn sich die Wälder auf großer Fläche wieder frei entwickeln können und echte Waldwildnis entstehen darf," so Nicola Uhde. Der BUND fordert daher die Bundesregierung gemeinsam mit anderen Naturschutzverbänden auf, ein Programm zur Förderung der Sicherung von Naturwäldern auf den Weg bringen, in das Bund, Länder und Kommunen einbezogen werden.
Der BUND weist darauf hin, daß Deutschland in Bälde die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen und damit die Verhandlungen über das globale Ziel zum Schutz von Arten und Lebensräumen nach 2020 für die EU leiten wird. Die schlechte deutsche Bilanz bei den Naturwäldern kommt laut BUND einem "Offenbarungseid" gleich. Die deutsche Bundesregierung könne sich im globalen Kontext nur dann glaubwürdig für den Erhalt von Mangroven, Regenwäldern oder Trockensavannen einsetzen, wenn sie "auch im eigenen Land Naturwäldern eine Chance gibt."
Anmerkungen
Siehe auch:
50.000 Menschen bei Demo am Hambacher Forst
Der Beitrag der Pseudo-Grünen (6.10.18)
Waldzerstörung in Polen gestoppt
EUGH erläßt Verfügung (21.11.17)
70 Fußballfelder Urwald pro Tag
Die Umwelt-Katastrophe in Europa (14.10.17)
Wald-AIDS in Ba-Wü
Weiter zwischen Leben und Tod (10.12.15)
Wald-AIDS 2014
Zustand zwischen Leben und Tod (11.02.15)
Wald-AIDS in Baden-Württemberg
Buchen besonders stark geschädigt (4.12.14)
Buschbeller Wald bei Köln bedroht
Unsinniger Sandabbau (21.07.14)
Wald-AIDS 2013
Zustand schlechter - nicht besser (10.03.14)
Nationalpark im Schwarzwald kommt
Kleiner Fortschritt in Baden-Württemberg (28.11.13)
Wald zu 98 Prozent Rohstofflieferant
Nur 2 Prozent Naturwald dienen als Alibi (15.10.13)
Dem deutschen Wald geht es
schlechter als in den 1980er-Jahren (4.02.13)
Wald-AIDS greift um sich
Zustand der Buchen auf historischem Tiefpunkt (2.03.12)
Merkel degradiert Wald zum Rohstofflieferanten
Wald-AIDS in den Medien nahezu vergessen (21.09.11)
Giftige Grünalgen an der bretonischen Küste
Sarkozy: "Industrielle Landwirtschaft unschuldig"
(29.07.11)
Keine Entwarnung bei Wald-AIDS
Zustand kaum verändert (1.02.11)
Wald-AIDS in Baden-Württemberg
Schäden innerhalb der Schwankungsbreite
Zustand der Eichen nach wie vor "alarmierend" (27.11.10)
Appell gegen Massentierhaltung
Für eine Agrar-Wende (23.11.10)
Bayerischer Forstminister
und wenig Promille (18.08.10)
Globale Waldvernichtung:
13 Millionen Hektar pro Jahr (26.03.10)
Wald-AIDS weiter virulent
Aigner veröffentlicht "Waldzustandsbericht 2009"
(22.01.10)
Wald-AIDS in Baden-Württemberg:
Oettinger legt desaströsen "Waldzustandsbericht" vor
Haupt-Verursacher Massentierhaltung weiter verleugnet
(1.12.09)
Baden-Württemberg: Wald liefert 37 Prozent
weniger Gewinn
Wald-AIDS, Nachwirkungen von Sturm Lothar
und Klimawandel spürbar (21.08.09)
Trotz Wald-AIDS:
Deutsche Forstwirtschaft nicht nachhaltig (21.07.09)
"Waldzustandsbericht" 2008 veröffentlicht
Wald-AIDS verschlimmert sich schleichend (21.02.09)
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Sterberate in 20 Jahren verdoppelt (24.01.09)
Wald-AIDS:
Elende Zustände in Baden-Württemberg (18.11.08)
Wald-AIDS wird beschwiegen
Mainstream-Medien leugnen weiterin Hauptverursacher
(19.03.08)
Wald-AIDS im Jahr 2007
und das Elend der Politik (30.01.08)
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Nur drei Jahre seit 1983 waren schlimmer... (24.11.07)
Wald-AIDS im Jahr 2006
Haupverursacher Landwirtschaft (25.01.07)
Seehofer will die jährlichen
"Waldschadensberichte" canceln (14.07.06)
Wald-AIDS im Jahr 2005
Der Waldzustandsbericht und die Ursachen (22.01.06)
Der Wald hat AIDS
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Wald-AIDS so schlimm wie nie zuvor (8.12.04)
Wald-AIDS - Zustand schlimmer als 1983 (19.10.04)
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"Holz-Charta" offenbart Mißachtung der Wälder (3.09.04)
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